Tz. 28
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Vorläufige Steuerfestsetzungen können aufgehoben oder geändert werden, soweit die Vorläufigkeit reicht. Die Aufhebung oder Änderung nach § 165 Abs. 2 Satz 1 AO ist in das pflichtgemäße Ermessen der Finanzbehörde gestellt. Das Gesetz sieht für die Aufhebung und Änderung keine weiteren Voraussetzungen, insbes. nicht vor, dass die Ungewissheit beseitigt ist (BFH v. 20.07.2004, XI B 189/03, BFH/NV 2005, 206 m. w. N.; BFH v. 14.05.2014, X R 7/12, BStBl II 2015, 12). Die Änderung darf nur bezüglich des Grundes und des Umfangs geändert werden, derentwegen der Steuerbescheid vorläufig ergangen ist (s. Rz. 26 und 27). Damit wird der Finanzbehörde die Möglichkeit gegeben, auch vor der Beseitigung der Ungewissheit eine bessere Erkenntnis über die wahrscheinliche Sachverhaltsgestaltung zu berücksichtigen oder, wenn mit einem Wegfall der Ungewissheit nicht mehr zu rechnen ist, zu einer endgültigen Regelung entsprechend der wahrscheinlichsten Sachverhaltsgestaltung zu gelangen (BFH v. 25.04.1985, IV R 64/83, BStBl II 1985, 648). Sie erfolgt in der Regel unter Weiterbestehen der Vorläufigkeit, soweit die Ungewissheit fortdauert. Die Finanzbehörde kann den Steuerbescheid im Übrigen wegen einer geänderten steuerrechtlichen Beurteilung nicht ändern (BFH v. 25.04.1985, IV R 64/83, BStBl II 1985, 648; BFH v. 22.12.1987, IV B 174/86, BStBl II 1988, 234). Sie darf aber im Rahmen der vorbehaltenen Aufklärung von vorrangigen tatsächlichen Ungewissheiten auch erstmalig die Prüfung aller nachrangigen und von der Beantwortung der Vorrangfrage abhängigen Folgerungen vornehmen, die sie im Hinblick auf die Ungewissheit zunächst aufgeschoben hat (s. Rz. 15), oder sogar eine vorherige rechtliche Beurteilung ändern (BFH v. 11.12.1991, III R 59/89, BFH/NV 1992, 464 m. w. N.) und, soweit erforderlich, die Steuerfestsetzung nach § 165 Abs. 2 Satz 1 AO ändern (BFH v. 20.11.2012, IX R 7/11, BStBl II 2013, 359 m. w. N.). Im Rahmen der Änderung nach § 165 Abs. 2 Satz 1 AO kann die Finanzbehörde die bisher vorläufige Steuerfestsetzung auch durch eine endgültige Schätzungsfestsetzung ersetzen, wenn sie zu der Erkenntnis gekommen ist, dass in absehbarer Zeit mit einem Wegfall der Ungewissheit nicht zu rechnen und daher eine Schätzung nach § 162 Abs. 1 Satz 1 AO geboten ist.