Tz. 11
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Der bestimmte Sachverhalt muss in mehreren Bescheiden erfasst sein. Berücksichtigt werden Steuerbescheide und ihnen gleichgestellte Bescheide (s. Rz. 5). Die mehrfache Berücksichtigung (s. Rz. 14) muss durch zwei oder mehr Bescheide geschehen. Nicht in den Anwendungsbereich des § 174 Abs. 1 AO fällt die doppelte Erfassung einer Tatsache in einem Bescheid (BFH v. 08.07.1992, XI R 54/89, BStBl II 1992, 867; a. A. BFH v. 08.06.2000, IV R 65/99, BStBl II 2001, 89, beide zu § 174 Abs. 4 AO; wie hier: Koenig in Koenig, § 174 AO Rz. 10, von Wedelstädt in Gosch, § 174 AO Rz. 22; Loose in Tipke/Kruse, § 174 AO Rz. 7). Umstritten ist dies allerdings für den Anwendungsbereich des § 174 Abs. 4 AO (s. Rz. 64).
Tz. 12
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Zusammengefasste Bescheide i. S. des § 155 Abs. 3 AO sind zwei getrennte Bescheide (z. B. Zusammenveranlagung von Ehegatten, also mehrere Steuerbescheide i. S. der Vorschrift). Eine Mehrfachberücksichtigung ist auch anzunehmen, wenn der im Grundlagenbescheid erfasste Sachverhalt im Folgebescheid nochmals erfasst wird (von Wedelstädt in Gosch, § 174 AO Rz. 24; Koenig in Koenig, § 174 AO Rz. 11; a. A. von Groll in HHSp, § 174 AO Rz. 52).
Tz. 13
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Grundsätzlich muss es sich bei den widerstreitenden Steuerfestsetzungen um inländische handeln. Der BFH erweitert den Anwendungsbereich des § 174 AO aufgrund unionsrechtskonformer Auslegung der Norm auf die Fälle, in denen der widerstreitende Steuerbescheid von einer Behörde eines EU-Mitgliedstaats stammt (BFH v. 09.05.2012, I R 73/10, BStBl II 2013, 566). Im Übrigen erfüllt die Berücksichtigung eines grenzüberschreitenden Sachverhaltes sowohl in einem inländischen als auch in einem ausländischen Steuerbescheid, zumindest dann nicht die Voraussetzungen des § 174 Abs. 1 AO, wenn es sich um Steuerfestsetzungen aus Drittstaaten, also nicht EU- oder EWR-Staaten handelt. Es liegen dann zwar mehrere Steuerbescheide vor, die Beseitigung der doppelten Erfassung ist aber Gegenstand von DBA und nicht der nationalen Regelung des § 174 AO (vgl. von Wedelstädt in Bartone/von Wedelstädt, Rz. 1131; Koenig in Koenig, § 174 AO Rz. 12; von Groll in HHSp, § 174 AO Rz. 51; FG Ddorf v. 28.01.2014, 13 K 3534/12 E, AO, EFG 2014, 705 für Steuerbescheide aus Japan; a. A. Loose in Tipke/Kruse, § 174 AO Rz. 8; Rüsken in Klein, § 173 AO Rz. 15).