Tz. 7
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
"Gewöhnlich" ist gleichbedeutend mit "dauernd" (AEAO zu § 9, Nr. 1). "Dauernd" erfordert keine ununterbrochene Anwesenheit und bedeutet auch nicht "immer". "Dauernd" ist i. S. von "nicht nur vorübergehend" zu verstehen. Eine Person muss sich an einem Ort oder in einem Gebiet unter Umständen aufhalten, die erkennen lassen, dass sie dort nicht nur vorübergehend verweilt. Bei Beginn des Aufenthaltes muss sich ihre Absicht oder Erwartung auf einen längeren Aufenthalt bezogen haben (BFH v. 30.08.1989, I R 215/85, BStBl II 1989, 956 m. w. N.). Jedoch reichen mehrfach aufeinander folgende Entsendungen eines Arbeitnehmers in das Inland bei einer Gesamtaufenthaltsdauer von sechs Monaten aus (BFH v. 19.06.2015, III B 143/14, BFH/NV 2015, 1386). Das Vorhandensein eines festen Mittelpunktes ist keine wesentliche Voraussetzung für die Annahme eines gewöhnlichen Aufenthalts im Inland (BFH v. 07.04.2011, III R 89/08, BFH/NV 2011, 1324). Als gewöhnlicher Aufenthalt i. S. des § 9 gilt auch der sechsmonatige Aufenthalt in Gemeinschaftsunterkünften während eines Asylverfahrens (BFH v. 15.07.2010, III R 77/08, BFH/NV 2010, 2255). Auch ein inländischer Aufenthalt von weniger als sechs Monaten jährlich kann als gewöhnlicher Aufenthalt i. S. des Satzes 1 zu qualifizieren sein, wenn der Aufenthalt auf einen längeren Aufenthalt angelegt war (BFH v. 30.08.1989, I R 215/85, BStBl II 1989, 956 m. w. N.), aber z. B. durch ein unvorhersehbares Ereignis abgebrochen werden musste (FG RP v. 10.05.1975, III 16/75, EFG 1975, 446). Durch eine Abwesenheit im Ausland, die ihrer Natur nach nur vorübergehenden Charakter hat, wird ein gewöhnlicher Aufenthalt im Inland nicht beendet (BFH v. 30.08.1989, I R 215/85, BStBl II 1989, 956 m. w. N.). Eine mehr als einjährige Abwesenheit im Ausland beendet regelmäßig den gewöhnlichen Aufenthalt im Inland; ein Fortbestehen des gewöhnlichen Aufenthalts im Inland kann nur ausnahmsweise angenommen werden (BFH v. 27.04.2005, I R 112/04, BFH/NV 2005, 1756 ff.). Bei Seeleuten spricht bei einem Auslandsaufenthalt von mehr als sechs Monaten eine Vermutung dafür, dass der bisherige inländische gewöhnliche Aufenthalt aufgegeben worden ist (BFH v. 27.07.1962, VI 156/59 U, BStBl III 1962, 429). Der steuerliche Aufenthalt der Ehefrau ist unabhängig von dem des Ehemannes und umgekehrt (BFH v. 14.11.1969, III R 95/68, BStBl II 1970, 153).
Tz. 8
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Sog. Grenzgänger haben im Inland nicht schon deswegen ihren gewöhnlichen Aufenthalt, weil sie sich während der Arbeitszeit im Inland aufhalten (BFH v. 25.01.1989, I R 205/82, BStBl II 1990, 687); dasselbe gilt für einen im Ausland wohnenden Unternehmer mit Betrieb in der Bundesrepublik, der nach Geschäftsschluss regelmäßig an seinen Wohnsitz im Ausland zurückkehrt (BFH v. 06.02.1985, I R 23/82, BStBl II 1985, 331; für beide Fälle: AEAO zu § 9, Nr. 2).