Tz. 19
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Das Verwertungsverbot ist auf solche Ermittlungsergebnisse beschränkt, die das FA unmittelbar durch die fehlerhafte Ermittlungsmaßnahme erlangt hat (Kausalität), nicht auf solche, die es unabhängig davon – gleichzeitig oder im Nachhinein – rechtmäßig gewonnen hat (Söhn in HHSp, § 88 AO Rz. 335).
Tz. 19a
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Das Verwertungsverbot zeitigt grundsätzlich keine Fernwirkung dergestalt, dass weitere für sich rechtmäßige Ermittlungsmaßnahmen, die aufgrund rechtswidrig erlangter und einem Verwertungsverbot unterliegender Erkenntnisse angestellt werden, ebenfalls rechtswidrig sind und ihre Erkenntnisse einem Verwertungsverbot unterliegen (sog. "fruit of the poisonous tree doctrine"). Das BVerfG hat die strafrechtliche Verwertung von Beweisen, die bei einer Wohnungsdurchsuchung aufgrund einer über den BND erlangten "Steuer-CD" aus Liechtenstein oder der Schweiz erlangt wurden, für zulässig angesehen (BVerfG v. 09.11.2010, 2 BvR 2101/09, BFH/NV 2011, 182; dazu auch VerfGH Rheinland-Pfalz v. 24.02.2014, VGH B 26/13, NJW 2014, 1434); für das Besteuerungsverfahren mit deutlich geringerem Rechtseingriff ist dies ebenfalls zu bejahen (so i.E. BFH v. 18.12.2010, V B 78/09, BFH/NV 2011, 622 unter Berufung auf BGH v. 07.03.2006, 1 StR 316/05, BGHSt 51, 1; FG Köln v. 15.12.2010, 14 V 2484/10, EFG 2011, 1215). Eine Fernwirkung wird aber dann bejaht, wenn die Finanzbehörde ihre Erkenntnis durch qualifizierte, grundrechtsrelevante Verfahrensverstöße oder in strafbarer Weise erhalten hat. Bei anderen schwerwiegenden Verfahrensfehlern – z. B. wenn der Betriebsprüfer ohne Belehrung die Ehefrau/die Lebenspartnerin/den Lebenspartner des Stpfl. befragt, dabei Hinweise auf bisher unbekannte Geschäftsvorfälle erhält und diese durch rechtmäßige Auskunftsersuchen verifiziert – wiegt das Interesse an der gesetzmäßigen Besteuerung mehr als das Individualinteresse des Stpfl., sodass diese Verstöße keine Fernwirkung erzeugen (BFH v. 04.10.2006, VIII R 53/04, BStBl II 2007, 227 m. w. N.; Söhn in HHSp, § 88 AO Rz. 334; a. A. Gosch in Gosch, § 196 AO Rz. 131; Hellmann in HHSp, § 393 AO Rz. 127). Ein Fall der Fernwirkung ist die Auswertung von Feststellungen, die nach einem unzulässigen, weil nicht durch § 93 Abs. 7 AO gedeckten Kontenabruf aufgrund von weiteren durch Erkenntnisse aus dem Kontenabruf veranlasste Ermittlungen erlangt wurden, weil hier gegen das Recht auf informelle Selbstbestimmung verstoßen wird (von Wedelstädt, DB 2007, 1828, 1829 m. w. N.).