Tz. 65
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Der Umfang der Ablaufhemmung wird einerseits durch die Prüfungsanordnung (§ 196 AO) bestimmt, maßgeblich aber durch die tatsächlichen (qualifizierten) Prüfungshandlungen (s. Rz. 43). Die Prüfungsanordnung gibt nur den äußeren Rahmen vor, innerhalb dessen die Ablaufhemmung eintreten kann. Beweisschwierigkeiten am Umfang der tatsächlichen Prüfungshandlungen kann der Prüfer vermeiden, indem er die einzelnen Arbeitsschritte in seinen Arbeitsbögen festhält.
Tz. 66
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Festsetzungsfrist bleibt bei Antrag des Stpfl. auf Aufschub der Außenprüfung nach § 171 Abs. 4 Satz 2 AO bis zur Aufnahme der tatsächlichen Prüfung in vollem Umfang gehemmt. Diese Hemmung bleibt nur aufrechterhalten, soweit Prüfungshandlungen auch tatsächlich durchgeführt werden. Ist dies nicht der Fall, entfällt die Ablaufhemmung rückwirkend für den Teil, für den keine Prüfungshandlungen durchgeführt wurden (BFH v. 17.03.2010, IV R 54/07, BFH/NV 2010, 1510). Unter Heranziehung des in § 171 Abs. 8 Satz 2 AO und § 171 Abs. 10 AO enthaltenen Rechtsgedankens fordert der BFH (BFH v. 17.03.2010, IV R 54/07, BStBl II 2011, 7; BFH v. 01.02.2012, I R 18/11, BStBl II 2012, 400), dass auch bei einem Antrag auf befristetes Hinausschieben des Prüfungsbeginns, der für das Verschieben dieses Termins ursächlich ist, die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 Satz 1 2. Alt. AO nur entfällt, wenn die Finanzbehörde nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Eingang des Antrags mit der Prüfung beginnt (kritisch dazu NWB Eilnachricht, Heft 29/2010, S. 2284 f.). Zur Folge bei unbefristetem oder unbestimmtem Antrag des Stpfl. BFH v. 01.02.2012, I R 18/11, BStBl II 2012, 400 sowie AEAO zu § 171, Nr. 3.3.1 Abs. 2.
a) Ablaufhemmung in sachlicher Hinsicht
Tz. 67
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Ablaufhemmung bezieht sich nur auf die Steuern, die in der Prüfungsanordnung angegeben sind und auf die sich die Prüfung auch tatsächlich erstreckt (z. B. BFH v. 17.06.1998, IX R 65/95, BStBl II 1999, 4; AEAO zu § 171, Nr. 3.2 m. w. N.). Die Prüfungsanordnung gibt damit grds. den Rahmen vor, innerhalb dessen die Ablaufhemmung eintreten kann (z. B. BFH v. 20.07.2005, X R 74/01, BFH/NV 2005, 2195; BFH v. 18.05.2017, III R 20/14, BStBl II 2017, 1167). Die Ablaufhemmung bleibt hinter dem Umfang der Prüfungsanordnung zurück, sofern auch die tatsächlichen Prüfungshandlungen hinter der Prüfungsanordnung zurückbleiben. Nicht möglich ist es allerdings, dass die Ablaufhemmung über die Prüfungsanordnung hinausgeht, weil die entsprechenden Handlungen über die Anordnung hinausgegangen sind. Die Prüfungsanordnung ist materiell-rechtliche Voraussetzung der Außenprüfung.
Tz. 68
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Nach der BFH-Rspr. (BFH v. 11.08.1993, II R 34/90, BStBl II 1994, 375) ist es jedoch zulässig, dass eine Prüfungsanordnung zeitlich nach der vorgenommenen Prüfungshandlung ergeht. Erforderlich für eine Ablaufhemmung ist dann aber, dass im Zeitpunkt des Erlasses der erweiterten Prüfungsanordnung die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen war und dass vor dem Ablauf der Festsetzungsfrist mit der erweiterten Prüfung tatsächlich begonnen wurde. Wird die Reihenfolge Prüfungsanordnung – Prüfungshandlung nicht eingehalten, so tritt eine Hemmung der Festsetzungsfrist zumindest dann nicht ein, wenn der zeitlich später ergangenen (innerhalb der Festsetzungsfrist erlassenen!) Prüfungsanordnung keine Prüfungshandlungen nachfolgen (BFH v. 11.08.1993, II R 34/90, BStBl II 1994, 375). Demgegenüber nimmt BFH (BFH v. 24.04.2003, VII R 3/02, BStBl II 2003, 739) eine Ablaufhemmung auch dann an, wenn die tatsächlichen Prüfungshandlungen über die Prüfungsanordnung hinausgehen und lediglich die Prüfungsanordnung vor Ablauf der regulären Festsetzungsfrist ergänzt wird, ohne dass sich daran erneute Prüfungshandlungen anschließen. In diesem Fall wird die tatsächliche Prüfungshandlung maßgeblich für den Umfang der Prüfung. Die Entscheidung übersieht jedoch, dass die Prüfungsanordnung materiell-rechtliche Voraussetzung der Außenprüfung und damit auch für deren Wirkungen ist. Weitet der Prüfer seine Prüfung aufgrund nachträglicher Erweiterung des schriftlichen Prüfungsauftrags über den in der ursprünglichen Prüfungsanordnung bestimmten Umfang aus, so ist für den Umfang der Ablaufhemmung der erweiterte Prüfungsbereich nur dann maßgebend, wenn die Ausweitung vor Ablauf der regulären Festsetzungsfrist vorgenommen wurde. Eventuelle Beweisschwierigkeiten gehen zulasten der Finanzverwaltung.
Tz. 69
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Erweitert die Finanzbehörde den Umfang der Außenprüfung, ohne die Prüfungsanordnung zu erweitern, führt weder die rügelose Einlassung des Stpfl. noch dessen aktive Mitwirkung an den Prüfungshandlungen zur Ablaufhemmung (BFH v. 11.08.1993, II R 34/90, BStBl II 1994, 375; Kruse in Tipke/Kruse, § 171 AO Rz. 52).
Tz. 70
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Sofern sich die Außenprüfung auf mehrere bestimmte Steuern oder mehrere Jahre bezieht, tritt eine Ablaufhemmung auch hinsichtlich solcher be...