Katharina Wagner, Dr. Klaus J. Wagner
Tz. 11
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Zum Revisionsgrund der grundsätzlichen Bedeutung s. § 115 FGO Rz. 10 ff.
Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung gehört ein substantiiertes Eingehen auf die Rechtssache; dabei ist der Begriff der Rechtssache gleichbedeutend mit dem Begriff der Rechtsfrage. Die Rechtsprechung stellt weiterhin hohe Anforderungen an die Darlegung. Die grundsätzliche Bedeutung ist nicht "dargelegt", wenn die Beschwerdeschrift nicht erkennen lässt, welche vom Einzelfall losgelöste Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren geklärt werden könnte. Es ist also erforderlich, die für entscheidungserheblich gehaltene Rechtsfrage abstrakt zu formulieren (BFH v. 21.11.2002, VII B 58/02, BFH/NV 2003, 485; BFH v. 21.11.2002, VII B 163/02, BFH/NV 2003, 523; BFH v. 16.03.2015, XI B 109/14, BFH/NV 2015, 1005; Gräber/Ruban, § 116 FGO Rz. 32). Die bloße Bezugnahme auf ein beim BFH anhängiges Revisionsverfahren reicht als Begründung nicht aus (BFH v. 27.06.1985, I B 27/85, BStBl II 1985, 625). Die Beschwerdeschrift muss also konkret darauf eingehen, inwieweit die Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig ist und ggf. in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Rechtsfrage umstritten ist. Dazu gehört auch, dass der Beschwerdeführer bereits vorhandene Rechtsprechung zu der von ihm für grundsätzlich und daher klärungsbedürftig gehaltenen Frage berücksichtigt und vorträgt, weshalb seiner Ansicht nach diese Rechtsprechung bisher keine Klärung gebracht hat. Bei Kritik in der Literatur reicht der bloße Hinweis, "die Rechtsprechung sei auf Kritik gestoßen", nicht aus; vielmehr bedarf es der inhaltlichen Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung und den abweichenden Literaturmeinungen (zu vorstehendem Kriterium s. BFH v. 12.06.2007, I B 148/06, BFH/NV 2007, 1927).
Tz. 12
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache kann auch auf die behauptete Verfassungswidrigkeit einer Steuerrechtsnorm gestützt werden. Da sich die grundsätzliche Bedeutung aber nicht bereits aus der behaupteten Verfassungswidrigkeit ergibt – diese ist nicht die im künftigen Revisionsverfahren zu entscheidende Rechtsfrage – sondern aus der Rechtsfrage, aus der sich die Verfassungswidrigkeit ergeben soll, ist in solchen Fällen zumindest darzulegen, gegen welche Verfassungsnorm die Vorschrift verstößt. Ferner ist hierzu eine nähere Begründung erforderlich. Die Begründung muss sich mit den Vorgaben des GG, der dazu ergangenen Rspr. des BVerfG und des BFH auseinandersetzen (BFH v. 8.10.2013, X B 217/12, BFH/NV 2014, 41; BFH v. 18.04.2017, V B 147/16, BFH/NV 2017, 1052).
Tz. 13
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Der Beschwerdeführer muss die Klärungsbedürftigkeit der zuvor abstrakt formulierten Rechtsfrage darlegen. Dazu gehört die Darstellung, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die angesprochene Rechtsfrage zweifelhaft und umstritten ist (st. Rspr., u. a. BFH v. 12.06.2007, I B 148/06, BFH/NV 2007, 1927; BFH v. 14.12.2011, X B 85/11, BFH/NV 2012, 749 m. w. N.). Die als grundsätzlich herausgestellte bestimmte Rechtsfrage muss in dem zukünftigen Revisionsverfahren entscheidungserheblich sein. Die Klärungsfähigkeit der Rechtsfrage braucht der Rechtsmittelführer jedenfalls dann nicht darzulegen; wenn offenkundig ist, dass das Verfahren zu einer Klärung der Rechtsfrage führen kann. Dementsprechend erfordern nur Zweifel an der Klärungsfähigkeit eine Darlegung (BFH v. 31.10.2002, I B 25/02, BFH/NV 2003, 315). Zur Vermeidung von Rechtsnachteilen empfiehlt es sich, in der Regel auch Ausführungen zur Klärungsfähigkeit zu machen.
Tz. 14
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die weiterhin strenge Handhabung der Voraussetzungen der Grundsatzrevision ist auf Kritik gestoßen, der die Rechtsprechung bisher jedoch nicht gefolgt ist (s. Seer in Tipke/Kruse, § 116 FGO Rz. 46 ff. m. w. N.).