Karl Blesinger, Dr. Andreas Viertelhausen
Tz. 1
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 64 Abs. 1 AO setzt voraus, dass sich eine Steuervergünstigung nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb i. S. von § 14 AO erstreckt (s. hierzu § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 KStG und § 3 Nr. 6 Satz 2 GewStG; zur Vermögensverwaltung durch Vermietung von Immobilien s. BFH v. 24.07.1996, I R 35/96, BStBl II 1996, 583, 585). In diesen genannten Fällen verliert die Körperschaft für die Werte (Vermögen, Einkünfte, Umsätze), die zu dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gehören, die Steuervergünstigung, soweit nicht ein Ausnahmefall i. S. der §§ 65 bis 68 AO gegeben ist (Zweckbetrieb).Die Beteiligung einer gemeinnützigen Stiftung an einer gewerblich geprägten vermögensverwaltendenPersonengesellschaft ist kein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (BFH v. 25.05.2011, I R 60/10, BStBl II 2011, 858).
Tz. 2
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Unterhält die Körperschaft einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, der nicht als Zweckbetrieb steuerunschädlich ist, den verfolgten begünstigten Zweck jedoch gleichwohl fördert – sei es unmittelbar, sei es mittelbar finanziell oder in Gestalt von Hilfs- oder Nebentätigkeiten – so steht das zwar der Anerkennung des steuerbegünstigten Zwecks der Körperschaft nicht entgegen, hat jedoch – aus Gründen der Wettbewerbsneutralität – eine partielle Steuerpflicht zur Folge (steuerpflichtiger Geschäftsbetrieb). Die Körperschaft wird mit den Einkünften, die aus dem Geschäftsbetrieb erzielt werden, zur KSt und GewSt herangezogen. Im Übrigen bleibt ihre Steuerbefreiung aufrechterhalten (BFH v. 18.12.2002, I R 15/02, BStBl II 2003, 384). Die Gewinnermittlung folgt den allgemeinen steuerlichen Regeln (zur Abziehbarkeit von Auflagen, die dem ideellen Bereich zugutekommen BFH v. 05.06.2003, I R 76/01, BStBl II 2005, 305; Nichtanwendungserlass BMF v. 24.03.2005, IV C 4 – S 0171 – 32/05, BStBl I 2005, 608).
Tz. 2a
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Da die §§ 64 bis 68 AO der Wettbewerbsneutralität dienen, sind sie auch drittschützende Normen. Ein Verstoß der Finanzbehörde gegen diese Vorschriften kann zu einer Verletzung von Rechten der Mitbewerber führen (BFH v. 18.09.2007, I R 30/06, BStBl II 2008, 126).
Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Unterhält eine Körperschaft ein Geschäft mit Werbeanzeigen, so liegt hierin grundsätzlich ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (BFH v. 07.11.2007, I R 42/06, BStBl II 2008, 949). Auch der Betrieb einer Kantine oder Druckerei, oder die Unterhaltung einer Unterstützungs- oder Pensionskasse, wird in der Regel als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb anzusehen sein, ohne dass die Steuerbefreiung der betreffenden Körperschaft im Übrigen verloren geht.
Tz. 4
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Unterhaltung eines Geschäftsbetriebes, der den steuerbegünstigten Zweck weder unmittelbar noch mittelbar – in Gestalt von Hilfs- oder Nebentätigkeiten – fördert und auch nicht dazu dient, finanzielle Mittel zur Erfüllung des steuerbegünstigten Zwecks aufzubringen, steht der Anerkennung als steuerbegünstigte Körperschaft schlechthin entgegen (steuerschädlicher Geschäftsbetrieb). Diese Voraussetzung trifft insbes. für solche Geschäftsbetriebe zu, die in nicht nur unerheblichem Umfang eigenwirtschaftlichen Zwecken der Körperschaft oder ihrer Mitglieder dienen (s. § 55 AO und die dortigen Erläuterungen).
Tz. 5
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Beispiele aus der Rechtsprechung: BFH v. 28.11.1961 I 34/61 U, BStBl III 1962, 73, Anzeigengeschäft einer Vereinszeitung als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb; BFH v. 02.03.1990 III R 89/87, BStBl II, 1012, stundenweise Vermietung der Tennishalle eines Tennisvereins an Mitglieder und Nichtmitglieder; BFH v. 28.02.1992 I R 149/90, BStBl II 1992, 693, Altkleidersammlung, bei der das Sammelgut zur Mittelbeschaffung weiterveräußert wird; BFH v. 22.04.2009, I R 15/07, BStBl II 2011, 475 entgegen BFH v. 05.06.2003, I R 76/01, BStBl II 2005, 305, Totalisatorbetrieb eines Traberzuchtvereins – Übergangsregelung BMF v. 04.05.2011, BStBl I 2011, 539; BFH v. 04.04.2007, I R 55/06, BStBl II 2007, 725, Verpachtung eines zuvor selbst betriebenen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs; BFH v. 07.11.2007, I R 42/06, BStBl II 2008, 949, Schalten von Anzeigen und Einräumen der Möglichkeit auf Veranstaltungen der begünstigten Körperschaft Produkte vorzustellen und zu bewerben; FG Köln v. 18.04.2012, 13 K 1075/08, EFG 2012, 1693: Verkauf von Karnevalsorden durch einen als gemeinnützig anerkannten Karnevalsverein.
Tz. 5a
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Vorrangig durch den ideellen (außersteuerlichen) Bereich eines Vereins (z. B. Spielbetrieb eines Sportvereins) veranlasste Aufwendungen, die durch einen Gewerbebetrieb (z. B. Werbung) mitveranlasst sind, können anteilig dem gewerblichen Bereich zuzuordnen sein. Die gewerbliche Mitveranlassung ist aber nur zu berücksichtigen, wenn objektivierbare zeitliche oder quantitative Kriterien für die Abgrenzung der Veranlassungszusammenhänge vorhanden sind. Sind die ideellen und gewerblichen...