Tz. 17
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Zustimmung des Stpfl. bedeutet die Einverständniserklärung des Stpfl. mit einer von der Finanzbehörde beabsichtigten Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids. Sie ist formfrei, d. h. sie kann schriftlich, mündlich oder auch durch konkludentes Verhalten erteilt werden (AEAO zu § 172 AO, Nr. 2). So kann die Rücknahme eines Rechtsbehelfs Zustimmung zum Erlass eines Änderungsbescheids sein. Unklarheiten können ggf. durch Auslegung beseitigt werden (BFH v. 07.11.2001, XI R 14/00, BFH/NV 2002, 745). An eine Zustimmung sind nicht die formalen Voraussetzungen zu stellen wie an eine tatsächliche Verständigung (BFH v. 27.04.2005, X B 145/04, BFH/NV 2005, 1494). Die Zustimmung kann auch nachträglich in der Form einer Genehmigung erklärt werden. Insoweit wird der zunächst bestehende Fehler nach § 126 Abs. 1 Nr. 1 AO geheilt. Dies gilt zugunsten des Stpfl. nur innerhalb der Einspruchsfrist (von Wedelstädt in Gosch, § 172 AO Rz. 134; Koenig in Koenig, § 172 AO Rz. 23). Die Zustimmung unterliegt der freien Willensentscheidung des Stpfl. Die Verweigerung der Zustimmung kann jedoch gegen Treu und Glauben verstoßen und infolgedessen unbeachtlich sein (BFH v. 03.12.1998, V R 29/98, BStBl II 1999, 158; BFH v. 03.03.2011, III R 45/08, BStBl II 2011, 673). Dies ist dann der Fall, wenn der Stpfl. zunächst eine ihn begünstigende Regelung durch Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung erwirkt, der folgerichtigen Änderung einer anderen Steuerfestsetzung aber nicht zustimmt und sich dadurch in Widerspruch zu seinem früheren Verhalten setzt (dazu auch BFH v. 05.11.2009, IV R 40/07, BStBl II 2010, 720; von Wedelstädt in Bartone/von Wedelstädt, Rz. 731; s. § 174 AO Rz. 55).
Tz. 18
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Ein vom Stpfl. gestellter Einspruchs- oder Klageantrag ist grundsätzlich als konkludente Zustimmung zur Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung auszulegen. Dies ergibt sich aufgrund des Gesetzeswortlautes, der eine Änderung zugunsten des Stpfl. zur Abhilfe eines Einspruchs oder einer Klage ausdrücklich zulässt (von Wedelstädt in Gosch, § 172 AO Rz. 172). Nimmt der Stpfl. seine Klage zurück, weil die Finanzbehörde ihm zusagt, eine Korrektur des Steuerbescheids vorzunehmen, ist hierin eine Zustimmung zu sehen.
Tz. 19
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Zustimmen zur Korrektur eines Steuerbescheids muss der Inhaltsadressat des Steuerbescheids. Zum Begriff des Inhaltsadressaten s. § 122 AO Rz. 8. Richtet sich der Steuerbescheid gegen mehrere Personen, ist eine Änderung oder Aufhebung nur bei Zustimmung aller zulässig. Nicht betroffen sind nach § 352 AO, § 48 FGO nicht rechtsbehelfsbefugte Personen.
Tz. 20
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Ob die erteilte Zustimmung widerrufen werden kann, ist nicht ausdrücklich geregelt. Die Frage lässt sich nur unter Berücksichtigung der Rechtsnatur der Zustimmung beantworten. Zustimmung (und Antrag) sind Erklärungen, die auf eine Gestaltung gesetzlich konkret umrissener hoheitlicher Maßnahmen abzielen. Ähnlich den Prozesshandlungen sind sie auf eine bestimmte und endgültige verfahrensrechtliche Weichenstellung gerichtet und daher wie diese unwiderruflich, sofern das Gesetz keine ausdrückliche Widerrufsmöglichkeit vorsieht (ähnlich auch BFH v. 15.11.1988, BStBl II 1989, 370; differenzierend danach, ob ein Änderungsbescheid erlassen wurde Loose in Tipke/Kruse, § 172 AO Rz. 26; von Wedelstädt in Gosch, § 172 AO Rz. 143 m. w. N.). Eine für die Finanzbehörde erkennbar unter Vorbehalt stehende "Zustimmung" zum Erlass eines verbösernden Änderungsbescheids, also eine Zustimmung zu der Änderung, die in der erklärten Absicht erfolgt, den geänderten Bescheid anzufechten, ist mangels Unwiderruflichkeit unwirksam (BFH v. 15.11.1988, II R 241/84, BStBl II 1989, 370). Unberührt bleibt im Übrigen selbstverständlich die Zulässigkeit der Anfechtung des entsprechend der Zustimmung ergangenen Bescheids. Die Zustimmung ist kein stillschweigender Verzicht auf den gegen den mit Zustimmung ergangenen Bescheid zulässigen Rechtsbehelf (Loose in Tipke/Kruse, § 172 AO Rz. 28). Ein solcher Verzicht müsste eindeutig und ausdrücklich gesondert erklärt werden. Zudem ist der Rechtsbehelfsverzicht (s. § 354 AO) vor Erlass des Bescheids nicht möglich.