Tz. 4
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Aufzählung der eine Unterbrechung der Verjährung bewirkenden Maßnahmen in § 231 Abs. 1 Satz 1 AO ist abschließend (BFH v. 24.09.1996, VII R 31/96, BStBl II 1997, 259; BFH v. 10.11.2003, VII B 342/02, BFH/NV 2004, 315) und eine sinngemäße Anwendung auf ähnliche Tatbestände kommt nicht in Frage. Allen Unterbrechenstatbeständen ist gemeinsam, dass es sich um Maßnahmen mit Außenwirkung handelt, wobei eine Bekanntgabe an den Vollstreckungsschuldner – wie z. B. bei der Ermittlung des Aufenthaltsorts – keine für die Unterbrechung notwendige Voraussetzung ist (s. BFH v. 24.09.1996, VII R 31/96 BStBl II 1997, 259; BFH v. 21.11.2006, VII R 68/05, BFH/NV 2007, 300). Eine bestimmte rechtliche Qualität der Maßnahme, die die Verjährung unterbrechen soll, wird nicht verlangt. Wie schon die gesetzliche Aufzählung zeigt, können solche Maßnahmen sowohl den Charakter eines VA haben, aber auch bloß Willenserklärungen oder Realakte sein (BFH v. 10.11.2003, VII B 342/02, BFH/NV 2004, 315). Hat das FA durch einen Realakt (z. B. Zahlungsaufforderung) eine Unterbrechung herbeigeführt, steht es nicht in seiner Macht, die Unterbrechungswirkung durch einen actus contrarius zu beseitigen (z. B. durch Erklärung, die Zahlungsaufforderung habe sich erledigt; BFH v. 28.11.2006, VII R 3/06, BStBl II 2009, 575).
I. Erfüllungsaufschiebende Maßnahmen (§ 231 Abs. 1 Nr. 1 AO)
Tz. 5
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Gemäß § 231 Abs. 1 Nr. 1 AO verjährungsunterbrechend sind Zahlungsaufschub (§ 223 AO), Stundung (§ 222 AO), Aussetzung der Vollziehung (§§ 361 AO, 69 FGO) und Zahlungsaufschub und sonstige Zahlungserleichterungen des Zollschuldners (Art. 110 ff. UZK) sowie Vollstreckungsaufschub (§ 258 AO), jeweils sofern die Maßnahmen dem Vollstreckungsschuldner mitgeteilt wurden (BFH v. 23.04.1991, VII R 37/90, BStBl II 1991, 742).
Tz. 6
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Aussetzung der Vollziehung eines Grundlagenbescheids unterbricht die Verjährung des Zahlungsanspruchs bezüglich der auf dem Grundlagenbescheid beruhenden Steuern noch nicht, wohl aber die von Amts wegen anzuordnende Aussetzung der Vollziehung des Folgebescheids selbst (§§ 361 Abs. 3 Satz 1 AO, 69 Abs. 2 Satz 4 FGO; BFH v. 23.06.1997, VII R 119/97, BFH/NV 1998, 1322). Ist ein Folgebescheid "bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung bzw. des geänderten Steuerbescheids" ausgesetzt, so endet die Aussetzung der Vollziehung und damit die Unterbrechung der Zahlungsverjährung, wenn der Folgebescheid selbst nicht angefochten ist, einen Monat nach Bekanntgabe des geänderten Folgebescheids, der aufgrund der Erledigung des Rechtsbehelfs über den Grundlagenbescheid ergeht (BFH v. 23.06.1998, VII R 119/97, BFH/NV 1998, 1322). Eine vor Erlass eines Steuerbescheids gegebene Zusage des FA, dessen Vollziehung später auszusetzen, bewirkt keine Unterbrechung (BFH v. 24.04.1996, II R 37/93, BFH/NV 1996, 865).
Tz. 7
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Eine durch VA und Widerrufsvorbehalt bewilligte "Ratenzahlung" ist als verjährungsunterbrechende Maßnahme des Vollstreckungsaufschubs i. S. von § 258 AO anzusehen, wenn sie aus Rücksichtnahme für eine längere Zeitspanne auf die Grenzen der Leistungsfähigkeit des Vollstreckungsschuldners zur Vermeidung sofortiger Vollstreckungsmaßnahmen erfolgt (BFH v. 08.01.1998, VII B 137/97, BFH/NV 1998, 686). Als Vollstreckungsaufschub i. S. von § 231 Abs. 1 Nr. 1 AO ist neben einer Vereinbarung zwischen dem Vollstreckungsschuldner und dem FA auch die einseitige Erklärung des Vollstreckungsgläubigers anzusehen, von Maßnahmen zur Durchsetzung seines Anspruchs absehen zu wollen (BFH v. 10.11.2003, VII B 342/02, BFH/NV 2004, 315). Die Gewährung von Vollstreckungsaufschub unterbricht auch dann die Zahlungsverjährung, wenn sie nicht ausdrücklich erfolgt, sondern sich nur aus den Erklärungen der Behörde und deren Absicht hinreichend klar ergibt, auf der Begleichung der Abgabenschuld letztlich zu bestehen (BFH v. 23.02.2010, VII R 9/08, BFH/NV 2010, 1319).
II. Sicherheitsleistung (§ 231 Abs. 1 Nr. 2 AO)
Tz. 8
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Voraussetzung für die Unterbrechung der Verjährung eines Steueranspruchs ist, dass die Sicherheitsleistung (§§ 241ff. AO) nach Beginn der für den Steueranspruch bestehenden Verjährungsfrist geleistet wird (BFH v. 08.01.1980, VII R 81/77, BStBl II 1980, 306). Eine vor Beginn der Verjährungsfrist erbrachte Sicherheitsleistung unterbricht die Verjährung nicht. Ebenso hat allein das Verlangen des FA nach Sicherheitsleistung noch keine Unterbrechenswirkung. Die Unterbrechung der Verjährung beginnt, wenn die Sicherheit tatsächlich erbracht wird, d. h. z. B. im Zeitpunkt der Abtretung einer zur Sicherheit übereigneten Forderung.
III. Vollstreckungsmaßnahmen (§ 231 Abs. 1 Nr. 3 AO)
Tz. 9
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Vollstreckungsmaßnahmen, d. h. Handlungen des FA, die der zwangsweisen Durchsetzung des Zahlungsanspruchs im Vollstreckungsverfahren dienen (§§ 249ff. AO), führen ebenfalls zur Unterbrechung der Verjährung. Zu nennen sind hier insbes. die Pfändung von beweglichen Gegenständen (§ 281 AO), Forderungspfändungen (§ 309 AO) und die Stel...