Tz. 5
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Finanzbehörde kann eine verbindliche Zusage nach pflichtgemäßem Ermessen mit Wirkung für die Zukunft aufheben oder ändern (§ 207 Abs. 2 AO), ohne dass dies weiterer Voraussetzungen bedarf. Veranlassung hierzu kann insbes. der materiellrechtlich unzutreffende und damit rechtswidrige Inhalt der Auskunft (BFH v. 02.09.2009, I R 20/09, BFH/NV 2010, 391), eine Änderung der Rechtsprechung oder der Rechtsauffassung der Verwaltung sein. Die Finanzbehörde muss bei ihrer Ermessensentscheidung zum einen ihre Verpflichtung, gesetzmäßig zu handeln, und zum anderen das Interesse des Stpfl. am Bestand der Zusage, ggf. auch die Auswirkungen der Bevorzugung des Stpfl. auf seine Mit-Wettbewerber berücksichtigen. Eine Aufhebung ist ermessensgerecht, wenn das Allgemeininteresse an der Wahrung der Gesetz- und Gleichmäßigkeit der Besteuerung das subjektive Vertrauensschutzinteresse des Stpfl. überwiegt (Seer, Verständigungen in Steuerverfahren, 474). Ist die Behandlung des Sachverhalts in der Zusage rechtmäßig, ist daher die Aufhebung oder Änderung nur in besonderen Ausnahmefällen zulässig. Ist sie rechtswidrig, steht die Verpflichtung der Finanzbehörde zur gleichmäßigen und gesetzmäßigen Besteuerung im Vordergrund (Seer in Tipke/Kruse, § 207 AO Rz. 11; von Wedelstädt in Bartone/von Wedelstädt, Rz. 417 m. w. N.). Die Aufhebung kann zeitlich solange erfolgen, wie die verbindliche Zusage noch nicht in einer Endentscheidung wie der Steuerfestsetzung umgesetzt worden ist. Ist der in der Zusage beurteilte Sachverhalt zwar verwirklicht, aber noch nicht in einer Endentscheidung berücksichtigt worden, kann eine Aufhebung oder Änderung in Betracht kommen; die Tatsache, dass der Sachverhalt verwirklicht worden ist, ist jedoch bei den Ermessenserwägungen zu berücksichtigen (Seer in Tipke/Kruse, § 207 AO Rz. 9 und 11; Seer, Verständigungen in Steuerverfahren, 474).
Tz. 6
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Hat der Stpfl. im Vertrauen auf den Bestand der Zusage den von der Zusage betroffenen Sachverhalt bereits verwirklicht oder sich einschlägig vertraglich gebunden, kann es aus ausnahmsweise Billigkeitsgründen geboten sein, von der Aufhebung oder Änderung der Zusage abzusehen oder ihre Wirkung zu einem späteren Zeitpunkt eintreten zu lassen. Dies ist i. d. R. dann geboten, wenn er sich nicht mehr ohne erheblichen Aufwand bzw. unter beträchtlichen Schwierigkeiten von den im Vertrauen auf den Bestand der verbindlichen Zusage getroffenen Dispositionen oder eingegangenen Verpflichtungen lösen kann (AEAO zu § 207, Nr. 2 Satz 2 und 3). In solchen Fällen kann es auch ermessensgerecht sein, die Wirkung der Aufhebung oder Änderung auf einen Zeitpunkt zu verlagern, für den Dispositionen noch nicht erfolgt sind.
Tz. 6a
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Korrektur einer LSt-Anrufungsauskunft i. S. des § 42a EStG ist nach Ansicht des BFH (v. 02.09.2010, VI R 3/09, BStBl II 2011, 233) in analoger Anwendung des § 207 Abs. 2 AO vorzunehmen (s. Vor §§ 204 – 207 AO Rz. 9).