Karl Blesinger, Dr. Andreas Viertelhausen
Tz. 17
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die durch § 34 Abs. 3 AO ausdrücklich angeordnete Beschränkung des Umfangs der Pflichten von Vermögensverwaltern führt zu praktischen Abgrenzungsproblemen. Maßgebend ist, dass steuerliche Pflichten, die Vermögensteile betreffen, die nicht der Vermögensverwaltung unterliegen, nicht vom Vermögensverwalter erfüllt zu werden brauchen (BFH v. 28.06.2000, V R 87/99, BStBl II 2000, 639). Er wäre hierzu auch tatsächlich nicht in der Lage. So betrifft die Zwangsverwaltung das dieser unterstellte Grundvermögen und berührt nicht die aus anderen Quellen herrührenden Einkünfte des Eigentümers. Der Zwangsverwalter ist z. B. verpflichtet, der Finanzbehörde die erforderlichen Angaben über die steuerlichen Bewertungsgrundlagen für das Grundstück zu machen (RFH v. 14.03.1935, RStBl 1935, 580). Einheitswert- und Grundsteuerbescheide sind an den Zwangsverwalter in dieser seiner Eigenschaft zu richten, der insoweit auch rechtsbehelfsbefugt ist (RFH v. 01.09.1939, RStBl 1939, 1007). Die infolge der Verwaltungstätigkeit des Zwangsverwalters begründeten positiven und negativen Umsatzsteueransprüche sind entsprechend § 155 ZVG gegen den Zwangsverwalter in dieser Eigenschaft bzw. von ihm geltend zu machen, ungeachtet des Umstandes, dass materiell-rechtlich der Grundstückseigentümer Steuerschuldner bleibt (BFH v. 23.06.1988, V R 203/83, BStBl II 1988, 920; Weiss, UR 1989, 24). Unterliegen mehrere Grundstücke des Steuerpflichtigen der Zwangsverwaltung, ist jedes dieser Grundstücke auch für umsatzsteuerliche Zwecke selbstständig zu betrachten. Die Regelung des ZVG geht insoweit der des § 2 Abs. 1 Satz 2 UStG vor (BFH v. 18.10.2001, V R 44/00, BStBl II 2002, 171).
Tz. 18
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Nicht zum Pflichtenkreis des Zwangsverwalters gehörten nach der bisherigen Rspr. die steuerlichen Pflichten, die im Zusammenhang mit den persönlichen Steuerschulden des Grundstückseigentümers stehen, selbst soweit sie aus seinen Einkünften aus dem zwangsverwalteten Grundstück resultieren. Nun hat der BFH ausgeführt, dass der Zwangsverwalter auch die Einkommensteuer des Vollstreckungsschuldners zu entrichten hat, soweit sie aus der Vermietung der im Zwangsverwaltungsverfahren beschlagnahmten Grundstücke herrührt, und zwar auch dann, wenn während der Zwangsverwaltung das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet wird (BFH v. 10.02.2015, IX R 23/14, BStBl II 2017, 367; BMF v. 03.05.2017, BStBl I 2017, 718).
Tz. 19
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Grundsätzliche Ausführungen über die Rechte und Pflichten eines Testamentsvollstreckers enthält das BFH-Urteil v. 07.10.1970 (I R 145/68, BStBl II 1971, 119). Auch hier weist der BFH darauf hin, dass die dem Testamentsvollstrecker obliegenden Pflichten und die sich aus der Erfüllung dieser Pflichten ergebenden Rechte sich nach Maßgabe seines bürgerlich-rechtlichen Verwaltungsrechts bestimmen. Entsprechend beantwortet sich die Frage, ob das Recht auf Erstattung überzahlter Steuerbeträge den Erben oder dem Testamentsvollstrecker zusteht, nach den gleichen Grundsätzen, die den Umfang der Rechte und Pflichten des Testamentsvollstreckers bestimmen (BFH v. 18.06.1986, II R 38/84, BStBl II 1986, 704; s. auch §§ 2212, 2213 BGB und BFH v. 08.06.1988 II R 14/85, BStBl II, 946).
Tz. 20
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Bei Insolvenzverwaltern werden die steuerlichen Zahlungspflichten durch die insolvenzrechtlichen Regelungen der Befriedigung von Masse- und Insolvenzgläubigern überlagert (BFH v. 28.11.2002 VII R 41/01, BStBl II 2003, 337). Der Insolvenzverwalter hat nach § 34 Abs. 1 und 3 AO die steuerlichen Pflichten des Schuldners zu erfüllen, soweit seine Verwaltung reicht (BFH v. 15.03.2017, III R 12/16, ZInsO 2017, 2708). Nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO kann das Insolvenzgericht einen sog. vorläufigen "starken" Insolvenzverwalter bestellen, der Vermögensverwalter i. S. des § 34 Abs. 3 AO ist. Entscheidet sich das Gericht für die Bestellung eines sog. "schwachen" vorläufigen Verwalters ohne dem Gemeinschuldner ein allgemeines Verfügungsverbot aufzuerlegen, muss das Gericht die Befugnisse des vorläufigen Verwalters im Einzelnen festlegen (BGH v. 18.07.2002, IX ZR 195/01, NJW 2002, 3326). Nach Maßgabe dieses Beschlusses richtet es sich ob und in welchem Umfang der vorläufige Verwalter Vermögensverwalter i. S. des § 34 Abs. 3 AO ist (BFH v. 30.12.2004, VII B 145/04, BFH/NV 2005, 665). Besteht für einen vorläufigen Verwalter lediglich ein Zustimmungsvorbehalt (vgl. dazu BFH v. 27.05.2009, VII B 156/08, BFH/NV 2009, 1591; BFH v. 26.09.2017, VII R 40/16, BFHE 259, 423), darf er diesen u. E. nicht zu einer disquotalen Befriedigung von Gläubigern einsetzen. Er darf nicht der Auszahlung von Löhnen und Gehältern zustimmen, die Tilgung der hierdurch verursachten Lohnsteuer aber verweigern (a. A. d'Avoine, ZIP 2006, 1433).