Tz. 12

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Der vierte Komplex, der in § 52 Abs. 1 FGO geregelt ist, betrifft die Beratung und Abstimmung des Gerichts. Insoweit verweist das Gesetz auf die §§ 192 bis 197 GVG.

§ 192 GVG

(1) Bei Entscheidungen dürfen Richter nur in der gesetzlich bestimmten Anzahl mitwirken.

(2) Bei Verhandlungen von längerer Dauer kann der Vorsitzende die Zuziehung von Ergänzungsrichtern anordnen, die der Verhandlung beizuwohnen und im Falle der Verhinderung eines Richters für ihn einzutreten haben.

(3) Diese Vorschriften sind auch auf Schöffen anzuwenden.

§ 193 GVG

(1) Bei der Beratung und Abstimmung dürfen außer den zur Entscheidung berufenen Richtern nur die bei demselben Gericht zu ihrer juristischen Ausbildung beschäftigten Personen und die dort beschäftigten wissenschaftlichen Hilfskräfte zugegen sein, soweit der Vorsitzende deren Anwesenheit gestattet.

(2) Ausländische Berufsrichter, Staatsanwälte und Anwälte, die einem Gericht zur Ableistung eines Studienaufenthaltes zugewiesen worden sind, können bei demselben Gericht bei der Beratung und Abstimmung zugegen sein, soweit der Vorsitzende deren Anwesenheit gestattet und sie gemäß den Absätzen 3 und 4 verpflichtet sind. Satz 1 gilt entsprechend für ausländische Juristen, die im Entsendestaat in einem Ausbildungsverhältnis stehen.

(3) Die in Absatz 2 genannten Personen sind auf ihren Antrag zur Geheimhaltung besonders zu verpflichten. § 1 Abs. 2 und 3 des Verpflichtungsgesetzes vom 2. März 1974 (BGBl. I S. 469, 547 – Artikel 42) gilt entsprechend. Personen, die nach Satz 1 besonders verpflichtet worden sind, stehen für die Anwendung der Vorschriften des Strafgesetzbuches über die Verletzung von Privatgeheimnissen (§ 203 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2, Satz 2, Absatz 5 und 6, § 205), Verwertung fremder Geheimnisse (§§ 204, 205), Verletzung des Dienstgeheimnisses (§ 353b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2, Abs. 3 und 4) sowie Verletzung des Steuergeheimnisses (§ 355) den für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten gleich.

(4) Die Verpflichtung wird vom Präsidenten oder vom aufsichtsführenden Richter des Gerichts vorgenommen. Er kann diese Befugnis auf den Vorsitzenden des Spruchkörpers oder auf den Richter übertragen, dem die in Absatz 2 genannten Personen zugewiesen sind. Einer erneuten Verpflichtung bedarf es während der Dauer des Studienaufenthaltes nicht. In den Fällen des § 355 des Strafgesetzbuches ist der Richter, der die Verpflichtung vorgenommen hat, neben dem Verletzten antragsberechtigt.

§ 194 GVG

(1) Der Vorsitzende leitet die Beratung, stellt die Fragen und sammelt die Stimmen.

(2) Meinungsverschiedenheiten über den Gegenstand, die Fassung und die Reihenfolge der Fragen oder über das Ergebnis der Abstimmung entscheidet das Gericht.

§ 195 GVG

Kein Richter oder Schöffe darf die Abstimmung über eine Frage verweigern, weil er bei der Abstimmung über eine vorhergegangene Frage in der Minderheit geblieben ist.

§ 196 GVG

(1) Das Gericht entscheidet, soweit das Gesetz nicht ein anderes bestimmt, mit der absoluten Mehrheit der Stimmen.

(2) Bilden sich in Beziehung auf Summen, über die zu entscheiden ist, mehr als zwei Meinungen, deren keine die Mehrheit für sich hat, so werden die für die größte Summe abgegebenen Stimmen den für die zunächst geringere abgegebenen solange hinzugerechnet, bis sich eine Mehrheit ergibt.

(3) und (4) [betreffen das Strafverfahren, so dass von einem Abdruck abgesehen wird].

§ 197 GVG

Die Richter stimmen nach dem Dienstalter, bei gleichem Dienstalter nach dem Lebensalter, ehrenamtliche Richter und Schöffen nach dem Lebensalter; der jüngere stimmt vor dem älteren. Die Schöffen stimmen vor den Richtern. Wenn ein Berichterstatter ernannt ist, so stimmt er zuerst. Zuletzt stimmt der Vorsitzende.

 

Tz. 13

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

§ 52 Abs. 1 FGO i. V. m. §§ 192ff. GVG gelten für die Beratung und Abstimmung bei Kollegialgerichten, also für Entscheidungen durch den Senat, nicht jedoch für den Einzelrichter (so auch Brandis in Tipke/Kruse, § 52 FGO Rz. 31).

 

Tz. 14

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Bei der Entscheidung dürfen nur die Richter in der gesetzlich bestimmten Zahl (§ 5 Abs. 3 FGO) mitwirken (§ 192 Abs. 1 GVG). Eine Über- oder Unterbesetzung des Senats bei einer Entscheidung stellt einen Verstoß gegen das Gebot des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) und damit einen absoluten Revisionsgrund (§ 119 Nr. 1 FGO) dar (Brandis in Tipke/Kruse, § 52 FGO Rz. 32; Leipold in HHSp, § 52 FGO Rz. 88). Jedoch müssen die Richter, die das Urteil gefällt haben, nicht notwendigerweise mit den Richtern identisch sein, die dieses verkündet haben (BFH v. 13.12.2000, X R 67/99, BFH/NV 2001, 635; BFH v. 30.01.2003, XI B 144/02, BFH/NV 2003, 797; BFH v. 09.05.2006, XI B 104/05, BFH/NV 2006, 1801).

 

Tz. 15

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Bei der Beratung und Abstimmung dürfen Dritte nur anwesend sein, soweit dies § 193 GVG und ergänzend § 52 Abs. 3 FGO gestatten. Danach dürfen Referendare (§ 5b DRiG) anwesend sein, während Studenten, die bei dem Geric...

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