Tz. 27
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Der Vorbehalt kann jederzeit durch Bescheid von Amts wegen oder auf Antrag des Stpfl. aufgehoben werden (§ 164 Abs. 3 Satz 1 AO). Die Aufhebung muss ausdrücklich erfolgen, da für sie als Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 3 Satz 2 AO) § 157 Abs. 1 Satz 1 und 3 AO sinngemäß gilt, d. h. die Aufhebung schriftlich oder in elektronischer Form (§ 87a Abs. 4 AO) und unter Beifügung einer Rechtsbehelfsbelehrung zu erfolgen hat (st. Rspr. des BFH, u. a. BFH v. 18.08.2009, X R 8/09, BFH/NV 2010, 161 m. w. N.; Oellerich in Gosch, § 164 AO Rz. 123; AEAO zu § 164, Nr. 6 Satz 4). Es genügt für die Aufhebung nicht, dass der Vorbehalt in einem Änderungsbescheid nicht wiederholt wird. Das gilt nicht bei Vorauszahlungsbescheiden, da die Festsetzung einer Vorauszahlung stets eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung ist (§ 164 Abs. 1 Satz 2 AO). Die Aufhebung ist an keine Voraussetzungen gebunden, insbes. setzt sie nicht voraus, dass eine abschließende Prüfung stattgefunden hat; sie steht im pflichtgemäßen Ermessen der Finanzbehörde und bedarf keiner besonderen Begründung (BFH v. 28.05.1998, V R 100/96, BStBl II 1998, 502). Eine Anhörung des Stpfl. ist nicht vorgeschrieben. Wird in einer Einspruchsentscheidung der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben, so ist ein Verböserungshinweis nach § 367 Abs. 2 Satz 2 AO nicht erforderlich, weil der damit verbundene Zweck nicht erreicht werden kann (BFH v. 09.09.1998, I R 31/98, BStBl II 1999, 26 m. w. N.), es sei denn, die allgemeine Festsetzungsfrist ist abgelaufen und nur durch den Einspruch im Ablauf gehemmt (BFH v. 17.02.1998, IX R 45/96, BFH/NV 1998, 816). Eine versehentliche Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung ist eine offenbare Unrichtigkeit i. S. des § 129 AO (BFH v. 23.07.2002, VIII R 6/02, BFH/NV 2003, 1; a. A. Seer in Tipke/Kruse, § 164 AO Rz. 47).
Tz. 28
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Nach einer Außenprüfung ist der Vorbehalt aufzuheben, wenn sich Änderungen gegenüber der Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung nicht ergeben haben (§ 164 Abs. 3 Satz 3 AO). Der Grund für die ausdrückliche gesetzliche Regelung beruht darauf, dass in diesem Falle keine Steuerfestsetzung stattfindet, in der die Aufhebung des Vorbehalts wegen der abschließenden Prüfung durch die Außenprüfung erfolgen kann. Eine Änderung der Steuerfestsetzung aufgrund von Feststellungen einer Außenprüfung darf ebenfalls nicht unter Vorbehalt der Nachprüfung ergehen, der Vorbehalt muss aufgehoben werden, sofern es sich bei der Außenprüfung um eine abschließende Prüfung handelt. Unterlässt das FA die vorgeschriebene Aufhebung des Vorbehalts, so steht der Steuerbescheid weiterhin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und kann nach § 164 Abs. 2 AO geändert werden, und zwar selbst dann, wenn das FA dem Stpfl. gem. § 202 Abs. 1 AO mitgeteilt hat, die Außenprüfung habe zu keiner Änderung der Besteuerungsgrundlagen geführt (BFH v. 09.11.2006, V R 43/04, BStBl II 2007, 344 m. w. N.; BFH v. 18.08.2009, X R 8/09, BFH/NV 2010, 161; von Wedelstädt in Bartone/von Wedelstädt, Rz. 539; Oellerich in Gosch, § 164 AO Rz. 137; a. A. krit. Heuermann in HHSp, § 164 AO Rz. 32, 38 ff.; Seer in Tipke/Kruse, § 164 AO Rz. 51; s. Rz. 19). Dem steht der Grundsatz von Treu und Glauben nicht entgegen (BFH v. 14.09.1993, VIII R 9/93, BStBl. II 1995, 2; Oellerich in Gosch, § 164 AO Rz. 137; "allenfalls ganz ausnahmsweise" Rüsken in Klein, § 164 AO Rz. 55a; a. A. Heuermann in HHSp, § 164 AO Rz. 39; Frotscher in Schwarz/Pahlke, § 164 AO Rz. 107). Ein entgegen § 164 Abs. 3 Satz 3 AO aufrechterhaltener Nachprüfungsvorbehalt ist nicht nichtig, sondern lediglich rechtswidrig. Kommt das FA seiner Pflicht aus § 164 Abs. 3 Satz 3 AO nach Abschluss der Außenprüfung nicht nach, hat der Stpfl. Anspruch auf Aufhebung des Vorbehalts und die Möglichkeit, dies durch einen Änderungsantrag oder durch einen Rechtsbehelf durchzusetzen.
Tz. 29
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Eine Außenprüfung ist regelmäßig eine umfassende Prüfung der steuerlichen Verhältnisse und damit als abschließende Prüfung anzusehen, sodass Änderungsbescheide nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehen dürfen. Der Umfang der Außenprüfung ergibt sich aus der Prüfungsanordnung (s. § 196 AO Rz. 8). Enthält die Prüfungsanordnung Einschränkungen des Prüfungsumfanges in Bezug auf Besteuerungsmerkmale innerhalb von Steuerarten, nicht in Bezug auf Steuerarten, handelt es sich nicht um eine abschließende Prüfung; der Vorbehalt der Nachprüfung muss dann nicht aufgehoben werden (BFH v. 30.04.1987, V R 29/79, BStBl II 1987, 486; BFH v. 12.02.1990, V R 183/84, BFH/NV 1990, 547). Wird eine Außenprüfung, deren Prüfungsanordnung keine Einschränkung des Prüfungsumfangs enthält, tatsächlich nur auf bestimmte Schwerpunkte oder Stichproben erstreckt, handelt es sich wegen der Maßgeblichkeit der Prüfungsanordnung um eine abschließende Prüfung. Wird dagegen bei einer Außenprüfung, die als eingeschränkte angeordnet worden is...