Tz. 12
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Klage ist als außergerichtlicher Rechtsbehelf zu behandeln, wenn die zuständige Behörde nicht oder nicht fristgerecht wirksam ihre Zustimmung erteilt oder das Gericht die Klage nach § 45 Abs. 2 FGO abgibt (§ 45 Abs. 3 FGO; vgl. dazu BFH v. 14.07.2009, VIII R 22/08, BFH/NV 2010, 44). Im erstgenannten Fall kommt einer "Abgabe" der Sache an die Finanzbehörde nur deklaratorische Bedeutung zu, sie kann also formlos erfolgen (BFH v. 27.07.2016, VII B 107/15, BFH/NV 2017, 145). Diese stellt keine beschwerdefähige Entscheidung des FG dar (BFH v. 10.09.1996, II B 78/96, BFH/NV 1997, 56; BFH v. 31.01.2002, VII B 307/01, juris). Eine ohne Zustimmung des FA erhobene Sprungklage ist jedoch dann nicht zur Behandlung als Einspruch an das FA abzugeben, wenn feststeht, dass die Einspruchsfrist ebenso wenig wie die Sprungklagefrist gewahrt ist und keine Wiedereinsetzung in Betracht kommt (FG Ha v. 02.11.1994, V 259/9, EFG 1995, 464; FG Ha v. 04.06.2002, III 16/02, EFG 2002, 1394, 1469). Außerdem kann ein Kläger, der mit seiner Klage geltend macht, einem Einspruch sei nicht durch einen Änderungsbescheid abgeholfen worden, nicht rügen, das FG habe die Klage nicht nach § 45 Abs. 3 FGO an das FA abgegeben; denn seine Klage ist eine Untätigkeitsklage i. S. des § 46 FGO, keinesfalls aber eine Sprungklage (BFH v. 04.08.2005, II B 80/04, BFH/NV 2006, 74). Das Verfahren nach § 45 Abs. 3 FGO ist auch dann ausgeschlossen, wenn eine Einspruchsentscheidung insoweit über den Gegenstand des Einspruchsverfahrens hinausgeht, als darin erstmals ein Verwaltungsakt erlassen wird; es liegt in diesem Fall gleichwohl ein abgeschlossenes Vorverfahren (§ 44 Abs. 1 FGO) vor (BFH v. 04.07.2013, X B 91/13, BFH/NV 2013, 1540; auch s. § 44 FGO Rz. 7).
Tz. 13
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Spricht das Gericht die Rechtsfolge des § 45 Abs. 3 FGO allerdings durch Beschluss aus, so soll dieser anfechtbar sein (st. Rspr. z. B. BFH v. 28.10.1975, VIII R 103/72, BStBl II 1976, 216; BFH v. 18.12.1987, VI B 111/87, BFH/NV 1988, 508; BFH v. 06.12.2002, IV B 144/01, BFH/NV 2003, 629), ein angesichts der Rechtslage bei Abgabe nach § 45 Abs. 2 Satz 2 FGO paradoxes Ergebnis. Es würde der Sache besser entsprechen, in einer "Beschwerde" des Klägers ein Begehren auf Fortsetzung des Klageverfahrens zu sehen. In diesem Fall ist dann die Klage wegen Fehlens der Sachentscheidungsvoraussetzung der Zustimmung der Behörde durch Prozessurteil abzuweisen (so im Ergebnis auch Levedag in Gräber, § 45 FGO Rz. 34; Seer in Tipke/Kruse, § 45 FGO Rz. 12; in diesem Sinne auch BFH v. 06.12.2002, IV B 144/01, BFH/NV 2003, 629). Denn wenn der Kläger auch nach Verweigerung der Zustimmung durch die Finanzbehörde auf der Zulässigkeit seiner Klage beharrt, ist die Klage unzulässig und daher abzuweisen (BFH v. 27.07.2016, VII B 107/15, BFH/NV 2017, 145).
Tz. 13a
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Stimmt das FA einer Sprungklage nicht zu, ist diese gem. § 45 Abs. 3 FGO als Einspruch zu behandeln und damit nicht mehr anhängig gem. § 66 Satz 1 FGO. Die Anhängigkeit wird rückwirkend beseitigt. Entscheidet das FG gleichwohl über die Klage, liegt hierin ein Verstoß gegen § 66 Satz 1 FGO, der im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachten ist (BFH v. 27.05.2009, X R 34/06, BFH/NV 2009, 1826; BFH v. 14.07.2009, VIII R 22/08, BFH/NV 2010, 44).
Tz. 14
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Tritt die Rechtsfolge des § 45 Abs. 3 FGO ein, entstehen keine Gerichtsgebühren (Anl. 1 zu § 11 Abs. 2 GKG a. F. Nr. 3110; Nr. 6110 Anl. 1 zu § 3 Abs. 2 GKG; hierzu s. Vor § 135 FGO Rz. 42). Über die Kosten des finanzgerichtlichen Verfahrens ist nicht zu entscheiden, da die Anhängigkeit rückwirkend entfällt und daher die Klage nie beim FG rechtshängig war (BFH v. 14.07.2009, VIII R 22/08, BFH/NV 2010, 44). Dies gilt auch, wenn sich die Sprungklage durch rechtzeitige Einlegung eines Einspruchs "umwandelt" (BFH v. 08.11.2016, I R 1/15, BStBl II 2017, 720).