Tz. 19

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Als besondere Form der Sachverhaltsermittlung können Finanzbehörden über das BZSt Informationen über Kontendaten abrufen lassen (§ 93 Abs. 7 und 8 AO i. V. m. § 93b AO). Zur einheitlichen Rechtsanwendung hat die FinVerw umfangreiche Regelungen in den AEAO eingefügt (AEAO zu § 93, Nr. 2). Das Abrufverfahren soll den Finanzbehörden und verschiedenen anderen Behörden die Möglichkeit geben, die Existenz von Konten oder Depots festzustellen, die von den Stpfl. verschwiegen wurden. Auf diese Weise soll einem Defizit bei der Besteuerung von Zinseinkünften Rechnung getragen werden. Die Regelung soll den Finanzbehörden "maßvoll" verbesserte Möglichkeiten zur einzelfallbezogenen, bedarfsgerechten und gezielten Überprüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben der Stpfl. eröffnen und damit zum gleichmäßigen Vollzug der Steuergesetze beitragen. Durch das – vermeintlich – erhöhte Entdeckungsrisiko soll eine Steuerhinterziehung vor allem im Bereich der Zinseinkünfte erschwert werden (BT-Drs. 15/1309, 7). Zum Schutz der potenziell Betroffenen beschränkt die FinVerw. ihre Befugnis selbst dahingehend, dass ein Abruf der Kontenstammdaten nur anlassbezogen und zielgerichtet unter Bezugnahme auf eindeutig bestimmte Personen zulässig ist (AEAO zu § 93, Nr. 2.3). In dieser Ausprägung hält das BVerfG den Kontenabruf für verfassungsgemäß (BVerfG v. 22.03.2005, 1 BvR 2357/04, 1 BvQ 2/05, Beil. 3 zu BFH/NV 2005, 251; BVerfG v. 07.05.2008, 2 BvR 2392/07, DStRE 2009, 347; zur Kritik Seer in Tipke/Kruse, § 93 AO Rz. 36).

 

Tz. 20

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Gegenstand des Kontenabrufs sind die von den Kreditinstituten nach § 24c KWG zu führenden Dateien, die diese nach § 93b Abs. 1 AO und § 93 Abs. 1a AO auch für Abrufe nach § 93 Abs. 7 und 8 AO zu führen haben.

 

Tz. 21

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die derzeit geltenden Regelungen des § 93 Abs. 7 und Abs. 8 AO sind seit ihrer Einführung durch das UnternehmenssteuerreformG vom 14.08.2007 wiederholt geändert worden. Sie tragen den Bedenken, die das BVerfG bzgl. der vorhergehenden Regelung des § 93a Abs. 8 AO geäußert hatte (BVerfG v. 13.06.2007, 1 BvR 1550/03 u. a., BStBl II 2007, 896), Rechnung und sind verfassungsgemäß.

§ 93 Abs. 7AO beruht auf der Annahme des Gesetzgebers, dass mit der Einführung einer den Steueranspruch abgeltenden Quellensteuer auf private Zinsen und Veräußerungsgewinne der für die Gleichmäßigkeit der Besteuerung notwendige erhöhte Kontrollbedarf hinsichtlich dieser Einkünfte entfallen ist. Der Abruf nur noch dann zulässig, wenn er für die Durchführung einer gleichmäßigen Besteuerung und in den in Abs. 7 Satz 1 genannten Fällen erforderlich ist. Damit kommt in der Regelung zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, dass ein Vollzugsdefizit für die Besteuerung der dem Quellensteuerabzug unterliegenden Einkünfte nicht mehr besteht.

§ 93 Abs. 8 AO soll der Rspr. des BVerfG Rechnung tragen, indem gesetzlich klargestellt wird, welchen Verwaltungen neben den Finanzbehörden die Möglichkeit des Kontenabrufs eröffnet ist. U. E. ist mit der aktuellen Fassung das Bestimmtheitsgebot und das Gebot der Normklarheit hinreichend beachtet.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Kühn, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?


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