Tz. 4
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Gegenstand der Verzinsung ist der geschuldete Betrag, hinsichtlich dessen die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes oder eines Folgebescheids ausgesetzt oder aufgehoben wurde. Die Rechtsfolge der Verzinsung tritt nicht im Zusammenhang mit der Anfechtung jedes beliebigen auf Geldleistung gerichteten Verwaltungsakts ein, sondern nur soweit sich ein Rechtsbehelf gegen einen Steuerbescheid, eine Steueranmeldung oder einen die Festsetzung einer Steuervergütung aufhebenden oder ändernden Verwaltungsakt richtet (§ 237 Abs. 1 Satz 1 AO).
Tz. 5
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Darüber hinaus ist durch § 237 Abs. 1 Satz 2 AO klargestellt, dass die Verzinsung auch dann erfolgt, wenn nach Anfechtung eines Grundlagenbescheides die Vollziehung eines Folgebescheides ausgesetzt wird; denn die Aussetzung der Vollziehung eines angefochtenen Grundlagenbescheids zieht Aussetzung der Vollziehung der darauf beruhenden Folgebescheide nach sich (§ 361 Abs. 3 Satz 1 AO, § 69 Abs. 2 Satz 4 FGO). Für den Begriff des Grundlagenbescheids ist die Definition in § 171 Abs. 10 AO maßgeblich. Danach sind Grundlagenbescheide nicht nur die gesonderten Feststellungen nach §§ 179ff. AO, sondern auch Verwaltungsakte anderer Behörden, soweit sie für die Besteuerung maßgebend sind, wie z. B. Bescheide des Versorgungsamtes über den Grad der Behinderung.
Tz. 6
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Schließlich behandelt § 237 Abs. 3 AO den Gewerbesteuermessbescheid und den Gewerbesteuerbescheid als Folgebescheide des ESt-, KSt- oder eines Feststellungsbescheids, obwohl im Verhältnis dieser Bescheide eine echte rechtliche Verknüpfung, die sonst zwischen Grundlagen und Folgebescheiden besteht, fehlt. Damit wird zu Recht dem Umstand Rechnung getragen, dass die ertragsteuerlichen Besteuerungsgrundlagen unmittelbar Einfluss auf die Gewerbesteuer haben.
Tz. 7
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Ohne Belang ist, ob der Rechtsbehelf, der zur Aussetzung der Vollziehung geführt hat, im außergerichtlichen Vorverfahren oder im Gerichtsverfahren eingelegt wurde. Insoweit unterscheidet sich die Vorschrift von § 236 AO zum Nachteil des Pflichtigen. Ist ausnahmsweise allein eine Einspruchsentscheidung Gegenstand einer Anfechtungsklage und wird mit Rücksicht auf diese Klage die Vollziehung eines der in § 237 Abs. 1 Satz 1 AO genannten Verwaltungsakte ausgesetzt, so werden ebenfalls Zinsen unter den übrigen Voraussetzungen (s. Rz. 10) geschuldet.
Tz. 8
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Wird ein Verwaltungsakt angefochten, der einen Vergütungsbescheid aufhebt oder ändert (teilweise aufhebt), und wird die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts ausgesetzt, so wird durch diese Aussetzung der Vollziehung die Wirkung des ursprünglichen Vergütungsbescheids wieder hergestellt. Dies bedeutet, dass, solange die Aussetzung der Vollziehung andauert, die Entrichtung des Vergütungsbetrags, der aufgrund des ursprünglichen Vergütungsbescheids an den Vergütungsgläubiger geschuldet wurde, nicht ohne rechtlichen Grund erfolgt ist. Bleibt der gegen den die Vergütung herabsetzenden bzw. den ursprünglichen Vergütungsbescheid aufhebenden Verwaltungsakt eingelegte Rechtsbehelf i. S. des § 237 Abs. 1 Satz 1 AO ohne Erfolg, so bedeutet die Vollziehung des nunmehr unanfechtbaren Bescheids, dass der Steuerpflichtige keinen oder nur einen geringeren Vergütungsanspruch hat. Erst hierdurch entsteht im vorliegenden Fall ein Erstattungsanspruch der Finanzbehörde hinsichtlich des überbezahlten Vergütungsbetrags, weil in Höhe der Überzahlung gem. § 37 Abs. 2 AO der rechtliche Grund für die Zahlung (ursprünglicher Vergütungsbescheid) weggefallen ist. Dieser Tatbestand, der Wegfall des rechtlichen Grunds für die Zahlung, bringt i. S. des § 38 AO den Erstattungsanspruch zur Entstehung. Dieser Anspruch ist jedoch nicht Gegenstand des Rechtsbehelfsverfahrens. Wegen seines inneren Zusammenhangs mit dem angefochtenen Verwaltungsakt lässt § 237 Abs. 1 Satz 1 AO trotzdem die Zinspflicht eintreten, obwohl aufgrund des angefochtenen Verwaltungsakts selbst kein Betrag geschuldet wird. § 237 Abs. 1 Satz 1 AO ist insoweit daher eine lediglich unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu rechtfertigende Folge einer vereinfachten Betrachtungsweise.
Tz. 9
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Zu einer gleichartigen Tatbestandsverwirklichung i. S. des § 37 Abs. 2 AO führt auch die Aufhebung oder Änderung der Festsetzung einer "negativen Steuerschuld" bei der Umsatzsteuer (Überschuss der Vorsteuerabzugsbeträge). Eine Verminderung der negativen Steuerschuld durch Änderungsbescheid bringt selbst nicht den Erstattungsanspruch der Finanzbehörde zur Entstehung, sondern bewirkt lediglich, dass i. S. des § 37 Abs. 2 AO der rechtliche Grund für die bisherige Auszahlung ggf. wegfällt und hierdurch ein neuer, selbstständiger Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis, der Erstattungsanspruch gem. § 37 Abs. 2 AO, entsteht.