Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Der Anwendungsbereich der AO erstreckt sich nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AO auf Steuern, einschließlich Steuervergütungen sowie Steuererstattungen (§ 37 Abs. 1 AO).
Tz. 4
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Während § 3 Abs. 1 AO den Begriff der Steuer gesetzlich definiert, enthält das Gesetz keine Definition für Steuervergütungen. Es handelt sich dabei um Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 Abs. 1 AO), die auf die Rückgewähr zu Recht entrichteter Steuern gerichtet sind, um entweder eine Steuerbelastung bei Überwälzung auf den Stpfl. zu beseitigen (z. B. Vorsteuerabzug gem. § 15 UStG, Steuerentlastung gem. §§ 45ff. EnergieStG, Erlass oder Erstattung gem. § 32 TabStG) oder eine Steuerbelastung bei Mehrfachbelastung zu beseitigen (vgl. hierzu Seer in Tipke/Lang, § 6 Rz. 86 f.). Steuervergütungen fallen allerdings nur dann in den Anwendungsbereich der AO, wenn sie sich auf Steuern beziehen, die ihrerseits nach § 1 Abs. 1 AO vom Anwendungsbereich der AO erfasst werden.
Tz. 5
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Das einkommensteuerliche Kindergeld (§§ 62ff. EStG) wird als Steuervergütung gezahlt (§ 31 Satz 3 EStG). Zwar passt der vom Gesetz verwendete Begriff "Steuervergütung" (s. Rz. 4) nicht (vgl. Musil in HHSp, § 1 AO Rz. 21). Da es vom Gesetzgeber aber ausdrücklich so bezeichnet sowie durch Bundes- und Landesfinanzbehörden (Familienkasse und FA) verwaltet wird, findet die AO gleichwohl Anwendung (z. B. BFH v. 16.10.2008, III B 126/08, juris; BFH v. 06.03.2013, III B 113/12, BFH/NV 2013, 976; BFH v. 08.08.2013, VI R 76/12, BStBl II 2014, 36; BFH v. 11.12.2013, XI R 42/11, BFH/NV 2014, 954). Als Familienkassen fungieren die bisherigen Kindergeldkassen der Bundesagentur für Arbeit, die nach § 6 Abs. 2 Nr. 6 AO, § 5 Abs. 1 Nr. 11 Satz 10 FVG als Bundesfinanzbehörde gelten und der Fachaufsicht des BZSt unterstehen. Das Zusammenwirken des BZSt und der Landesfinanzämter bei der Durchführung des Familienleistungsausgleichs ist durch die Art. 108 Abs. 4 Satz 1 GG gedeckt (FG RP v. 31.07.1996, 1 K 1686/96, EFG 1997, 367).
Tz. 6
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Steuererstattungen sind Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 Abs. 1 AO), die durch die rechtsgrundlose Zahlung bzw. Rückzahlung einer Steuer, Steuervergütung (s. Rz. 4) eines Haftungsbetrags oder einer steuerlichen Nebenleistung (s. Rz. 24) entstehen (§ 37 Abs. 2 Satz 1 AO; s. § 37 AO Rz. 6). Sie fallen in den Anwendungsbereich der AO, soweit sie sich auf Steuern usw. beziehen, die ihrerseits von § 1 AO erfasst sind.
Tz. 7
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die AO gilt grundsätzlich nicht für sonstige öffentlich-rechtliche Abgaben, Subventionen, Prämien und Zulagen, da es sich dabei nicht um Steuern oder Steuervergütungen (s. Rz. 4) handelt. Die AO ist in diesen Fällen aber anwendbar, soweit die einschlägigen Gesetze eine entsprechende ausdrückliche Anordnung enthalten (z. B. in den InvZulG, etwa § 14 Satz 1 InvZulG 2010, § 8 Abs. 1 und Abs. 2 WoPG, § 14 Abs. 2 5. VermBG, § 96 Abs. 1 EStG für die Altersvorsorgezulage; s. Rz. 33). Einen partiellen Verweis auf die AO enthält § 159 StBerG hinsichtlich der Zwangsmittel (§§ 328ff. AO). Darüber hinaus gilt die AO auch für Angelegenheiten, die nicht unmittelbar der Besteuerung dienen, aber aufgrund der Verwaltungskompetenz für diese Steuern in den Zuständigkeitsbereich der Finanzbehörde fallen (vgl. Art. 108 Abs. 1 und Abs. 2 GG, §§ 5, 8 f., 12 Abs. 2, 17 Abs. 2 FVG), z. B. bei Erteilung von Bescheinigungen in Steuersachen und die Ausstellung von Einkommensbescheinigungen für nicht steuerliche Zwecke (AEAO zu § 1 Nr. 4).
Tz. 8
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Soweit Finanzbehörden nicht im Rahmen ihrer Zuständigkeit (s. Rz. 7) als solche, sondern wie allgemeine Verwaltungsbehörden tätig werden, gilt die AO nicht. Dies ist z. B. der Fall bei der Ausübung des öffentlich-rechtlichen Hausrechts durch den Behördenleiter (FG Münster v. 30.08.2010, 14 K 3004/10, EFG 2011, 351; vgl. auch OVG Münster v. 11.02.1998, 25 E 960/97, NVwZ-RR 1998, 595; dazu auch s. § 33 FGO Rz. 3).