Tz. 4

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Nach § 99 Abs. 1 Satz 2 AO sollen die betroffenen Personen angemessene Zeit vorher benachrichtigt werden. Damit wird sichergestellt, dass die betroffenen Personen anwesend sein können, wenn sie es wünschen. Die Zulässigkeit des Betretens ist jedoch nicht von der Anwesenheit der betroffenen Personen abhängig, auch wenn in der Praxis jedenfalls bei verschlossenen Räumen die Zugangsmöglichkeit wohl vor allem durch die betroffenen Personen ermöglicht wird. Angemessen ist ein Zeitraum, der es den Betroffenen normalerweise erlaubt, die notwendigen Dispositionen zu treffen bzw. bei nicht behebbaren Hindernissen unter Angabe der Gründe die Bestimmung eines anderen Termins anzuregen. Die vorherige Benachrichtigung kann entsprechend § 197 Abs. 1 Satz 1 AO unterbleiben, wenn der Zweck der Augenscheinseinnahme dadurch gefährdet wird. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn hinsichtlich des "häuslichen Arbeitszimmers" Feststellungen getroffen werden sollen und die Gefahr besteht, dass der Stpfl. den Ankündigungszeitraum nutzt, um das Zimmer entsprechend den Anforderungen der FinVerw. und der Rspr. anzupassen. Dementsprechend ziehen die Finanzbehörden in der Regel negative Schlussfolgerungen, wenn ein Stpfl. eine Augenscheineinnahme des Arbeitszimmers verweigert. Dies ist zulässig, da den Stpfl. die Feststellungslast dafür trifft, dass die Abzugsvoraussetzungen erfüllt sind. Allerdings darf der Stpfl. das Betreten verweigern, wenn es zur "Unzeit" erfolgt. Dies ist nicht schon deshalb der Fall, wenn der Besuch in den frühen Abendstunden und damit zu einer Zeit erfolgt, zu der das Arbeitszimmer typischerweise genutzt wird.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Kühn, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?


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