Tz. 5
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Der Inhalt des Verweigerungsrechts orientiert sich grundsätzlich an dem spezifischen Charakter der entsprechenden beruflichen Tätigkeit. In jedem Fall können die Berufsträger bzw. Parlamentsangehörigen die Auskunft über das verweigern, was ihnen in ihrer beruflichen oder parlamentarischen Eigenschaft anvertraut oder zwangsläufig bekannt geworden bzw. mitgeteilt worden ist. Das gilt grds. auch für die Identität des Mandanten und die Tatsachen seiner Beratung (BFH v. 08.04.2008, VIII R 61/06, BStBl II 2009, 579). Anvertraut ist alles, an dessen Geheimhaltung der Klient (Patient usw.) offenbar interessiert ist, auch wenn er das nicht ausdrücklich geäußert hat. Darüber hinaus fällt unter das Verweigerungsrecht der Geistlichen, Verteidiger, Ärzte, Zahnärzte, Apotheker, Hebammen und der rechts-, steuer- und wirtschaftsberatenden Berufe (§ 102 Abs. 1 Nr. 1 und 3 AO) auch das, was diesen Personen in ihrer besonderen Eigenschaft bekannt geworden ist. Es wird also nicht gefordert, dass die in Rede stehenden Tatsachen und Verhältnisse besonders anvertraut sein müssen; es reicht aus, wenn die Kenntnis "bei Gelegenheit" erlangt wird. Ungeachtet dessen muss die Kenntnis im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit stehen, erforderlich ist also ein Bezug zu dem Mandatsverhältnis. Geschützt sind dabei auch die im Rahmen der Anbahnung eines Mandatsverhältnisses erlangten Erkenntnisse, also auch wenn es nicht zu einer Beauftragung kommt (BFH v. 29.09.2017, XI R 15/15, BStBl II 2018, 155). Den Zusammenhang mit dem Mandatsverhältnis muss der Berufsträger substantiiert vortragen und glaubhaft machen und erforderlichenfalls an Eides statt versichern (BFH v. 18.08.2010, I B 110/10, BFH/NV 2011, 5). Nicht vom Auskunftsverweigerungsrecht erfasst sind danach Vorgänge, die in privater Eigenschaft bekannt geworden sind oder wo in anderer Weise der Bezug zur beruflichen Tätigkeit fehlt (BFH v. 28.10.2009, VIII R 78/05, BStBl II 2010, 455). Dies wird im Einzelfall nicht immer einfach festzustellen sein.
Das Auskunftsverweigerungsrecht der Parlamentsmitglieder des Bundes, der Länder sowie einer zweiten Kammer schließt auch die Identität der Personen ein, die ihnen in ihrer Eigenschaft als Mitglieder der gesetzgebenden Körperschaften oder denen sie in dieser Eigenschaft Tatsachen anvertraut haben. Damit wird sichergestellt, dass die parlamentarische Arbeit mit der erforderlichen Vertrauensbasis ausgestattet ist.
Tz. 6
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Das in § 102 Abs. 1 Nr. 4 AO normierte Verweigerungsrecht im Pressebereich soll die notwendigen Recherchen erheblich erleichtern und Verfasser, Informanten und sonstige Gewährsleute von der Befürchtung befreien, wegen ihres Beitrags Nachteile erleiden zu müssen. Soweit selbstrecherchierte Tatsachen in einem untrennbaren Zusammenhang mit einer ihm erteilten Information stehen und bei ihrer Bekanntgabe eine Enttarnung des Informanten möglich ist, braucht ein Journalist sie nicht zu offenbaren, denn das Zeugnisverweigerungsrecht erstreckt sich auch auf diejenigen Umstände, die mittelbar zur Enttarnung des Informanten führen können. Durch die Regelung wird den betroffenen Institutionen von Presse und Rundfunk eine erhebliche Verantwortung auferlegt, sich der ihnen eingeräumten Möglichkeiten bewusst zu sein, entsprechende Zurückhaltung zu üben und Missbräuche einzudämmen. Dass das gewährte Verweigerungsrecht nicht zur Steuerumgehung verhelfen darf, wird dadurch klargestellt, dass nach dem letzten Halbsatz von § 102 Abs. 1 Nr. 4 AO die Verpflichtung, insbes. die Empfänger von Zuwendungen aller Art zu benennen, wenn sie steuerlich berücksichtigt werden sollen (§ 160 AO), unberührt bleibt (auch BFH v. 15.11.1998, IV R 81/96, BStBl II 1998, 263). Dies kann dazu führen, dass Aufwendungen im Zusammenhang mit den Recherchen nicht als WK/BA abgezogen werden können, wenn z. B. ein Informant nicht genannt wird.
Tz. 7
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Auskunftsverweigerungsrechte beinhalten nach § 104 Abs. 1 AO auch das Recht, die Erstattung eines Gutachtens und die Vorlage von Urkunden oder Wertsachen zu verweigern. So steht z. B. einem Arzt das Recht zu, Einsicht in die Patientenkartei zu verweigern, soweit sie Eintragungen enthält, hinsichtlich derer die Auskunft verweigert werden kann.