Tz. 4
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 87 Abs. 3 und 4 AO behandeln den Einfluss fremdsprachlicher Anträge, Anzeigen oder Willenserklärungen auf den Beginn bzw. Lauf von Fristen. Soll durch das fremdsprachliche Vorbringen ein fristgebundenes Tätigwerden der Finanzbehörde ausgelöst werden, beginnt der Lauf der Frist nach § 87 Abs. 3 AO erst mit dem Zeitpunkt, in dem der Finanzbehörde eine Übersetzung vorliegt. Die Vorschrift ist in der Praxis nahezu ohne Bedeutung.
Tz. 5
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Soll die fremdsprachliche Erklärung zugunsten eines Beteiligten eine Frist gegenüber der Finanzbehörde wahren (z. B. Rechtsbehelfsfrist, Ausschlussfristen), einen öffentlich-rechtlichen Anspruch geltend machen oder eine Leistung begehren, so ist nach § 87 Abs. 4 Satz 1 AO grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Eingangs der fremdsprachlichen Erklärung (Anzeige, Antrag, sonstige Willenserklärung) bei der Finanzbehörde abzustellen. Voraussetzung ist aber, dass der Beteiligte dem Verlangen der Finanzbehörde auf Vorlage einer Übersetzung innerhalb einer von der Behörde zu setzenden angemessenen Frist nachkommt. Denn nur dann greift die gesetzliche Fiktion. Fehlt es an einem Verlangen der Finanzbehörde, ist der Zeitpunkt des Eingangs der Übersetzung maßgebend, soweit sich nicht aus zwischenstaatlichen Vereinbarungen etwas anderes ergibt (§ 87 Abs. 4 Satz 2 AO). Während die von der Finanzbehörde gesetzte Frist gem. § 109 Abs. 1 AO verlängert werden kann, ist hinsichtlich der durch die Erklärung usw. zu wahrenden Frist nach deren Ablauf wegen nicht fristgerechter Vorlage der Übersetzung vor ihrem Ablauf allenfalls Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unter den Voraussetzungen des § 110 Abs. 1 AO möglich. Dabei können Sprachschwierigkeiten ausnahmsweise als Wiedereinsetzungsgrund in Betracht kommen (BFH v. 21.05.1997, VII S 37/96, BFH/NV 1997, 634; BFH v. 17.03.2010, X B 114/09, BFH/NV 2010, 1239; FG Bre v. 28.11.2016, 3 K 52/16 (1), ECLI:DE:FGHB:2016:1128.3K52.16.1.0A; s. § 110 AO Rz. 25).
Tz. 6
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Auf die Rechtsfolge der verspäteten Vorlage der (angeforderten) Übersetzung muss der Betroffene nach § 87 Abs. 4 Satz 3 AO hingewiesen werden. Wurde dieser Hinweis unterlassen, kann die Fristversäumnis als unverschuldet anzusehen sein, sodass auch insoweit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 110 Abs. 1 AO zu gewähren sein kann.
Zur Buchführung in fremder Sprache s. § 146 Abs. 3 AO.