Tz. 6
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 117 Abs. 4 AO betrifft die Durchführung der Rechts- und Amtshilfe durch die deutschen Finanzbehörden. Entsprechend § 114 AO richtet sich diese nach dem für die ersuchte Behörde geltenden Recht. Es wird klargestellt, dass dabei von dem Steuerbegriff i. S. des § 3 Abs. 1 AO ausgehend die Befugnisse der Finanzbehörden sowie die Rechte und Pflichten der Beteiligten und anderen Personen nach den für Steuern geltenden Vorschriften zu beurteilen sind. So ist das Recht zur Verweigerung von Auskünften oder Vorlage von Urkunden und Wertsachen ausschließlich nach den §§ 101ff. AO gegeben. Auch die Verantwortung für die Durchführung der Amtshilfe liegt bei der deutschen Finanzbehörde (§ 117 Abs. 4 Satz 2 AO i. V. m. § 114 Abs. 2 Satz 2 AO).
Tz. 7
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Bevor die Finanzbehörde einem Amtshilfeersuchen nachkommt, ist sie grds. zur Anhörung des Betroffenen verpflichtet. Dies stellt der Verweis in § 117 Abs. 4 Satz 3 AO auf eine entsprechende Anwendung des § 91 AO klar. Im Zuständigkeitsbereich der Landesfinanzbehörden wird die Sollvorschrift des § 91 AO durch eine Mussvorschrift ersetzt, die Anhörung des betroffenen Beteiligten "hat" zu erfolgen. Eine Anhörung ist aber entbehrlich, wenn die Umsatzsteuer betroffen ist, der Informationsaustausch auf der Grundlage des EUAHiG erfolgt oder einer der Ausnahmetatbestände des § 91 Abs. 2 und 3 AO erfüllt ist.
Ob und in welchem Umfang dem Auskunftsersuchen entsprochen wird, ist durch die deutsche Finanzbehörde im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung zu prüfen. Soweit in DBA oder nach den Regelungen des EUAHiG (§ 4 Abs. 1) die Amtshilfe von der "voraussichtlichen Erheblichkeit" für die Steuerfestsetzung abhängig gemacht wird, ist dies bereits auf der Tatbestandsebene – mithin vor der Ermessensausübung – zu prüfen. Insoweit steht der Behörde ein Beurteilungsspielraum zu. Allerdings ist er stark eingeschränkt. Es reicht aus, wenn aus Sicht des ersuchenden Staates eine steuerliche Erheblichkeit bei vernünftiger Betrachtungsweise möglich erscheint. Ein Informationsaustausch soll also möglichst umfänglich möglich sein. Eine Einschränkung ist nur insoweit geboten, als es den Mitgliedsstaaten nicht gestattet ist, sich an Beweisausforschungen ("Fishing Expeditions") zu beteiligen oder Informationen zu erlangen, bei denen es unwahrscheinlich ist, dass sie für die Steuerangelegenheiten eines bestimmten Steuerpflichtigen erheblich sein können (EUGH v. 15.05.2017, C-682/15, ECLI:EU:C:2017:373; FG Köln v. 30.06.2017, 2 V 687/17, EFG 2017, 1568 m. w. N.). Auf der Rechtsfolgenebene ist bei der Ermessensausübung vor allem die Verhältnismäßigkeit des Ersuchens zu prüfen.