Tz. 23

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Nach § 191 Abs. 5 Satz 1 AO kann ein Haftungsbescheid nicht mehr ergehen, soweit die in § 191 Abs. 5 Nr. 1 und 2 AO genannten Voraussetzungen vorliegen. Die Regelung beruht auf der Akzessorietät der Haftung gegenüber dem Primäranspruch und gibt daher nur Selbstverständliches wieder. Die Aufzählung ist auch nicht erschöpfend. Allgemein muss gelten, dass ein Haftungsbescheid nicht mehr ergehen kann, wenn der Anspruch, für den gehaftet werden soll, bereits erloschen ist (s. § 47 AO), sei es wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist vor der Festsetzung des Anspruchs (s. § 191 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 AO), sei es wegen Ablaufs der Zahlungsverjährungsfrist oder aufgrund eines Billigkeitserlasses (s. § 191 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 AO; zur Haftung für Säumniszuschläge, die wegen Überschuldung des Steuerpflichtigen zu erlassen sind BFH v. 19.12.2000, VII R 63/99, BStBl II 2001, 217; BFH v. 17.10.2001, II R 67/98, BFH/NV 2002, 610), sei es aber auch wegen Zahlung oder Aufrechnung usw. Entfallen die einem Haftungsbescheid zugrunde liegenden Steueransprüche nach Erlass eines (angefochtenen) Haftungsbescheids, so erledigt sich hierdurch das hinsichtlich des Haftungsbescheids anhängige Einspruchsverfahren nicht in der Hauptsache; vielmehr muss der Haftungsbescheid aufgehoben bzw. die Haftungsforderung herabgesetzt werden (BFH v. 18.05.1983, I R 193/79; BStBl II 1983, 544; BFH v. 10.03.2005, VII B 307/04, BFH/NV 2005, 1474; s. AEAO zu § 191, Nr. 4). Erlischt die Erstschuld erst im Klageverfahren, ist im Zweifelfall ein Abrechnungsbescheid nach § 218 Abs. 2 AO erforderlich (BFH v. 17.10.1980, VI R 136/77, BStBl II 1981, 138). Der Eintritt der Zahlungsverjährung hinsichtlich der Erstschuld nach Erlass des Haftungsbescheids, führt nicht auch zum Wegfall der Haftungsschuld (s. § 191 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 AO), der Bescheid bleibt rechtmäßig (BFH v. 11.07.2001, VII R 28/99, BStBl II 2002, 267; BFH v. 29.11.2006, I R 103/05, BFH/NV 2007, 1067). Die Primärforderung und die Haftung unterliegen jeweils einer eigenständigen Zahlungsverjährung.

 

Tz. 24

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Nach § 191 Abs. 5 Satz 2 AO gilt dies jedoch nicht, wenn die Haftung darauf beruht, dass der Haftungsschuldner Steuerhinterziehung (s. § 370 AO) oder Steuerhehlerei (s. § 374 AO) begangen hat. Hier wird im Hinblick auf die Schädigung des Steueraufkommens durch ein strafbares Verhalten des Haftenden der Grundsatz der Akzessorietät des Haftungsanspruchs durchbrochen.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Kühn, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?


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