1. Allgemeines
Tz. 14
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a bis d AO behandeln die Aufhebung oder Änderung von unter die Vorschrift fallenden Steuerbescheiden und ihnen gleichgestellten Bescheiden, die andere Steuern als Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben i. S. des Art. 5 Nr. 20 und 21 UZK oder Verbrauchsteuern betreffen.
Tz. 15
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ist dem Wortlaut nach eine Ermessensnorm (§ 5 AO). Jedoch schränken die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit und Gleichmäßigkeit der Besteuerung nach § 85 AO die Ermessenerwägungen mit der Folge ein, dass die Rechtswidrigkeit des Steuerbescheids durch dessen Aufhebung oder Änderung beseitigt werden muss (Ermessensreduzierung auf null). Damit ist eine Aufhebung oder Änderung regelmäßig zwingend, wenn der Tatbestand der Korrekturvorschrift erfüllt ist (BFH v. 11.10.2017, IX R 2/17, BFH/NV 2018, 322 m. w. N.). Soweit § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d AO auf andere gesetzliche Änderungsvorschriften verweist, ist zu beachten, dass in diesen Fällen die Aufhebung oder Änderung nicht im pflichtgemäßen Ermessen der Finanzbehörde steht. Denn insoweit steht der Wortlaut einiger Änderungsvorschriften, wie bspw. §§ 173 Abs. 1, 174 Abs. 1 und 2 AO, entgegen (von Wedelstädt in Gosch, § 172 AO Rz. 129).
2. Zustimmung oder Antrag (§ 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO)
Tz. 16
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Nach § 172 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO ist die Aufhebung oder Änderung entsprechender Bescheide zulässig (sog. schlichte Änderung), falls der Stpfl. zustimmt oder soweit einem Antrag des Stpfl. der Sache nach entsprochen wird. Ist jedoch der Bescheid bereits unanfechtbar geworden, so gilt dies nur zuungunsten des Stpfl. Über § 172 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO kann daher nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist die formelle Bestandskraft eines Steuerbescheids nicht auf die Weise durchbrochen werden, dass dem Bescheid auf Antrag des Stpfl. ein Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO) nachträglich beigefügt wird, wenn damit die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Änderung des Bescheids zugunsten des Stpfl. unterlaufen würden (BFH v. 24.02.2010, VIII B 208/09, BFH/NV 2010, 1080; FG Münster v. 25.02.2014, 9 K 840/12 K,F, EFG 2014, 1155). Die Vorschrift eröffnet allgemein die Möglichkeit der einvernehmlichen Änderung von Steuerbescheiden.
a) Zustimmung
Tz. 17
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Zustimmung des Stpfl. bedeutet die Einverständniserklärung des Stpfl. mit einer von der Finanzbehörde beabsichtigten Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids. Sie ist formfrei, d. h. sie kann schriftlich, mündlich oder auch durch konkludentes Verhalten erteilt werden (AEAO zu § 172 AO, Nr. 2). So kann die Rücknahme eines Rechtsbehelfs Zustimmung zum Erlass eines Änderungsbescheids sein. Unklarheiten können ggf. durch Auslegung beseitigt werden (BFH v. 07.11.2001, XI R 14/00, BFH/NV 2002, 745). An eine Zustimmung sind nicht die formalen Voraussetzungen zu stellen wie an eine tatsächliche Verständigung (BFH v. 27.04.2005, X B 145/04, BFH/NV 2005, 1494). Die Zustimmung kann auch nachträglich in der Form einer Genehmigung erklärt werden. Insoweit wird der zunächst bestehende Fehler nach § 126 Abs. 1 Nr. 1 AO geheilt. Dies gilt zugunsten des Stpfl. nur innerhalb der Einspruchsfrist (von Wedelstädt in Gosch, § 172 AO Rz. 134; Koenig in Koenig, § 172 AO Rz. 23). Die Zustimmung unterliegt der freien Willensentscheidung des Stpfl. Die Verweigerung der Zustimmung kann jedoch gegen Treu und Glauben verstoßen und infolgedessen unbeachtlich sein (BFH v. 03.12.1998, V R 29/98, BStBl II 1999, 158; BFH v. 03.03.2011, III R 45/08, BStBl II 2011, 673). Dies ist dann der Fall, wenn der Stpfl. zunächst eine ihn begünstigende Regelung durch Aufhebung oder Änderung einer Steuerfestsetzung erwirkt, der folgerichtigen Änderung einer anderen Steuerfestsetzung aber nicht zustimmt und sich dadurch in Widerspruch zu seinem früheren Verhalten setzt (dazu auch BFH v. 05.11.2009, IV R 40/07, BStBl II 2010, 720; von Wedelstädt in Bartone/von Wedelstädt, Rz. 731; s. § 174 AO Rz. 55).
Tz. 18
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Ein vom Stpfl. gestellter Einspruchs- oder Klageantrag ist grundsätzlich als konkludente Zustimmung zur Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung auszulegen. Dies ergibt sich aufgrund des Gesetzeswortlautes, der eine Änderung zugunsten des Stpfl. zur Abhilfe eines Einspruchs oder einer Klage ausdrücklich zulässt (von Wedelstädt in Gosch, § 172 AO Rz. 172). Nimmt der Stpfl. seine Klage zurück, weil die Finanzbehörde ihm zusagt, eine Korrektur des Steuerbescheids vorzunehmen, ist hierin eine Zustimmung zu sehen.
Tz. 19
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Zustimmen zur Korrektur eines Steuerbescheids muss der Inhaltsadressat des Steuerbescheids. Zum Begriff des Inhaltsadressaten s. § 122 AO Rz. 8. Richtet sich der Steuerbescheid gegen mehrere Personen, ist eine Änderung oder Aufhebung nur bei Zustimmung aller zulässig. Nicht betroffen sind nach § 352 AO, § 48 FGO nicht rechtsbehelfsbefugte Personen.
Tz. 20
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Ob die erteilt...