Tz. 66
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Grundlagenbescheide werden durch Übernahme ihrer Feststellungen in den Folgebescheid vollzogen. Dies hätte die denkbare verfahrensrechtliche Konsequenz, dass Folgebescheide nach AdV des Grundlagenbescheides nicht mehr erlassen werden dürften. Der Gesetzgeber hat jedoch ausdrücklich bestimmt, dass der Erlass eines Folgebescheides auch nach AdV des Grundlagenbescheides noch zulässig ist (§ 361 Abs. 3 Satz 2 AO). Seine Wirkung wird jedoch dadurch begrenzt, dass die Vollziehung eines Folgebescheides immer auch dann auszusetzen ist, wenn ein Grundlagenbescheid ausgesetzt wird (§ 361 Abs. 3 Satz 1 AO). Damit wird eine Aussetzungsverpflichtung für die Finanzbehörde begründet, die für den Erlass des Folgebescheides zuständig ist (Birkenfeld in HHSp, § 361 AO Rz. 437).
Tz. 67
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die AdV des Grundlagenbescheides ist unter den gleichen Voraussetzungen möglich, wie die aller übrigen Steuerverwaltungsakte. Erforderlich ist die Vollziehbarkeit des Bescheides, ein schwebendes Einspruchsverfahren und das Vorliegen zumindest einer der besonderen Aussetzungsgründe.
Tz. 68
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Wird die Vollziehung des Grundlagenbescheides ausgesetzt, muss die Finanzbehörde nunmehr von Amts wegen auch die Vollziehung des Folgebescheides aussetzen (§ 361 Abs. 3 Satz 1 AO). Dabei braucht der Folgebescheid nicht mehr isoliert angefochten werden. Vielmehr ist er sogar dann auszusetzen, wenn er bereits bestandskräftig ist. Dies beruht auf der Regelung des § 351 Abs. 2 AO, wonach der Einspruch gegen den Folgebescheid mit Einwendungen gegen den Grundlagenbescheid unzulässig ist. Der Steuerpflichtige ist also gezwungen, seinen Antrag auf AdV insoweit gegen den Grundlagenbescheid zu richten (BFH v. 13.12.1985, III B 84/85, BFH/NV 1986, 576). Die Aussetzung der Vollziehung des Folgebescheides erfolgt jedoch nur so weit, als die Regelungen des ausgesetzten Grundlagenbescheides reichen. Darüber hinaus bleibt der Folgebescheid vollziehbar, bzw. müsste ein gesonderter, allein den Folgebescheid betreffender AdV-Antrag bei dem hierfür zuständigen Finanzamt gestellt werden. Die Aussetzung des Folgebescheides endet nicht automatisch mit dem Ablauf der AdV des Grundlagenbescheides, kann aber an diese im Wege einer auflösenden Bedingung gekoppelt werden.
Tz. 69
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit von Gewinnfeststellungsbescheiden kann eine AdV erfolgen. Gleiches gilt nunmehr auch für Verlustfeststellungsbescheide, wenn der Antragsteller die Feststellung eines höheren Verlustes begehrt (BFH v. 22.10.1980, I S 1/80, BStBl II 1981, 99; Birkenfeld in HHSp, § 361 AO Rz. 446 m. w. N.; zur früheren Rspr.: BFH v. 10.08.1978, IV B 41/77, BStBl II 1978, 584). Auch Verluste, deren Feststellung die Finanzbehörde abgelehnt hat, können im Gegensatz zu den übrigen Ablehnungsentscheidungen vorläufig durch AdV des negativen Feststellungsbescheides berücksichtigt werden (Rz. 13 m. w. N.). Gleiches gilt für die Ablehnung einer Mitunternehmerschaft, wobei die Finanzbehörde es ablehnt, Gewinne oder Verluste auf weitere Personen aufzuteilen, die geltend machen, Mitunternehmer zu sein (ausführlich Birkenfeld in HHSp, § 361 AO Rz. 456).
Tz. 70
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Ergeht aber der Folgebescheid, ohne dass bislang der Grundlagenbescheid erlassen wurde, ist eine AdV des Folgebescheides nach § 361 Abs. 2 AO möglich. Über das Aussetzungsbegehren wird vor Erlass des Grundlagenbescheides entschieden. Im Übrigen müssen die Voraussetzungen einer AdV vorliegen, insbes. muss der Folgebescheid angefochten sein. Die Finanzbehörde, die den Folgebescheid erlässt, kann darüber hinaus eine eigene Aussetzungsentscheidung nach § 361 Abs. 2 AO treffen, wenn der Antragsteller geltend macht, der Grundlagenbescheid sei unwirksam und daher nicht nach § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO für den Folgebescheid verbindlich (BFH v. 15.04.1988, III R 26/85, BStBl II 1988, 660).
Tz. 71
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 361 Abs. 1 und 3 AO gelten auch für Realsteuerbescheide. Ein Gewerbesteuermessbescheid ist Grundlagenbescheid im Verhältnis zum Gewerbesteuerbescheid. Bei AdV des Messbescheids muss die hebeberechtigte Gemeinde auch den Folgebescheid in der Vollziehung aussetzen.
Tz. 72
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
vorläufig frei