Karl Blesinger, Dr. Andreas Viertelhausen
Schützeberg, Die Schätzung im Besteuerungs- und im Strafverfahren, StBp 2009, 33;
Rübenstahl/Zinser, Die "Schwarzlohnabrede" – Lohnsteuerhinterziehung, Strafzumessung und obiter dicta, NJW 2011, 2481.
Tz. 31
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Soweit die Steuer festgesetzt wird, kommt es darauf an, ob die Steuer niedriger festgesetzt wird, als die, die tatsächlich kraft Tatbestandsverwirklichung geschuldet wird (s. § 38 AO). Die Ist-Steuer ist niedriger als die Soll-Steuer und in der Differenz liegt die Verkürzung.
Tz. 32
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Soweit es für das Vorliegen einer Verkürzung auf die Festsetzung der Steuer ankommt, macht es grundsätzlich keinen Unterschied, ob diese vorläufig, unter Vorbehalt der Nachprüfung oder endgültig erfolgt (BGH v. 31.01.1984, 5 StR 706/83, wistra 1984, 182). Der Unterschied betrifft nur die Tragweite der Tat bzw. die zeitliche Dauer des bewirkten Verkürzungserfolges. Für die Frage der Strafzumessung ist bedeutsam, ob der Täter den Taterfolg auf Dauer oder auf Zeit anstrebte (s. Rz. 39 f.). Auch die bloße Möglichkeit der Rücknahme einer i. S. des § 14c Abs. 2 UStG (s. § 14 Abs. 3 UStG a. F.) zu Unrecht herausgegebenen Rechnung lässt die Steuerschuld des Rechnungserstellers nicht entfallen (BGH v. 20.02.2001, 5 StR 544/00, wistra 2001, 220; BGH v. 11.07.2002, 5 StR 516/01, wistra 2002, 384). Der Verkürzungserfolg beim Einsatz von Scheinrechnungen zum Zweck des Vorsteuerabzugs entfällt auch nicht deswegen, weil der Rechnungsaussteller die nach § 14c Abs. 2 UStG (§ 14 Abs. 3 UStG a. F.) geschuldete Steuer an das FA abgeführt hat (BGH v. 20.03.2002, 5 StR 448/01, NJW 2002, 1963). Des Weiteren entfällt der Erfolg der Verkürzung der Einfuhrumsatzsteuer nicht deswegen, weil der Täter bei ordnungsgemäßer Entrichtung der Einfuhrumsatzsteuer nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG zum Vorsteuerabzug berechtigt gewesen wäre (BGH v. 04.09.2013, 1 StR 374/13, NStZ 2014, 102).
Tz. 33
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Ob eine Steuer verkürzt ist, entscheidet sich im Falle der Festsetzung im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheides. Dabei braucht es sich nicht notwendig um die erste Festsetzung zu handeln. Denkbar sind auch Verkürzungen im Zusammenhang mit weiteren Festsetzungen (endgültigen oder Änderungsveranlagungen). Der Taterfolg tritt bei Veranlagungssteuern mit der Bekanntgabe des unrichtigen Bescheides ein (s. § 124 Abs. 1 AO; BGH v. 05.04.2000, 5 StR 226/99, NStZ 2000, 427). Unterlagen die verschwiegenen Einnahmen einem Steuerabzug, entfällt der Erfolg der Steuerverkürzung nur dann, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen für die Anrechnung der Abzugsbeträge auf die festgesetzte Steuer zur Zeit der Veranlagung vorlagen (fehlende Steuerbescheinigung bei Kapitalertragsteuer: BFH v. 29.04.2008, VIII R 28/07, BStBl II 2009, 842).
Tz. 34
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Verkürzungshandlungen im Zusammenhang mit einer ESt-Jahreserklärung können nicht nur die Verkürzung der Steuer des betreffenden Veranlagungszeitraums bewirken, sondern auch die Verkürzung der auf der Grundlage des Jahressteuerbescheides festgesetzten Vorauszahlungen (BFH v. 15.04.1997, VII R 74/96, BStBl II 1997, 600).
Tz. 35
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
In den Fällen, in denen eine Steueranmeldung (s. § 167 Satz 1, § 168 AO) abzugeben ist oder in denen das Gesetz die Verwendung von Steuerzeichen (Stemplern, s. § 167 Satz 2 AO) vorsieht oder an tatsächliche Vorgänge anknüpft (Beispiel: Verbringung verbrauchsteuerpflichtiger Waren in den freien Verkehr), sieht das Gesetz auch Abgabe- und Fälligkeitstermine vor (s. § 41a Abs. 1 EStG für die Lohnsteuer und s. § 18 Abs. 1 UStG für die Umsatzsteuer). In diesen Fällen ist die Steuer verkürzt, wenn im Zeitpunkt der Selbsterrechnung der Steuer ein geringerer Betrag angemeldet wird, als er aufgrund der Verwirklichung des gesetzlichen Steuertatbestandes (s. § 38 AO) entstanden ist. Führt eine Steueranmeldung zu einer Herabsetzung der bisher festgesetzten Steuer oder zu einer Steuervergütung, tritt der Taterfolg erst mit Zustimmung des FA zur Steueranmeldung ein (s. § 168 Satz 2 AO; BGH v. 23.07.2014, 1 StR 196/14, wistra 2014, 486; BGH v. 07.10.2014, 1 StR 182/14, wistra 2015, 188). Da die Zustimmung keiner Form bedarf (s. § 168 Satz 3 AO), erhält der Steuerpflichtige von ihr regelmäßig durch Auszahlung Kenntnis (BGH v. 24.11.2004, 5 StR 220/04, wistra 2005, 56). Zu den notwendigen Urteilsfeststellungen im Falle einer Schwarzlohnabrede vgl. BGH v. 08.02.2011, 1 StR 651/10, NJW 2011, 2526.
Tz. 36
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Musste die Steuer im Besteuerungsverfahren geschätzt werden, besteht die Schwierigkeit der Übernahme des steuerlichen Ergebnisses für Zwecke des Strafverfahrens. Grundsätzlich ist auch im Strafverfahren eine Schätzung zulässig, wenn feststeht, dass eine Steuer verkürzt wurde. Die Steuerschätzung kann für das Strafverfahren nur übernommen werden, wenn sie unter Beachtung der strafrechtlichen Verfahrensgrundsätze überprüft ist und kein Zweifel besteht, dass die Steuer zumi...