A. Regelungsgegenstand
Tz. 1
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Ab dem 01.01.2017 können Verwaltungsakte mit Einwilligung des Beteiligten oder der von ihm bevollmächtigten Person dadurch bekannt gegeben werden, dass sie zum Datenabruf durch Datenfernübertragung bereitgestellt werden. In diesem Fall wird der Verwaltungsakt nicht versendet. Stattdessen erhält die zum Abruf berechtigte Person eine elektronische Benachrichtigung (per E-Mail) mit der Information, dass der Verwaltungsakt zum Abruf bereitsteht. Der Steuerpflichtige hat sich dann nach §§ 87a ff. AO im entsprechenden Portal zu authentifizieren, um den Verwaltungsakt dort abzurufen (§ 122a Abs. 3 AO). Die Vorschrift ersetzt insoweit die schriftliche oder elektronische Bekanntgabe nach § 122 AO.
B. Anwendungsbereich
Tz. 2
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Der Anwendungsbereich des § 122a AO erstreckt sich auf alle Verwaltungsakte (s. § 118 AO), also nicht nur auf Steuer- und diesen gleichgestellte Bescheide, sondern z. B. auch auf sonstige Steuerverwaltungsakte, wie z. B. Haftungsbescheide. Die Vorschrift gilt für alle Steuerverwaltungsakte, die nach dem 31.12.2016 erlassen wurden (Art. 97 § 28 Satz 1 EGAO). Das BMF wurde ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrats durch Rechtsverordnung einen abweichenden erstmaligen Anwendungszeitpunkt zu bestimmen, wenn bis zum 30.06.2018 erkennbar ist, dass die technischen oder organisatorischen Voraussetzungen für eine Anwendung des § 122a AO in der am 01.01.2017 geltenden Fassung noch nicht erfüllt sind (Art. 97 § 28 Satz 2 i. V. m. Art. 97 § 8 Abs. 4 Satz 4 EGAO). Dies wird voraussichtlich erst 2019 der Fall sein (Seer in Tipke/Kruse, § 122a Rz. 1). Die Regelung findet auch Anwendung für eine Bekanntgabe des Verwaltungsaktes im Ausland. Die Regelungen der Nr. 1.8 und 3.1.4 AEAO zu § 122 sind entsprechend anzuwenden, sodass eine Bekanntgabe gem. § 122a Abs. 2 Satz 1 AO hinsichtlich der Staaten ausgeschlossen sein dürfte, bei denen eine Zustellung nicht möglich ist (Wargowske in Gosch, § 122a Rz. 35).
C. Voraussetzungen der Bekanntgabe durch Bereitstellung
Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Bekanntgabe durch Bereitstellung zum Datenabruf beruht auf Freiwilligkeit. Der Stpfl. muss in die Bekanntgabe durch Datenabruf einwilligen. Die Einwilligung bedarf keiner besonderen Form, kann jedoch von der Finanzbehörde nicht einfach angenommen oder unterstellt werden. Sie kann insbes. auch nicht darin gesehen werden, dass ein Zugang für die elektronische Kommunikation mit den FinBeh gem. § 87a Abs. 1 Satz 1 AO eröffnet worden ist (Wargowske in Gosch, § 122a Rz. 22). Die Einwilligung kann jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden (§ 122a Abs. 2 AO). Der Widerruf wird der Finanzbehörde gegenüber erst wirksam, wenn er ihr zugeht.
Tz. 4
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Erforderlich ist, dass sich die zum Datenabruf berechtigte Person nach Maßgabe des § 87a Abs. 8 AO authentifiziert hat und für den Abruf ein sicheres Verfahren verwendet wird, das die für die Datenbereitstellung verantwortliche Stelle oder Einrichtung der FinVerw gleichfalls authentifiziert und die Vertraulichkeit und Integrität des Datensatzes gewährleistet (§ 87a Abs. 8 AO). Dies ist bei der Datenbereitstellung von Verwaltungsakten der FinBeh über die Kommunikationsplattform ELSTER im Format PDF/A47 der Fall (Wargowske in Gosch, § 122a Rz. 25).
D. Wirkung der Bereitstellung
Tz. 5
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Ein zum Abruf bereitgestellter Verwaltungsakt gilt gem. § 122a Abs. 3 Satz 1 AO am dritten Tag nach Absendung der elektronischen Benachrichtigung über die Bereitstellung der Daten an die abrufberechtigte Person als bekannt gegeben. Es handelt sich um eine gesetzliche Fiktion des Bekanntgabezeitpunkts der zum Datenabruf bereitgestellten Steuerverwaltungsakte. Die Drei-Tages-Fiktion des § 122a Abs. 4 AO ist eine echte Frist, sodass die Wochenend- und Feiertagsregel des § 108 Abs. 3 AO greift (Wargowske in Gosch, § 122a Rz. 20).
Tz. 6
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
In Bezug auf technische Störungen enthält § 122a Abs. 4 AO folgende Regelungen: Im Zweifel hat die Behörde den Zugang der Benachrichtigung nachzuweisen. Kann die Finanzbehörde den von der abrufberechtigten Person bestrittenen Zugang der Benachrichtigung nicht nachweisen, gilt der Verwaltungsakt an dem Tag als bekannt gegeben, an dem die abrufberechtigte Person den Datenabruf durchgeführt hat. Wird der Verwaltungsakt zwar in das Portal geladen, kann dieser jedoch vom Stpfl. wegen technischer Störungen nachweislich nicht heruntergeladen werden, ist bei Versäumung der Einspruchsfrist die Wiedereinsetzung nach § 110 AO geboten.