Schrifttum
Zinn, Rückwirkender Wegfall einer auf Schätzung beruhenden Buchführungspflicht im Billigkeitswege?, StBp 1987, 284.
Tz. 1
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Finanzbehörden können nach pflichtgemäßem Ermessen (a. A. Drüen in Tipke/Kruse, § 148 AO Rz. 14: Rechtsanspruch des Pflichtigen) Erleichterungen hinsichtlich der durch Steuergesetze – nicht nur der durch die AO (s. FG Köln v. 27.07.1994, 10 K 4538/93, EFG 1995, 97) – begründeten Buchführungs-, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten bewilligen. Die Erleichterungen dürfen immer nur für einzelne Fälle oder für bestimmte Gruppen von Fällen ausgesprochen werden und können naturgemäß ausschließlich die steuerlichen Pflichten und nicht die entsprechenden in anderen Gesetzen nichtsteuerlichen Rechts begründeten Pflichten berühren (s. FG Köln v. 27.07.1994, 10 K 4538/93, EFG 1995, 97). § 148 AO will verhindern, dass dem Stpfl. Pflichten aufgezwungen werden, die sich angesichts der Umstände, insbesondere des mit ihnen nach dem Gesetzeswillen zu erreichenden Zieles, lediglich als formalistischer Selbstzweck darstellen.
Tz. 2
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Bewilligung der Erleichterungen hat zur Voraussetzung, dass die Einhaltung der bestehenden Verpflichtung Härten mit sich bringt und die Besteuerung durch die Erleichterung nicht beeinträchtigt wird. Eine Härte i. S. des § 148 AO kann ausschließlich auf sachliche Gründe gestützt werden; persönliche Gründe, wie Alter oder Krankheit des Pflichtigen, rechtfertigen regelmäßig nicht die Bewilligung von Erleichterungen (BFH v. 14.07.1954, II 63/53, BStBl III 1954, 253; s. FG Sa v. 18.12.1996, 1 K 55/96, EFG 1997, 587). Ggf. muss der Pflichtige seine Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten mit Unterstützung einer geeigneten Hilfskraft erfüllen. Die Besteuerung wird beeinträchtigt, wenn die Besteuerungsmerkmale nicht mehr in ausreichender Weise nachprüfbar sind (so s. FG Nds v. 24.08.1978, VII 279/78, EFG 79, 62). M. E. liegt eine Beeinträchtigung der Besteuerung auch vor, wenn die Erleichterung zur Festsetzung einer niedrigeren Steuer führt (s. FG Sa v. 18.12.1996, 1 K 55/96, EFG 1997, 587, Dißars in Schwarz/Pahlke, § 148 AO Rz. 12; a. A. BFH v. 17.09.1987, IV R 31/87, BStBl II 1988, 20; s. FG Nds v. 24.08.1978, VII 279/78, EFG 1979, 62; Trzaskalik in HHSp, § 148 AO Rz. 6), denn die Befugnis zu derartigen Maßnahmen gründet sich allein auf §§ 163, 227 AO (s. BFH v. 06.04.2000, IV R 38/99, BStBl II 2000, 422 zur Bewilligung von Erleichterungen bei der Aktivierung von WG). Dieses gilt selbst dann, wenn die Besteuerung zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt wird (a. A. Sauer in Gosch, § 148 AO Rz. 7).
Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Vorschrift ermächtigt die Finanzbehörden lediglich dazu, Erleichterungen der gesetzlichen Buchführungs-, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten zu gewähren. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 148 Satz 1 AO ist eine allgemeine Befreiung von den in den §§ 141ff. AO gesetzlich vorgeschriebenen Pflichten i. S. eines Verzichts auf deren Einhaltung nicht möglich (ebenso: Drüen in Tipke/Kruse, § 148 AO Rz. 10 ff; a.A: BFH v. 17.09.1987, IV R 31/87, BStBl II 1988, 20; Trzaskalik in HHSp, § 148 AO Rz. 7).
Tz. 3a
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Bis zur Einführung der Sonderregelung in § 146 Abs. 2a AO zur Auslandsbuchführung bewilligte die FinVerw derartige Erleichterungen. Zwar stellt § 146 Abs. 2a AO insoweit eine Spezialregelung dar, jedoch können weitergehende Erleichterungen weiterhin nach § 148 AO (z. B. eine von § 146 Abs. 2a AO nicht vorgesehene rückwirkende Bewilligung) gewährt werden (BR-Drucks. 16/10494; Drüen in Tipke/Kruse, § 148 AO Rz. 9a).
Zur Frage, ob früher erteilte Bewilligungen nach § 148 AO ihre Wirkung durch die Regelung in § 146 Abs. 2a AO verloren haben vgl. Lange/Rengier, DB 2009, 1263 einerseits und Gebbers, StBp 2009, 136 wohl andererseits.
Tz. 4
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Nach § 148 Satz 2 AO können die entsprechenden Erleichterungen auch rückwirkend bewilligt werden. Damit wird ermöglicht, objektiv vorliegende, aber nach den gegebenen Umständen aus sachlichen Gründen entschuldbare Verstöße gegen die gesetzlichen Vorschriften zu heilen und den gegebenen Sachzwängen in vernünftiger Weise Rechnung zu tragen.
Tz. 5
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Die Bewilligung kann widerrufen werden (§ 148 Satz 3 AO). Ein besonderer Hinweis auf die Widerrufsmöglichkeit ist angesichts der gesetzlichen Ermächtigung nicht erforderlich (s. § 131 Abs. 2 Nr. 1 AO). Der Widerruf wirkt nur für die Zukunft. Eine – auch für die Vergangenheit mögliche – Rücknahme ist nur nach § 130 Abs. 2 und 3 AO zulässig.
Tz. 6
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Gegen die Versagung einer begehrten Maßnahme nach § 148 AO ist ebenso wie gegen den Widerruf der Einspruch gegeben.