Schrifttum
Carle, Zahlungsverjährung in der Vollstreckungspraxis, AO-StB 2004, 293;
Lemaire, Einwand der Zahlungsverjährung, AO-StB 2005, 106.
A. Bedeutung der Vorschrift
Tz. 1
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die §§ 228 mit 232 AO befassen sich ausschließlich mit dem Zahlungsanspruch, der sich aufgrund der Steuerfestsetzung bzw. ohne eine solche durch Erfüllung des einschlägigen steuerlichen Tatbestands (s. z. B. § 37 Abs. 2 AO) ergibt. Die Vorschrift bestimmt Gegenstand und Dauer der Zahlungsverjährung. Das Institut der Zahlungsverjährung soll dafür sorgen, dass nach Ablauf einer angemessenen Frist endgültig Rechtssicherheit darüber einkehrt, was der Stpfl. aufgrund der Steuerfestsetzung noch zu zahlen hat bzw. was ihm zu erstatten ist (BFH v. 27.10.2009, VII R 51/08, BStBl II 2010, 382; BFH v. 25.10.2011, VII R 55/10, BStBl II 2012, 220).
Tz. 2
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Der Gesetzgeber hat die Zahlungsverjährung im Fünften Teil der AO, der das Erhebungsverfahren regelt, angesiedelt. Wenn er davon abgesehen hat, die sich deshalb aufdrängende Bezeichnung "Erhebungsverjährung" zu verwenden, erklärt sich das daraus, dass dieser Verjährung auch solche Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis unterliegen, bei denen nicht die Finanzbehörde, sondern der Stpfl. die Gläubigerstellung innehat und deren Verwirklichung nach unserem Sprachgebrauch nicht als "Erhebung" bezeichnet werden kann.
B. Gegenstand und Dauer der Zahlungsverjährung
Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Gegenstand der Zahlungsverjährung sind alle in § 37 AO genannten Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis, gleichgültig, ob sie der Finanzbehörde oder dem Stpfl. zustehen.
Tz. 4
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Gemäß § 228 Satz 2 AO betrug die Zahlungsverjährungsfrist in allen Fällen einheitlich fünf Jahre. Um eine Angleichung an die Dauer der Festsetzungsverjährung bei hinterzogenen Steuern zu erreichen (§ 169 Abs. 2 Satz 2 AO), hat der Gesetzgeber die Frist durch das StUmgBG mit Wirkung zum 25.06.2017 für die Steuerhinterziehung, den Schmuggel und die Steuerhehlerei auf 10 Jahre verlängert. Besondere Bedeutung hat dies in den Fällen, in denen aufgrund unzutreffender oder unvollständiger Angaben des Stpfl. KapErtrSt zu Unrecht auf die KSt angerechnet wird und die zugrunde liegenden Einnahmen gem. § 8b KStG keine Auswirkung auf die Höhe der festgesetzten Steuer haben. In diesen Fällen war es möglich, dass die fünfjährige Frist vor der nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO verlängerten Festsetzungsfrist endete. Zudem soll mit der Verlängerung sichergestellt werden, dass bei lang dauernden Strafverfahren von der Restschuldbefreiung ausgenommene Steuerforderungen (§ 302 Nr. 1 InsO) auch steuerrechtlich noch durchsetzbar sind. Im Unterschied zur Festsetzungsverjährung wird bei der Zahlungsverjährung nicht nach der Art des einzelnen Anspruchs differenziert, sodass die Frist auch für die Ansprüche auf Entrichtung steuerlicher Nebenleistungen gilt (§ 3 Abs. 4 AO).
C. Rechtsschutz
Tz. 5
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Sofern Meinungsverschiedenheiten über den Eintritt der Zahlungsverjährung bestehen, entscheidet das FA durch Abrechnungsbescheid gem. § 218 Abs. 2 AO (BFH v. 08.01.1998, VII B 137/97, BFH/NV 1998, 686; s. § 218 AO Rz. 14 ff.) Sofern das FA den Abrechnungsbescheid nicht von Amts wegen erlässt, sollte sein Erlass beantragt werden. Gegen den Abrechnungsbescheid kann sodann Einspruch (§ 347 AO) und bei weiter bestehendem Streit Klage beim FG erhoben werden (§ 40 Abs. 1 FGO). Auch vorläufiger Rechtsschutz ist möglich, allerdings nur unter den erschwerten Voraussetzungen der einstweiligen Anordnung gem. § 114 FGO (s. § 218 AO Rz. 21).