A. Bedeutung der Vorschrift
Tz. 1
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Verzinsung von gestundeten (§ 222 AO) Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis soll den Liquiditätsvorteil ausgleichen, der dem Stpfl. daraus entsteht, dass er die geschuldeten Beträge während des Stundungszeitraums nicht entrichten muss. Die Zinsen entstehen kraft Gesetzes unabhängig davon, ob der Stpfl. die geschuldeten Beträge ohne die Stundung aufbringen hätte können.
B. Anwendungsbereich
Tz. 2
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Soweit die AO auf Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 Abs. 1 AO) Anwendung findet und nicht durch Gemeinschaftsrecht verdrängt wird, entstehen Stundungszinsen bei Stundung aller dieser Ansprüche mit Ausnahme der steuerlichen Nebenleistungen (§ 233 Satz 2 AO). Stundungszinsen entstehen außer bei der Stundung von Steueransprüchen auch bei der Stundung von Haftungsansprüchen (BFH v. 25.02.1997, VII R 15/96, BStBl II 1998, 2) sowie von Ansprüchen auf Rückzahlung überzahlter Erstattungs- und Vergütungsansprüche und Zulagen. Soweit Vorschriften in den Einzelsteuergesetzen eigene Stundungsregelungen enthalten z. B. § 8 Abs. 1 WoPG, § 6 Abs. 5 AStG, § 28 Abs. 1 Satz 2 ErbStG, § 20 Abs. 6 UmwStG, gehen sie – soweit sie nicht nur auf die Anwendung der AO verweisen – als spezialgesetzliche Vorschriften der allgemeinen Regelung des § 234 AO vor.
Die Bewilligung stundungsgleicher Zahlungserleichterungen für zollrechtliche Abgabeschulden hat nach Art. 112 Abs. 1 UZK zur Folge, dass zusätzliche Kreditzinsen erhoben werden.
C. Tatbestandliche Voraussetzungen
I. Entstehung der Stundungszinsen
Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 234 Abs. 1 Satz 1 AO setzt eine gewährte Stundung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis voraus. Unerheblich ist, ob die Stundung auf einer Ermessensentscheidung nach § 222 beruhte oder ob ein Rechtsanspruch auf die Gewährung der Stundung bestand (BFH v. 16.10.1991, I R 145/90, BStBl II 1992, 321). Die Stundungszinsen entstehen kraft Gesetzes und entfallen nur dann, wenn dies durch eine gesetzliche Sonderregelung angeordnet oder die Festsetzung in das Ermessen des FA gestellt ist oder wenn nach § 234 Abs. 2 AO auf die Zinsen verzichtet wird. Zum Begriff der Stundung s. § 222 AO und die dortigen Erläuterungen. Zahlungsaufschub gem. § 233 AO ist keine Stundung i. S. der Vorschrift, sodass für eine Maßnahme dieser Art eine Verzinsung nicht in Betracht kommt. Dasselbe gilt für die Gewährung von Vollstreckungsaufschub i. S. des § 258 AO.
Tz. 4
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Die Dauer der gewährten Stundung ergibt sich aus dem die Stundung aussprechenden (gewährenden) Verwaltungsakt. Es handelt sich um die Zeitspanne, um die das FA die Fälligkeit des Steueranspruchs hinausschiebt. Ohne Bedeutung ist, ob die gestundeten Ansprüche bei Beginn der Stundung schon fällig waren; im Regelfall wird allerdings ab Fälligkeit (ggf. ab einem später liegenden Zeitpunkt) gestundet. Der Zinslauf beginnt am 1. Tag, ab dem die Stundung wirksam wird. Wird die Stundung ab Fälligkeit gewährt, beginnt der Zinslauf am Tag nach Ablauf der Zahlungsfrist; § 108 Abs. 3 AO findet Anwendung. Auch eine rückwirkende Gewährung der Stundung ist möglich. Dabei wird die Stundung erst mit der Bekanntgabe der Stundungsverfügung wirksam; allerdings beginnt der Zinslauf auch bei rückwirkender Stundung zu dem Zeitpunkt, ab dem die Stundung gewährt wird. Der Zinslauf endet mit Ablauf des letzten Tages, für den die Stundung gewährt worden war. Fällt der der Endtermin auf einen Sonnabend, Sonntag oder einen gesetzlichen Feiertag, endet der Zinslauf erst am nächstfolgenden Werktag (AEAO zu § 234 AO, Nr. 5). Erst an diesem Tag wird die Zahlung fällig (Rüsken in Klein, § 234 AO Rz. 15). Der Zinszeitraum wird nicht dadurch tangiert, dass der Stpfl. den Stundungszeitraum nicht voll ausnutzt, also den gestundeten Anspruch vor dessen Ende erfüllt. Es handelt sich um eine Soll-Verzinsung. Die Regelung erklärt sich daraus, dass die Stundungszinsen bereits bei der Stundung berechnet werden können sollen. Ggf. kann aber auf die Zeit nach Zahlungseingang bereits festgesetzte Zinsen nach § 234 Abs. 2 AO verzichtet werden; s. Rz. 8.
II. Festsetzung der Stundungszinsen
Tz. 5
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Die Stundungszinsen (zur Höhe s. § 238 AO) werden durch Zinsbescheid festgesetzt (s. § 239 AO Rz. 2). Der Zinsbescheid kann mit der Stundungsverfügung äußerlich verbunden werden. Aus § 234 Abs. 1 Satz 1 AO ergibt sich, dass die Stundungsverfügung Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10) für die Festsetzung der Stundungszinsen ist. Wird die Stundungsverfügung nach §§ 130, 131 ganz oder teilweise zurückgenommen oder widerrufen, so ist der Zinsbescheid gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO i. V. m. § 239 Abs. 1 Satz 1 AO zu ändern bzw. aufzuheben (gl. A. Loose in Tipke/Kruse, § 234 AO Rz. 9; Rüsken in Klein, § 234 AO Rz. 7).
Tz. 6
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Die Änderung oder Aufhebung des Steuerbescheids oder dessen Berichtigung nach § 129 nach Ablauf der Stundung bleibt nach § 234 Abs. 1 Satz 2 AO ohne Einfluss auf die bis dahin entstandenen Zinsen. Für die Zeit während des Laufs der Stundung bewirkt die Änd...