A. Bedeutung der Vorschrift
Tz. 1
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Überschrift der Vorschrift ist irreführend. Allein § 249 Abs. 1 Satz 3 AO befasst sich mit dem Begriff der Vollstreckungsbehörden. § 249 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AO ordnen an, aus welchen Verwaltungsakten im Verwaltungsweg vollstreckt werden kann. § 249 Abs. 2 AO betrifft die Ermittlungsbefugnisse der Finanzbehörden in ihrer Eigenschaft als Vollstreckungsbehörden sowie die Verwendung bekannter Daten bei der Vollstreckung wegen außersteuerlicher Geldleistungen.
Tz. 2
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Die §§ 249ff. AO gelten auch für die Vollstreckung aus zollrechtlichen Abgabenbescheiden der inländischen Finanzbehörden (s. Art. 113 UZK).
B. Vollstreckbare Verwaltungsakte (§ 249 Abs. 1 Satz 1 AO)
Tz. 3
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Gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 AO "können" Verwaltungsakte vollstreckt werden. Hierbei handelt es sich nach zutreffender Auffassung nicht um eine Ermessensentscheidung darüber, ob mit der Vollstreckung begonnen wird, denn § 85 AO verpflichtet die Finanzämter, die Steuern nach Maßgabe der Gesetze gleichmäßig festzusetzen und zu erheben. Dazu zählt auch die Pflicht, die Steuern beizutreiben, wenn sie nicht freiwillig gezahlt werden. Allerdings eröffnet § 249 Abs. 1 Satz 1 AO den Vollstreckungsbehörden eine Ermessensentscheidung über die Auswahl der Vollstreckungsmaßnahmen (Werth in Klein, § 249 AO Rz. 2; Kruse in Tipke/Kruse, § 249 AO Rz. 13; offenlassend BFH v. 22.10.2002, VII R 56/00, BStBl II 2003, 109).
Tz. 4
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Für die Zulässigkeit von Vollstreckungsmaßnahmen verlangt § 249 Abs. 1 Satz 1 AO einen Verwaltungsakt, der wirksam ist (BFH v. 22.10.2002, VII R 56/00, BStBl II 2003, 109). Einen Sonderfall regelt § 251 Abs. 2 Satz 2 AO (s. § 251 AO Rz. 4). Der zu vollstreckende Verwaltungsakt muss von dem Verpflichteten eine Geldleistung (z. B. Steuer, steuerliche Nebenleistung, Haftungsbetrag), eine sonstige Handlung (z. B. Steuererklärung, Auskunft), eine Duldung oder Unterlassung (z. B. i. S. des § 76 Abs. 3 Satz 2 AO) fordern. Pfändungsmaßnahmen, die aufgrund eines nicht wirksam bekannt gegebenen Steuerbescheids und somit ohne wirksamen Vollstreckungstitel und Leistungsgebot ergehen, sind (anfechtbar) rechtswidrig, sie sind nicht nichtig (BFH v. 22.10.2002, VII R 56/00, BStBl II 2003, 109). Im Vollstreckungsverfahren nach der AO besteht keine § 757 ZPO vergleichbare Pflicht zur Vorlage des Vollstreckungstitels (BFH v. 30.01.2009, VII B 235/08, BFH/NV 2009, 1077).
Tz. 5
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Nach § 249 Abs. 1 Satz 2 AO können auch Steueranmeldungen (§ 168 AO) im Verwaltungsweg vollstreckt werden.
C. Vollstreckungsbehörden (§ 249 Abs. 1 Satz 3 AO)
Tz. 6
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§ 249 Abs. 1 Satz 3 AO überträgt im Wesentlichen den Finanzämtern und Hauptzollämtern die Durchführung der Vollstreckung im Verwaltungswege bezüglich aller auf Geldleistung gerichteter Verwaltungsakte. Wegen der Aufgaben der Vollstreckungsbehörden im Einzelnen s. auch Abschn. 20 ff. VollstrA. Die HZA sind auch die zuständigen Vollstreckungsbehörden für öffentlich-rechtliche Rückforderungen der Bundesagentur für Arbeit und der Landesagenturen aus dem Bereich der Arbeitsförderung nach dem SGB III (BFH v. 20.07.2000, VII B 12/00, BFH/NV 2001, 144).
Tz. 7
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Verwaltungsakte, die auf Vornahme einer Handlung, Duldung oder Unterlassung gerichtet sind, werden von den Behörden durchgesetzt, die den Verwaltungsakt erlassen haben (§ 328 Abs. 1 Satz 3 AO).
D. Ermittlungsbefugnisse (§ 249 Abs. 2 Satz 1 AO)
Tz. 8
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Den Finanzämtern und Hauptzollämtern als Vollstreckungsbehörden steht die Befugnis zu, zur Vorbereitung der Vollstreckung die Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Vollstreckungsschuldners (§ 253 AO) zu ermitteln. Systematisch ist die von § 249 Abs. 2 AO geregelte Tätigkeit noch kein Teil der Vollstreckung selbst, sondern hat eigenständigen Charakter (BFH v. 12.12.2001, VII B 318/00, BFH/NV 2002, 627).
Tz. 9
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Durch die Ermittlungsbefugnisse wird den mit der Vollstreckung befassten Finanzbehörden die Durchführung des Vollstreckungsverfahrens erheblich erleichtert. Sie brauchen die Vollstreckungsmöglichkeiten nicht erst auf dem Umweg über eine "Auspfändung" zu erkunden und werden sich auch häufig ersparen können, den Vollstreckungsschuldner über § 284 AO zu einer Offenlegung seiner Vermögensverhältnisse zu zwingen. Das Verlangen nach Abgabe einer Vermögensauskunft ist nicht Teil der Befugnisse aus § 249 Abs. 1 Satz 1 AO. Andererseits kann der Vollstreckungsschuldner Auskunft über seine Vermögensverhältnisse nicht mit der Begründung verweigern, er habe bereits eine Vermögensauskunft abgegeben und die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 284 Abs. 4 Satz 1 AO vor Ablauf der Sperrfrist von 2 Jahren seien nicht erfüllt.
Tz. 10
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Angesprochen sind dieselben Befugnisse, die der Finanzbehörde auch sonst nach den §§ 85ff. AO im Steuerermittlungsverfahren zustehen. Dritte können unter der Voraussetzung des § 93 AO zur Auskunft bzw. nach § 97 AO zur Urkundenvorlage herangezogen werden (BFH v. 3...