A. Bedeutung der Vorschrift

 

Tz. 1

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Eine Veränderung der die örtliche Zuständigkeit begründenden Umstände (s. § 17 AO Rz. 3) bewirkt nicht unmittelbar den Wegfall der bisherigen örtlichen Zuständigkeit. Der Wechsel der Zuständigkeit tritt erst dann ein, wenn eine der beiden Finanzbehörden von der Änderung der tatsächlichen Verhältnisse erfährt. Zur Sonderregelung bei der Abnahme der eidesstattlichen Versicherung, s. § 284 Abs. 5 AO.

B. Zuständigkeitswechsel (§ 26 Satz 1 AO)

 

Tz. 2

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Die Vorschrift gilt regelmäßig nur bei solchen Steuern, die fortlaufend entstehen und nach Steuerabschnitten erhoben werden (Veranlagungssteuern); bei einmaligen Steuern, die an Einzelvorgänge anknüpfen, insbes. den Verkehrsteuern, wird sie nur selten Bedeutung erlangen.

 

Tz. 3

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Die örtliche Zuständigkeit des bis zur Veränderung der sie begründenden Umstände zuständigen FA besteht aus Gründen der Rechtssicherheit und Praktikabilität bis zu dem Zeitpunkt fort, an dem entweder dieses oder das neu zuständig gewordene FA von der Veränderung erfährt (z. B. durch den Stpfl. selbst, durch Mitteilung der Meldebehörden u. Ä.). Zu diesem Zeitpunkt wird die bisher zuständige Finanzbehörde unzuständig, die neu zuständige Finanzbehörde hat auch die offenen Angelegenheiten zu bearbeiten. Jedoch sind bei Verlegung des Wohnsitzes in den Bezirk eines anderen Finanzamtes unter gleichzeitiger Betriebsaufgabe von dem bisher für die Personensteuern und Betriebssteuern zuständigen Finanzamt nur die Personensteuerakten abzugeben (AEAO zu § 26, Nr. 3; s. § 19 AO Rz. 9). Die Umstände, die die örtliche Zuständigkeit ändern, müssen einer der Finanzbehörden zweifelsfrei bekannt geworden sein; Kennenkönnen oder Kennenmüssen allein genügt nicht (BFH v. 25.01.1989, X R 158/87, BStBl II 1989, 483; s. a. BFH v. 08.08.2007, V B 164/05, BFH/NV 2007, 2232). Wegen der Bedeutung der Zuständigkeit für die Steuerberechtigung ist die Kenntnis über die Umstände, die die Zuständigkeit ändern, mit Angabe des Datums aktenkundig zu machen und unverzüglich der anderen Finanzbehörde mitzuteilen (AEAO zu § 26, Nr. 1).

C. Fortführung des Verwaltungsverfahrens (§ 26 Satz 2 AO)

 

Tz. 4

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Die unzuständig gewordene Finanzbehörde kann das Verwaltungsverfahren fortführen, sofern dies einfacher und zweckmäßiger ist, die zuständig gewordene Finanzbehörde zustimmt und Interessen der Beteiligten nicht verletzt werden.

 

Tz. 5

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Voraussetzung für die Fortführung ist zunächst, dass das Verwaltungsverfahren begonnen hat. Unter Verwaltungsverfahren ist nicht allgemein das Veranlagungsverfahren aller beim FA geführten Stpfl., sondern das konkrete Verfahren gemeint wie z. B. das Festsetzungs- oder Feststellungsverfahren, Außenprüfung, Vollstreckungsverfahren mit Ausnahme des Straf- und Bußgeldverfahrens (dazu s. § 388 AO). Begonnen hat das Verfahren, wenn die Tätigkeit der Finanzbehörde nach außen in Erscheinung getreten ist.

 

Tz. 6

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Die Fortführung setzt ferner voraus, dass sie einfacher und zweckmäßiger ist, d. h. der Verwaltungsvereinfachung dient.

 

Tz. 7

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Das neu zuständige FA muss der Fortführung des Verfahrens zustimmen. Die Zustimmung ist kein Verwaltungsakt und damit nicht rechtsbehelfsfähig (BFH v. 11.08.2010, VI B 143/09, BFH/NV 2010, 2230). Die fehlende Zustimmung kann bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz beim Finanzgericht nachgeholt werden (§ 126 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 2 AO).

 

Tz. 8

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Die Zustimmung des Stpfl. ist zwar nicht erforderlich, er soll aber gehört werden; dies hat durch die bisherige Finanzbehörde zu geschehen, die grds. über die Fortführung des Verfahrens entscheidet (Drüen in Tipke/Kruse, § 26 AO Rz. 7 m. w. N.). Im Übrigen ist er über die Fortführung des Verfahrens zu benachrichtigen (AEAO zu § 26, Nr. 2).

 

Tz. 9

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Wird nach der Einlegung des Einspruchs eine andere Finanzbehörde zuständig, so entscheidet diese Finanzbehörde über den außergerichtlichen Rechtsbehelf (s. § 367 Abs. 1 Satz 2 AO). Zum Wechsel der örtlichen Zuständigkeit im finanzgerichtlichen Verfahren s. § 63 Abs. 2 FGO.

D. Fortführung bei Insolvenz

 

Tz. 10

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Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens kann dann zu einem Wechsel der örtlichen Zuständigkeit des Finanzamts führen, wenn der Insolvenzverwalter oder Liquidator die für das Unternehmen maßgeblichen Entscheidungen von einem Ort aus trifft, der nicht im Bezirk der bisher zuständigen Finanzbehörde liegt. Um zu verhindern, dass insbes. sog. Firmenbestatter sich den Zuständigkeitswechsel durch die Verlegung des Firmensitzes insolvenzreifer Unternehmen in den Zuständigkeitsbereich einer anderen Finanzbehörde zu nutzen machen, sieht § 26 Satz 3 AO vor, dass die bisher zuständige Finanzbehörde zwingend zuständig bleibt und das Verfahren fortzuführen hat, bis über den Insolvenzantrag entschieden und das Insolvenzverfahren abgeschlossen wurde. Da es nicht zweckmäßig erscheint, kurz vor dem Erlöschen des Stpfl. noch ein anderes FA mit de...

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