Schrifttum
App, § 328 AO – Stärken und Schwächen einer Vorschrift, DStZ 1991, 242;
App, Rechtsbehelfe im Verfahren zur Erzwingung von Anordnungen der Finanzämter, BB 1991, 1392;
App, Von alten zu neuen Problemen der Vollstreckung wegen Handlungen, Duldungen oder Unterlassungen, StVj 1992, 257;
Becker, Zwangsgelder in der Außenprüfung, StBp 2002, 317.
A. Bedeutung der Vorschrift
Tz. 1
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die §§ 328 bis 335 AO betreffen die Vollstreckung aus Verwaltungsakten, die nicht auf eine Geldleistung gerichtet sind. Zwangsmittel sind das Zwangsgeld (§ 329 AO), die Ersatzvornahme (§ 330 AO) und der unmittelbare Zwang (§ 331 AO).
Tz. 2
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Ihrer Rechtsnatur nach handelt es sich bei den Zwangsmitteln um Beugemittel. Es ist nicht ihr Zweck, in der Vergangenheit begangenes Unrecht zu sühnen (BFH v. 11.09.1996, VII B 176/94, BFH/NV 1997, 166; BFH v. 07.10.2009, VII B 28/09, BFH/NV 2010, 385). Dementsprechend ist der Vollzug des Zwangsverfahrens einzustellen, wenn die Verpflichtung nach Festsetzung des Zwangsmittels erfüllt ist (§ 335 AO). Gleiches gilt, wenn der Zweck, der mit dem Zwangsmittel erreicht werden soll, auf andere Weise nachträglich entfallen ist oder nicht mehr erreicht werden kann, etwa wegen Todes des Pflichtigen (BFH v. 11.09.1996, VII B 176/94, BFH/NV 1997, 166).
B. Tatbestandliche Voraussetzungen
Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Mit den in § 328 Abs. 1 AO aufgeführten Zwangsmitteln können nur solche Verwaltungsakte durchgesetzt werden, die auf Vornahme einer Handlung oder auf Duldung oder Unterlassung gerichtet sind. Demgegenüber können Verwaltungsakte, die auf eine Geldleistung gerichtet sind, nur in dem nach §§ 259 bis 327 AO zulässigen Verfahren erzwungen werden. Ergibt sich die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung, Duldung oder Unterlassung unmittelbar aus einer Rechtsvorschrift, ohne dass eine besondere behördliche Aufforderung erfolgen muss (z. B. §§ 140, 149 Satz 1 AO), können Zwangsmittel nur dann eingesetzt werden, wenn diese Pflichten zum Gegenstand einer besonderen Anordnung der Finanzbehörde gemacht worden sind. Das kann immer dann geschehen, wenn die Behörde ein besonderes Interesse an einer ordnungsmäßigen und rechtzeitigen Erfüllung hat oder eine Pflichtverletzung zu besorgen ist. Sollvorschriften, wie z. B. § 146 Abs. 1 Satz 2 AO, können entsprechend ihrer Rechtsnatur nicht erzwungen oder zum Gegenstand erzwingbarer Anordnungen gemacht werden. Im Fall der Zuwiderhandlung greifen andere Rechtsnachteile ein, z. B. Verwerfung der Buchführung und Schätzung gem. § 162 Abs. 2 Satz 2 AO.
Tz. 4
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Der Verwaltungsakt, der mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden soll, muss sich inhaltlich im Rahmen der Befugnisse halten, die den Finanzbehörden durch Gesetz gegeben sind. Eine Handlung, die nicht einer gesetzlichen Verpflichtung entspricht und deren Anordnung nicht durch gesetzmäßige Ermessensausübung der zuständigen Finanzbehörde gedeckt wird, darf nicht erzwungen werden. Pflichtmäßige Ermessensausübung (s. § 5 AO) erfordert auch, dass nur solche Anordnungen getroffen und nötigenfalls erzwungen werden, zu deren Befolgung der Pflichtige tatsächlich in der Lage ist, ohne dass hierbei die Schwelle des Zumutbaren überschritten wird. Einschlägige Beschränkungen wird sich die Finanzbehörde z. B. bei Anordnungen auferlegen müssen, die an die in den §§ 34 bis 36 AO genannten Personen gerichtet werden sollen.
Tz. 5
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Der erzwingbare Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein (§ 119 Abs. 1 AO), d. h. er muss so gefasst sein, dass der Betroffene klar erkennen kann, was von ihm verlangt wird und ob er zur Befolgung verpflichtet ist. Insbes. muss dem Betroffenen in nachprüfbarer Weise bekannt gegeben werden, in welchen gesetzlichen Vorschriften die zu erzwingende Anordnung ihre gesetzliche Grundlage hat (BFH v. 28.10.2009, VIII R 78/05, BStBl II 2010, 455). Die einheitliche Androhung bzw. Festsetzung eines Zwangsgeldes gegen Ehegatten oder Lebenspartner zur Erzwingung von Auskünften ist mangels hinreichender inhaltlicher Bestimmtheit (§ 119 Abs. 1 AO) unzulässig, wenn nicht zu erkennen ist, welcher Teilbetrag des Zwangsgeldes auf jeden Ehegatten oder Lebenspartner entfällt (FG D v. 08.12.1981, XIII/IV 39/78 AO, EFG 1982, 498).
Tz. 6
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Schriftliche Verwaltungsakte sind grundsätzlich zu begründen (§ 121 Abs. 1 AO). Daraus folgt, dass die Androhung eines Zwangsmittels, die gem. § 332 Abs. 1 Satz 1 AO im Regelfall schriftlich erfolgt (s. § 332 AO Rz. 3), spätestens mit der Androhung ausreichend begründet werden muss.
Tz. 7
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Bei Pflichtigen, die nicht natürliche Personen sind, kann der durchzusetzende Verwaltungsakt nach dem Ermessen der Finanzbehörde entweder gegen den Pflichtigen, z. B. die Gesellschaft (vertreten durch …), oder gegen einzelne natürliche Personen (Vorstand, Geschäftsführer, Angestellter) gerichtet werden, je nachdem, wem die Befolgung zugemutet werden kann (vgl. BFH v. 06.05.2008, I B 14/0...