Schrifttum
Hellmann, Der Rechtsweg gegen die Versagung der Akteneinsicht durch die Finanzbehörde nach Abschluss des steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens, DStZ 1994, 371;
Dudek, Rechtsschutz gegen den Bescheid über das Nichtbestehen der Steuerberaterprüfung?, StB 1995, 290;
Strunk, Das Finanzamt auf zivilprozessualen Wegen, DStZ 1995, 494;
Huber, Jahressteuergesetz 1996: Neue Zuständigkeit für die Finanzgerichte?, DStR 1995, 290;
Lechelt, Die Eröffnung des Finanzrechtsweges durch Landesgesetz: Die Regelung des § 33 Abs. 1 Nr. 4 FGO und die AGFGO der Länder aus verfassungsrechtlicher Sicht, DStZ 1996, 611.
A. Bedeutung der Vorschrift
Tz. 1
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Das Vorverfahren über den Einspruch ist nach § 44 Abs. 1 FGO Sachentscheidungsvoraussetzung der finanzgerichtlichen Anfechtungs- und Verpflichtungsklage. § 347 AO beschränkt den Einspruch auf Verwaltungsakte, die in einer "Finanzangelegenheit" ergangen sind bzw. unterlassen worden sind. Dabei entspricht der Finanz-Einspruchsweg des § 347 AO dem Finanzgerichtsweg des § 33 FGO (Erläuterungen zu § 33 FGO). Beide Vorschriften enthalten eine Legaldefinition der Abgabenangelegenheit (§ 347 Abs. 2 AO; s. Rz. 9). Während § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO mit dem Tatbestandsmerkmal der "öffentlich-rechtlichen Streitigkeit" den Verwaltungsrechtsweg vom Zivilrechtsweg abgrenzt, kennzeichnet das zusätzliche Merkmal der "Abgabenangelegenheit" den Finanzrechtsweg als besonderen Verwaltungsrechtsweg.
Tz. 2
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Im Rahmen eines Straf- und Bußgeldverfahrens ist der Einspruch nicht statthaft, sondern nur die ansonsten gegen strafprozessuale oder bußgeldrechtliche Maßnahmen zulässigen Rechtsbehelfe (§ 347 Abs. 3 AO, § 13 GVG). Aufgrund der Doppelfunktion der Finanzbehörde, einerseits als Besteuerungsbehörde und andererseits als Strafverfolgungsbehörde in Steuerstrafsachen unter den in § 386 AO geregelten Voraussetzungen, ist für den Rechtsweg grundsätzlich danach zu differenzieren, welche Organisationseinheit der Finanzbehörde in welchem Aufgabenbereich tätig wird (§ 208 AO Rz. 3). Mit Abschluss eines Strafermittlungsverfahrens verliert die Finanzbehörde ihre Funktion als Strafverfolgungsbehörde. Für eine Klage auf Einsicht in die Steuerfahndungsakten bzw. Herausgabe der sichergestellten Beweise nach Abschluss des Straf- oder Bußgeldverfahrens ist daher der Finanzrechtsweg gegeben (BFH v. 02.12.1976, IV R 2/76, BStBl II 1977, 318; § 33 FGO Rz. 15; Seer in Tipke/Kruse, § 33 FGO Rz. 66 m. w. N.). Wendet sich eine Bank gegen die Weitergabe von Beweismaterial durch die Steuerfahndung an die Wohnsitzfinanzämter (Veranlagungsstelle) nicht verfahrensbeteiligter Bankkunden, so handelt es sich um eine Abgabenangelegenheit, für die der Finanzrechtsweg eröffnet ist (BFH v. 06.02.2001, VII B 277/00, BStBl II 2001, 306).
B. Erfasste Angelegenheiten
Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die §§ 347, 348 AO regeln in diesem Sinne, in welchen Fällen der Einspruch statthaft ist. Im Einzelnen sind dies:
- Abgabenangelegenheiten (Rz. 4–13),
- Vollstreckungsangelegenheiten (Rz. 14–16),
- Steuerberatungsangelegenheiten (Rz. 17, 18),
- Sonstige Verwaltungsangelegenheiten (Rz. 19, 20).
I. Abgabenangelegenheiten (§ 347 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO)
Tz. 4
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die bedeutendste Generalklausel findet sich in § 347 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO, wonach der Einspruch zulässig ist in Abgabenangelegenheiten, auf die die AO Anwendung findet (§ 33 FGO Rz. 3).
Tz. 5
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Obwohl § 347 AO missverständlich von "Abgaben" anstatt von "Steuern" spricht, wird der Finanz-Einspruchsweg nicht auch auf Gebühren und Beiträge ausgeweitet, die neben den Steuern zu den Abgaben zählen. Diese Einschränkung ergibt sich daraus, dass § 347 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO von Abgabenangelegenheiten spricht, auf die dieses Gesetz Anwendung findet. Der Anwendungsbereich der AO ergibt sich zunächst aus § 1 Abs. 1 AO. Er erstreckt sich auf Steuern (§ 3 AO) einschließlich der Steuervergütungen, die durch Bundesrecht oder Recht der Europäischen Gemeinschaften geregelt sind, soweit sie durch Bundesfinanzbehörden oder durch Landesfinanzbehörden verwaltet werden.
Tz. 6
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Daraus ergibt sich zunächst, dass der Finanzrechtsweg nicht für Steuern eröffnet ist, die durch Landesrecht geregelt werden, auch soweit sie von Bundes- oder Landesbehörden verwaltet werden (§ 33 FGO Rz. 4, 5). Für diese können die Vorschriften der AO über das Rechtsbehelfsverfahren jedoch durch besondere Regelungen im Landesrecht Anwendung finden (die AO-Anpassungsgesetze der Länder; Rz. 20). Für Realsteuern, die durch die Gemeinden verwaltet werden, gelten nach § 1 Abs. 2 Nr. 6 AO lediglich die § 351 und § 361 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 AO. Soweit aufgrund eines Gewerbesteuermessbescheides des Finanzamtes (§ 22 AO) von der Gemeinde ein Gewerbesteuerfestsetzungsbescheid erlassen wird, ist dagegen der Widerspruch nach §§ 68ff. VwGO zulässig (BFH v. 13.02.1990, VIII R 188/85, BStBl 1990, 582), während gegen den Gewerbesteuermessbescheid Einspruch bei der erlassenden Finanzbehörde einzulegen ist.
Tz. 7
Stand: 22. Auflag...