Schrifttum
Frenkel, Rechtsbehelfsbelehrungen in Verfügungen von Finanzbehörden, BB 1970, 1347;
Späth, Rechtsbehelfsbelehrung in Steuerbescheiden, BB 1975, 697;
Scholtz, Rechtsmittelbelehrungen bei Ausländern, DStR 1985, 205;
Kutschka, Die Rechtsbehelfsbelehrung zu Einheitswertbescheiden, DStR 1986, 27;
Streck/Mack, Folgen unvollständiger Rechtsmittelbelehrung der FG, Stbg. 1991, 131.
A. Bedeutung der Vorschrift
Tz. 1
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 356 AO beschreibt die Rechtsbehelfsbelehrung für schriftliche Verwaltungsakte. Sie ist Ausfluss der verfahrensrechtlichen Fürsorgepflicht der Finanzbehörde und soll den Beteiligten über seine Rechte im Verfahren informieren.
B. Erforderlichkeit der Rechtsbehelfsbelehrung
Tz. 2
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Erforderlichkeit einer Rechtsbehelfsbelehrung ist nur für schriftliche und elektronische Verwaltungsakte angeordnet. Ein Verwaltungsakt ist dann schriftlich oder elektronisch, wenn seine Bekanntgabe schriftlich oder elektronisch erfolgt. Wie der Verwaltungsakt hätte ergehen müssen ist unerheblich, ebenso ob die Form gesetzlich gefordert oder von der Finanzbehörde gewählt wurde. Ist ein grundsätzlich formfreier Verwaltungsakt, wie die Entscheidung über einen Antrag auf Stundung (§ 222 AO) oder Erlass (§ 227 AO) schriftlich ergangen, ist auch hier eine schriftliche Rechtsbehelfsbelehrung beizufügen. Bei mündlich bekanntgegebenen Verwaltungsakten gilt § 356 AO nicht. Die Rechtsbehelfsfrist beginnt auch ohne Rechtsbehelfsbelehrung (BFH v. 23.02.2005, VII R 32/04; BFHE 209, 176; FG Ha v. 08.12.1988, IV 57–59/87 S-H, EFG 1989, 331). Das gilt auch, wenn der Verwaltungsakt später schriftlich bestätigt wurde (a. A. wohl Seer in Tipke/Kruse, § 356 AO Rz. 3). Konnte der Steuerpflichtige nicht ohne Weiteres erkennen, dass es sich um einen mündlichen Verwaltungsakt handelt – wie bspw. die Aufforderung zur Herausgabe von Unterlagen im Zuge einer Außenprüfung – so stellt dies jedenfalls einen Wiedereinsetzungsgrund nach § 110 AO dar. Aus den Gesichtspunkt des "fair trial" wäre aber auch zu erwägen, ob in solchen Fällen dem Steuerpflichtigen nicht zumindest eine Jahresfrist für einen Einspruch zugebilligt werden sollte. Eine gesetzliche Regelung findet sich hierzu zwar nicht; es ist jedoch unbillig, dem Steuerpflichtigen bei unklaren Geschehnissen die Verantwortung aufzubürden, ob ein Verhalten der Finanzbehörde einen (mündlichen) Verwaltungsakt darstellt oder nicht. Solange die Finanzbehörde dies gegenüber dem Steuerpflichtigen nicht klargestellt hat, kann m. E. der Lauf einer mit einem Rechtsmittelverlust verbundenen Frist nicht beginnen.
Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Steueranmeldungen wirken als Steuerfestsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 168 Satz 1 AO). Die Frist für einen Einspruch gegen die Steuerfestsetzung ohne Zustimmung der Finanzbehörde beginnt mit der Einlegung der Steueranmeldung bei derselben. Einer Rechtsbehelfsbelehrung bedarf es in diesem Fall nicht, da es an einem schriftlichen VA fehlt (BFH v. 25.06.1998, V B 104/97, BStBl II 1998, 649; Seer in Tipke/Kruse, § 356 AO Rz. 5; ausführlich Siegers in HHSp, § 356 AO Rz. 13 ff.). In den Fällen der Zustimmung der Finanzbehörde zur Steuerherabsetzung oder -vergütung nach § 169 Satz 2 und 3 AO gilt die spezielle Monatsfrist des § 355 Abs. 1 Satz 2 AO, deren Lauf mit Bekanntgabe der Zustimmung beginnt. Wird die Zustimmung hingegen schriftlich erteilt, ist eine Rechtsbehelfsbelehrung gem. § 356 AO zu erteilen (BFH v. 09.07.2003, V R 29/02, BStBl II 2003, 904).
C. Inhalt der Rechtsbehelfsbelehrung
Tz. 4
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Rechtsbelehrung muss so beschaffen sein, dass der rechtsunkundige Bürger über seine Rechtsschutzmöglichkeiten hinreichend informiert wird. Nicht erforderlich sind zwar zweckmäßige, aber nicht notwendige Ausführungen, die den Empfänger eher verwirren als dienen (BFH v. 07.02.1977, IV B 62/76, BStBl 1977, 291). So muss nicht über die Form des Einspruchs oder die Fristberechnung informiert werden (BFH v. 28.04.2015, VI R 65/13, BFH/NV 2015, 1074; BFH v. 29.11.2013, X R 2/12, BStBl II 14, 236). Vielmehr führen erläuternde Zusätze zur Fehlerhaftigkeit der Belehrung, wenn sie irreführend sind und den Beteiligten davon abhalten können, den Einspruch überhaupt einzulegen (BFH v. 12.12.2012, I B 127/12, BFHE 239, 25; BFH v. 01.03.2000, VI R 32/99, BFH/NV 2000, 1083; BVerwG v. 27.02.1981, 6 B 19/81, HFR 1982, 181). Irreführend ist der – unrichtige – Hinweis, dass der Einspruch innerhalb der Einspruchsfrist zu begründen ist (BVerwG v. 13.12.1978, 6 C 77/78; BVerwGE 57, 188) und die Mitteilung, dass nicht gleichzeitig ein Rechtsbehelf eingelegt und der Erlass der Abgaben beantragt werden kann, sondern nur eines von beiden (BFH v. 20.12.1957, V 166/56 U, BStBl III 1958, 118).
Tz. 5
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Belehrung muss den nächsten statthaften Rechtsbehelf angeben. Weiterführende Informationen über sonstige Rechtsschutzmöglichkeiten, insbes. auf das spätere finanzgerichtliche Verfahren, sind nicht notwendig, ebenso wenig wie Belehrungen über die Form, in der der Einspruch eingelegt wer...