Schrifttum
Burhoff, Präklusionsrecht des Finanzamts gemäß § 364b AO, NWB Fach 2, 6251;
Grune, Präklusion im Zwielicht, DStZ 1995, 463;
Rößler, Die Neuordnung des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens, DStZ 1995, 270;
Spaeth, Ist die Ausschlussfrist nach § 364b Abs. 1 AO n. F. auf Antrag verlängerbar?, DStZ 1995, 363;
Große, Die Fristsetzung gem. § 364b AO, DB 1996, 60;
Nacke, Die Anfechtbarkeit der Fristsetzung nach § 364b AO, NJW 1996, 3402;
K. J. Wagner, Die Ausschlußfristen nach § 364b AO – Segen oder Last?, StuW 1996, 169;
von Wedelstädt, Die Ausschlußfrist nach § 364b AO – Segen oder Last für die Finanzbehörde?, StuW 1996, 186;
von Wedelstädt, Präklusion nach § 364b AO und anschließende Korrektur des Steuerbescheids mit präkludiertem Vortrag, DB 1996, 113.
A. Bedeutung der Vorschrift
Tz. 1
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Einspruchsbehörde hat auch im Rechtsbehelfsverfahren den Sachverhalt im vollen Umfang zu überprüfen (§ 367 Abs. 2 Satz 1 AO, Untersuchungsgrundsatz). § 364b AO schränkt diesen Grundsatz wesentlich ein, indem er der Finanzbehörde das Recht einräumt, den Einspruchsführer mit bestimmten Erklärungen und Beweismitteln auszuschließen, wenn er sie nicht innerhalb einer gesetzten Frist vorgetragen hat. Die Vorschrift hat den Zweck, dem Missbrauch des Rechtsbehelfsverfahrens zu rechtsbehelfsfremden Zwecken entgegenzuwirken (BT-Drs. 12/77 427, 37). Die Vorschrift ist § 79b FGO nachgebildet und stellt eine wesentliche Neuerung im Einspruchsverfahren dar (in Kraft seit 01.01.1996; zur Kritik Seer in Tipke/Kruse, § 364b AO Rz. 2 ff.).
Tz. 2
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Fristsetzung ist ein besonderes Druckmittel der Finanzbehörde zur Beschleunigung des Einspruchsverfahrens. Sie begründet jedoch keine neuen Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen (Dumke in Schwarz/Pahlke, § 364b AO Rz. 3; a. A. Große, DB 1996, 60, 61), sondern sanktioniert nur ihre Verletzung (Birkenfeld in HHSp, § 364b AO Rz. 3). Aufgrund der negativen Rechtsfolgen für den Steuerpflichtigen, sind strenge Anforderungen an ihre Voraussetzungen zu stellen.
B. Fristsetzung
Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Fristsetzung ist ein Verwaltungsakt (§ 118 AO) und steht im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde (Seer in Tipke/Kruse, § 364b AO Rz. 17; Dumke in Schwarz/Pahlke, § 364b AO Rz. 18; a. A. FG Sa v. 21.02.1997, 1 K 166/96, EFG 1997, 651). Dem Steuerpflichtigen kann aufgegeben werden, innerhalb einer gesetzten Frist
- Tatsachen anzugeben, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung er sich beschwert fühlt,
- sich über klärungsbedürftige Punkte zu erklären oder
- Beweismittel vorzuzeigen oder Urkunden vorzulegen, soweit er dazu verpflichtet ist.
Die Möglichkeiten (§ 364b Abs. 1 Nr. 1 bis 3 AO) können einzeln oder kumulativ angewendet und bei Bedarf mit verschiedenen Fristen versehen werden.
I. Voraussetzungen
Tz. 4
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Der Einspruchsführer kann aufgefordert werden, Tatsachen anzugeben, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Ausgangsverfahren er sich beschwert fühlt (§ 364b Abs. 1 Nr. 1 AO). Damit soll die ohnehin geltend zu machende Beschwer (§ 350 AO) spezifiziert werden. Dies ist bei den geringen Anforderungen, die an die Geltendmachung der Beschwer gestellt werden, auch sinnvoll, da oftmals nicht klar ist, gegen welche Tatsache sich der Angriff des Steuerpflichtigen richtet. Die Ausführungen zur Beschwer dienen aber nicht nur der Klärung der Zulässigkeit (die Beschwer als Zulässigkeitsvoraussetzung, § 350 AO), sondern der Konzentration des Verfahrens auf den nach Ansicht des Einspruchsführers beeinträchtigenden Streitstoff. Auch wenn nicht ausdrücklich erwähnt, fallen nur ungeklärte klärungsbedürftige und relevante Tatsachen unter § 364b Abs. 1 Nr. 1 AO (Seer in Tipke/Kruse, § 364b AO Rz. 12). Ebenso wenig kann der Einspruchsführer zu Rechtsausführungen aufgefordert werden. Die Aufforderung zur Abgabe einer Steuererklärung ist keine Tatsachenerklärung und fällt nicht unter § 364b Abs. 1 Nr. 1 AO. In Betracht kommt aber § 364b Abs. 1 Nr. 3 AO, die Vorlage von Urkunden (Rößler, DStZ 1995, 272, 272; Seer in Tipke/Kruse, § 364b AO Rz. 15).
Tz. 5
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Vom Einspruchsführer kann eine Erklärung zu klärungsbedürftigen Punkten verlangt werden (§ 364b Abs. 1 Nr. 2 AO). Nach der Gesetzesbegründung sind mit "Punkten" klärungsbedürftige Vorgänge gemeint, d. h. einzelne Sachverhalte, die noch nicht vollständig und verständlich dargestellt worden sind. Der Vortrag muss insoweit ergänzt werden, dass die Finanzbehörde imstande ist, sich über entscheidungsrelevante Tatsachen Klarheit zu verschaffen. Auch § 364b Abs. 1 Nr. 2 AO ist auf Tatsachen beschränkt und berechtigt nicht zur Aufforderung, Rechtsausführungen abzugeben. In der Fristsetzung müssen die zu klärenden Tatsachen genau bezeichnet werden, um den Umfang der präkludierenden Wirkung zu beurteilen (BFH v. 25.04.1995, IX R 6/94, BStBl II 1995, 545).
Tz. 6
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Der Einspruchsführer kann außerdem aufgefordert werden, Beweismittel zu bezeichnen oder Urkund...