Karl Blesinger, Dr. Andreas Viertelhausen
Schrifttum
Duttge, Zur Verantwortlichkeit des gutgläubigen Steuerberaters nach § 378 AO, wistra 2000, 201;
Rolletschke, Steuerliche Berater als Täter einer leichtfertigen Steuerverkürzung, wistra 2004, 49;
Müller, Die steuerstraf- und bußgeldrechtliche Verantwortung des Steuerberaters, StBp 2009, 299;
Andresen/Kiesel, Weiße Einkünfte begründen keinen Tatbestand der Steuerordnungswidrigkeit, DStR 2011, 745;
Werth, Kann der Steuerberater Täter einer leichtfertigen Steuerverkürzung sein?, DStZ 2014, 131;
Müller, Der Vorsatz im Steuerstrafverfahren, sein Beweis und seine Abgrenzung zur Leichtfertigkeit, AO-StB 2015, 292;
Tormöhlen, Problemfelder der leichtfertigen Steuerverkürzung, AO-StB 2015, 324.
A. Wesen der Verfehlung; Verhältnis zur Steuerhinterziehung
Tz. 1
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Von der vorsätzlichen Steuerverkürzung (Steuerhinterziehung, s. § 370 AO) unterscheidet sich die leichtfertige Steuerverkürzung des § 378 AO hinsichtlich des subjektiven Tatbestands. Im objektiven Tatbestand besteht kein Unterschied. Es ist allein der geringere Verschuldensgrad (Leichtfertigkeit statt Vorsatz), den der Gesetzgeber zum Anlass genommen hat, die beiden Delikte so unterschiedlich zu qualifizieren (Stufenverhältnis, BGH v. 28.01.1987, 3 StR 373/86, DStR 1987, 209; Auffangtatbestand, BGH v. 13.01.1988, 3 StR 450/87, wistra 1988, 196). Denn als bloße Ordnungswidrigkeit stellt die leichtfertig herbeigeführte Steuerverkürzung keine mit Strafe bedrohte Tat dar, sondern lediglich ein Ordnungsunrecht, das nur mit Geldbuße belegt wird.
Tz. 2
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Vergleicht man die Strafdrohung der Steuerhinterziehung mit der wesentlich milderen Ahndung der leichtfertigen Steuerverkürzung und stellt man dem die Unterscheidung gegenüber, die den für eine Bestrafung erforderlichen Vorsatz in seiner Erscheinungsform des nur bedingten Vorsatzes von der Leichtfertigkeit bzw. groben Fahrlässigkeit abhebt, so verdeutlicht das die Problematik, der sich die Rechtsanwendung bei der Unterscheidung zwischen diesen beiden in Handlung und Erfolg übereinstimmenden Taten gegenüber sieht. In der Praxis ist die Tendenz unverkennbar, § 378 AO auf jene Fälle anzuwenden, in denen der für § 370 AO erforderliche Nachweis des Vorsatzes nicht gelingt. Das belegt auch die vom BMF erstellte Strafsachenstatistik, die deutlich mehr Verfahren wegen Steuerhinterziehung ausweist als solche wegen leichtfertiger Steuerverkürzung (wistra 2004, 135). Wegen der geringeren subjektiven Anforderungen des § 378 AO möchte man meinen, dass es umgekehrt sein müsste.
Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Wegen der Erstreckung auf die Hinterziehung von Einfuhr- und Ausfuhrabgaben sowie der Umsatzsteuer über den nationalen Bereich hinaus s. § 370 AO Rz. 122 ff.
B. Objektiver Tatbestand
Tz. 4
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Den objektiven Tatbestand der Bußgeldvorschrift des § 378 AO bildet die Verkürzung von Steuern oder die Erlangung nicht gerechtfertigter Steuervorteile, entweder durch unrichtige oder unvollständige Angaben über steuererhebliche Tatsachen gegenüber Finanz- oder anderen Behörden (aktive Tathandlung) oder durch pflichtwidriges In-Unkenntnis-Lassen der Finanzbehörden über steuererhebliche Tatsachen (Unterlassung). Eine dieser in § 370 Abs. 1 AO beschriebenen Taten muss der Steuerpflichtige oder eine andere Person bei Wahrnehmung der Angelegenheit eines Steuerpflichtigen begangen haben. Durch die Handlung oder das Unterlassen muss der Verkürzungserfolg eintreten. Zu den Einzelheiten des Tatbestandes des § 370 Abs. 1 AO s. § 370 AO Rz. 5 bis 50. Zur leichtfertigen Steuerverkürzung durch Nichtabgabe der erforderlichen Steuererklärung s. den instruktiven Fall des OLG Karlsruhe v. 03.03.1978, (3 Ss (B) 333/77, DStR 1978, 343).
Tz. 5
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Im Unterschied zur Steuerhinterziehung kommt eine Geldbuße wegen Versuches einer leichtfertigen Steuerverkürzung nicht in Betracht, weil es dazu einer – in § 378 AO nicht enthaltenen – ausdrücklichen Gesetzesbestimmung bedürfte (s. § 13 Abs. 2 OWiG). Mithin muss die Verkürzung der Steuer eingetreten oder der nicht gerechtfertigte Steuervorteil erlangt sein (s. § 370 AO Rz. 22 bis 50).
Tz. 6
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Während eine Steuerhinterziehung durch aktives Tun von jedermann als Täter oder Teilnehmer begangen werden kann, nennt die leichtfertige Steuerverkürzung als Täter nur den Steuerpflichtigen und Personen, die bei Wahrnehmung der Angelegenheiten eines Steuerpflichtigen den Taterfolg bewirken. Dies folgt aus der leichtfertigen Begehungsform des Deliktes, die in Gestalt der vorausgesetzten Vernachlässigung eines bestimmten Pflichtenkreises einen personalen Bezugspunkt benötigt. Unbeschadet dieser Eingrenzung liegt der leichtfertigen Steuerverkürzung ein einheitlicher Täterbegriff zugrunde, der zum Zwecke der leichteren Rechtsanwendung nicht zwischen dem eigentlichen Täter und den verschiedenen Formen der Teilnahme unterscheidet. Tragen zu einer leichtfertigen Steuerverkürzung mehrere Personen bei, so handelt bzw. verhält sich jeder Beteiligte im Sinne des Gesetzes ordnungswidr...