Tz. 1

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Das Verfahren bei der Verfolgung und Ahndung von Steuerordnungswidrigkeiten ist im Zweiten Teil (s. §§ 35 bis 110) des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG; s. § 377 AO Rz. 6 ff.) geregelt. Soweit dort nichts anderes bestimmt ist, gelten für das Bußgeldverfahren sinngemäß die Strafprozessordnung, das Gerichtsverfassungsgesetz und das Jugendgerichtsgesetz (s. § 46 OWiG). Die zuständige Verwaltungsbehörde (s. § 409 AO) hat bei der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten im Wesentlichen dieselben Befugnisse, wie sie der Staatsanwaltschaft bei der Verfolgung von Steuerstraftaten zustehen. Die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Verwaltungsbehörde (s. § 47 OWiG, Opportunitätsprinzip), während bei Straftaten grundsätzlich das Legalitätsprinzip gilt (s. § 152 Abs. 2 StPO).

 

Tz. 2

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Über ihre Ermittlungsbefugnisse hinaus räumt das OWiG der zuständigen Verwaltungsbehörde das Recht ein, nach Abschluss ihrer Ermittlungen eine Entscheidung über die Ahndung der Sache durch Bußgeldbescheid zu treffen. Neben einer Geldbuße kann sie gegebenenfalls auch Nebenfolgen, insbes. die Einziehung anzuordnen (s. §§ 65, 66 OWiG) oder durch selbstständigen Bescheid auf Einziehung (s. §§ 22ff. OWiG) erkennen (s. § 87 Abs. 3 OWiG). Der Inhalt des Bußgeldbescheides ergibt sich aus § 66 OWiG (OLG Schleswig v. 10.09.1969, 1 Ss OWi 296/69, NJW 1970, 158; OLG Hamm v. 23.12.1969, 2 Ws OWi 292/69, NJW 1970, 579). Die Beweiswürdigung und die maßgebenden Gründe müssen erkennbar sein, die geschuldeten Abgabenbeträge sind festzustellen (OLG Köln v. 01.09.1970, Ss 104/70, BB 1970, 1335). Die Kostentragungspflicht ergibt sich aus § 105 OWiG i. V. m. den Vorschriften der StPO.

 

Tz. 3

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Gegen den Bescheid der Verwaltungsbehörde kann der Betroffene innerhalb einer Frist von zwei Wochen auch fernmündlich (BGH v. 20.12.1979, 1 StR 164/79, MDR 19980, 332) Einspruch einlegen (s. §§ 67, 68 OWiG). Über den Einspruch entscheidet das Amtsgericht, wenn es eine öffentliche Hauptverhandlung nicht für geboten hält, durch Beschluss, sonst durch Urteil (s. §§ 71ff. OWiG, § 260 StPO). Es gilt der Amtsermittlungsgrundsatz, daher besteht keine Mitwirkungspflicht des Betroffenen, etwa im Sinne einer Darlegungs- und Beweislast (OLG Koblenz v. 10.06.1987, 1 Ss 239/87, MDR 1988, 168). Das Gericht kann selbst keinen Bußgeldbescheid erlassen, auch wenn die Staatsanwaltschaft dies beantragt (OLG Hamm v. 07.04.1970, 3 Ws OWi 88/70, NJW 1970, 1805).

 

Tz. 4

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Ergänzend zu den Regelungen des Zweiten Teils des OWiG (s. §§ 35 bis 110) sieht § 410 Abs. 1 AO die entsprechende Anwendbarkeit einer Vielzahl von VorschriftenderAO zum Steuerstrafverfahren vor. Die tragenden Zweckmäßigkeitsgründe sind dieselben.

 

Tz. 5

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Für die örtliche Zuständigkeit der Behörde gelten in erster Linie die Vorschriften der §§ 388 bis 390 AO (§ 410 Abs. 1Nr. 1 AO). Die allgemeinen Regelungen der §§ 37 bis 39 OWiG kommen nur subsidiär zum Zug (BGH v. 05.08.1983, 2 ARs 157/83, wistra 1983, 260).

 

Tz. 6

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Die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts ist in § 391 AO geregelt. Die dort enthaltene Konzentrationsregelung gilt auch für das gerichtliche Verfahren in Bußgeldsachen (§ 410 Abs. 1 Nr. 2 AO).

 

Tz. 7

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Auch in Bußgeldsachen können die in § 392 AO genannten Personen als Verteidiger auftreten (§ 410 Abs. 1 Nr. 3 AO).

 

Tz. 8

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Die in § 393 AO enthaltenen Grundsätze über die Abgrenzung der Rechte und Pflichten des Steuerpflichtigen und der Befugnisse der Finanzbehörde im Besteuerungsverfahren einerseitsund im Steuerstrafverfahren andererseits, sowie über die Sicherung des Steuergeheimnisses im Verfahren der Staatsanwaltschaft und des Gerichts, gelten für das Bußgeldverfahren entsprechend (§ 410 Abs. 1 Nr. 4 AO).

 

Tz. 9

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Entsprechend § 396 AO kann die Behörde, die Staatsanwaltschaft oder das Gericht auch in Bußgeldsachen wegen Steuerordnungswidrigkeiten das Verfahren aussetzen, bis das Besteuerungsverfahren rechtskräftig abgeschlossen ist (§ 410 Abs. 1 Nr. 5 AO).

 

Tz. 10

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Zur Einleitung des Strafverfahrens finden sich in § 397 AO wichtige Grundsätze und Verfahrensvorschriften, die auch für das materielle Recht (s. §§ 371, 378 Abs. 3 AO) von Bedeutung sind. Sie gelten entsprechend für die Einleitung des Bußgeldverfahrens bzw. des Straf- oder Bußgeldverfahrens, denn häufig erweist sich erst später, ob das zu untersuchende Verhalten eine Straftat oder eine Ordnungswidrigkeit darstellt. Das gilt insbes. für die Verkürzungsdelikte der §§ 370, 378 AO, die sich im Wesentlichen nur hinsichtlich der inneren Tatseite unterscheiden (§ 410 Abs. 1 Nr. 6 AO).

 

Tz. 11

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die nach § 387 Abs. 2 AO für den Bereich mehrerer Finanzbehörden gebildeten gemeinsamen Strafsachenstellen ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Kühn, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?