Karl Blesinger, Dr. Andreas Viertelhausen
Schrifttum
Wiemhoff, Zweckbetriebe als Konkurrenten steuerpflichtiger Anbieter, StW 1999, 18;
Dehesselles, Legal definierter Zweckbetrieb oder steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb? – zum Verhältnis von § 68 zu § 65 AO, DStR 2003, 537;
Schauhoff/Kirchhain, Gemeinnützigkeit im Umbruch durch Rechtsprechung, DStR 2008, 1713;
Eversberg/Baldauf, Der gemeinnützige Betrieb wirtschaftlicher Art als steuerbegünstigter wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (Zweckbetrieb) einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, DStZ 2011, 597;
Hüttemann/Schauhoff, Der BFH als Wettbewerbshüter, DB 2011, 319;
Dehesselles, Das Ende des Zweckbetriebs? DStR 2012, 2309.
Tz. 1
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Vorschrift normiert die Voraussetzungen, unter denen ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (§ 14 AO) der Gewährung von Steuervergünstigungen wegen Verfolgung steuerbegünstigter Zwecke nicht entgegensteht. Liegt ein Zweckbetrieb vor, so wird die Steuervergünstigung auch für die Werte (Vermögen, Einkünfte, Umsätze), die zu diesem Betrieb gehören, gewährt. Die Voraussetzungen, unter denen ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb als Zweckbetrieb anzusehen ist, sind in § 65 Nr. 1 bis 3 AO aufgeführt, die kumulativ erfüllt werden müssen (BFH v. 02.03.1990, III R 89/87, BStBl II 1990, 1012).
Tz. 2
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb muss in seiner Gesamtrichtung dazu dienen, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen (§ 65 Nr. 1 AO), die auf andere Weise nicht erreicht werden können (§ 65 Nr. 2 AO). Der satzungsmäßige begünstigte Zweck und der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb müssen also eine Einheit bilden (BFH v. 12.06.2008, V R 33/05, BStBl II 2009, 221). Der Zweck muss sich mit der Unterhaltung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs decken und in ihm unmittelbar seine Erfüllung finden (BFH v. 11.04.1990, I R 122/87, BStBl II 1990, 724); es muss sich um einen unentbehrlichen Hilfsbetrieb handeln (BFH v. 30.11.2016, V R 53/15, BStBl II 2017, 1224). Dies erfordert darüber hinaus, dass auch die Geschäftsführung des Betriebes ausschließlich auf den steuerbegünstigten Zweck ausgerichtet sein muss (BFH v. 02.03.1990, III R 89/87, BStBl II 1990, 1012 zur Vermietung von Tennisplätzen eines Tennisvereins zu gleichen Konditionen an Mitglieder und Nichtmitglieder des Vereins; BFH v. 18.01.1995, V R 139–142/92, BStBl II 1995, 446 zur Beherbergung allein reisender Erwachsener in Jugendherbergen; BFH v. 19.05.2005, V R 32/03, BStBl II 2005, 900: kurzfristige Überlassung von Wohnraum durch Studentenwerk an Nichtstudierende; BFH v. 30.03.2000, V R 30/99, BStBl II 2000, 705 zur entgeltlichen Überlassung von Schlittschuhen an Nutzer einer Eissporthalle; BFH v. 19.12.2007, I R 15/07, BStBl II 2009, 262: fördern Traberrennen die Traberzucht?). Für die Annahme eines Zweckbetriebs genügt es nicht, dass die erzielten Einnahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs zur Erfüllung eines begünstigten Zwecks eingesetzt werden (BFH v. 13.03.1991, I R 8/88, BStBl II 1992, 101 zur Bandenwerbung in einer Sportstätte; BFH v. 06.04.2005, I R 85/04, BStBl II 2005, 545 zur Überlassung von medizinischem Großgerät durch ein Krankenhaus; BFH v. 30.11.2016, V R 53/15, BStBl II 2017, 1224, Kostümfest eines Karnevalvereins; s. auch AEAO zu § 65, Nr. 2). Die Überlassung von Arbeitskräften gegen Bezahlung an andere begünstigte Körperschaften, dient unabhängig von § 58 Nr. 3 AO nicht der Verwirklichung satzungsgemäßer Zwecke und ist daher kein Zweckbetrieb (BFH v. 17.02.2010, I R 2/08, BStBl II 2010, 1006).
Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Neben der Erfüllung der Voraussetzungen der § 65 Nr. 1 und 2 AO ist zusätzlich erforderlich, dass der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Verfolgung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist (§ 65 Nr. 3 AO). Ein Wettbewerb in diesem Sinn liegt vor, wenn im Einzugsbereich der begünstigten Körperschaft ein nichtsteuerbegünstigter Unternehmer die gleiche Leistung anbietet oder anbieten könnte (BFH v. 30.03.2000, V R 30/99, BStBl II 2000, 705; a. A. BFH v. 27.10.1993, I R 60/91, BStBl II 1994, 573; s. AEAO zu § 65 Nr. 4: es genügt ein potentieller Wettbewerb, ohne dass es auf die tatsächlichen Verhältnisse vor Ort ankommt). Es wäre nicht vertretbar, Betriebe steuerlich zu begünstigen, die mit anderen steuerpflichtigen Unternehmen ernsthaft konkurrieren oder konkurrieren können (BFH v. 27.10.1993, I R 60/91, BStBl II 1994, 573; BFH v. 15.12.1993, X R 115/91, BStBl II 1994, 314). Entscheidend ist, ob die steuerbegünstigten Zwecke ohne die wirtschaftliche Betätigung nicht erreichbar wären und deshalb potentielle Konkurrenten, die der Besteuerung unterliegen, die Befreiung dieser Aktivitäten der gemeinnützigen Körperschaft aus übergeordneten Gesichtspunkten hinzunehmen haben (BFH v. 13.08.1986, II R 246/81, BStBl II 1986, 831). Es kann daher nur ein ...