Dr. Andreas Viertelhausen
Tz. 1
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 72a AO übernimmt im Grundsatz die bislang in § 5 der Steuerdaten-Übermittlungs-VO (StDÜV) enthaltenden Haftungsvorschriften der Hersteller und Verwender von Programmen für die Verarbeitung von für das Besteuerungsverfahren erforderlichen Daten und begründet zugleich eine Haftung des Datenübermittlers im Auftrag (§ 87d AO) bei fehlerhafter Datenübermittlung. Die Übernahme dieser Haftungsregelungen in die AO trägt Bedenken gegen derartige Regelungen in einer Rechtsverordnung Rechnung, da bei der Haftung der Grundrechtsbereich der Betroffenen in wesentlicher Weise betroffen ist. Bei Überführung der bisher in der StDÜV enthaltenen Haftungsregelungen waren auch die zugrunde liegenden Rahmenbedingungen und Pflichten in der AO selbst zu regeln (§§ 87b bis 87e AO).
Tz. 2
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 72a Abs. 1 AO übernimmt ohne inhaltliche Änderung die bisher in § 5 Abs. 1 StDÜV enthaltene Haftungsregelung. Angesprochen sind Programme, die dazu bestimmt sind, für die Besteuerung erforderliche Daten zu erheben, zu verarbeiten oder zu nutzen (§ 87c Abs. 1 AO). Die den Herstellern auferlegten Pflichten ergeben sich aus § 87c Abs. 1 bis 5 AO. § 72a Abs. 1 Satz 2 AO unterstellt, dass eine Pflichtverletzung schuldhaft ist, und lässt eine Entlastung des Herstellers zu, wenn er nachweist, dass er nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt hat (Beweislastumkehr).
Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 72a Abs. 2 AO übernimmt in Satz 1 Nr. 1 ohne inhaltliche Änderung die bisher in § 5 Absatz 2 Satz 1 StDÜV enthaltene Haftungsregelung. Die Haftung trifft damit nicht nur die Hersteller nach Abs. 1, sondern auch Auftragnehmer nach § 87d AO, die Programme nach § 87c einsetzen. Die Haftung greift ein, wenn aufgrund unrichtiger oder unvollständiger Datenübermittlung Steuern verkürzt oder zu Unrecht steuerliche Vorteile erlangt werden,
Tz. 4
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
In § 72a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO wird für den Fall einer Datenübermittlung im Auftrag (§ 87c AO) eine Haftung des Auftragnehmers begründet, wenn er seine Pflichten nach § 87d Abs. 2 AO verletzt hat und aufgrund der von ihm übermittelten Daten Steuern verkürzt oder zu Unrecht steuerliche Vorteile erlangt werden.
Tz. 5
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 72a Abs. 2 Satz 2 AO bestimmt, dass die Haftung entfällt, soweit der Auftragnehmer nachweist, dass die unrichtige oder unvollständige Übermittlung der Daten nicht auf grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz beruht. Das Gleiche gilt, soweit der Auftragnehmer nachweist, dass die Verletzung der Pflichten nach § 87d Absatz 2 AO nicht auf grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz beruht.
Tz. 6
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Nach § 72a Abs. 3 AO gelten die Haftungsregelungen der Absätze 1 und 2 nicht für zusammenfassende Meldungen i. S. des § 18a Abs. 1 UStG.
Tz. 7
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Regelung des § 72a Abs. 4 AO ergänzt § 93c AO und enthält einen allgemeinen Haftungstatbestand für die Fälle unrichtiger oder unvollständiger Datenübermittlung und die pflichtwidrige Unterlassung der Übermittlung von Daten. § 72a Abs. 4 AO gilt nicht, soweit einzelgesetzliche Regelungen dies anordnen (vgl. § 93a Abs. 1 AO, § 10 Abs. 2a Satz 7 und Abs. 4b Satz 6, § 10a Abs. 5 Satz 4, § 22a Abs. 1 Satz 2, § 43 Abs. 1 Satz 7 und Abs. 2 Satz 8, § 45d Abs. 1 Satz 3 und Abs. 3 Satz 5 EStG sowie § 50 Abs. 1a und § 65 Abs. 3a EStDV). Die Haftung greift nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit. Anders als in den Absätzen 1 und 2 findet keine Beweislastumkehr statt, es gelten also die allgemeinen Grundsätze der Nachweispflicht durch die Behörde.
Tz. 8
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Den Haftungsbescheid nach § 72a Abs. 4 AO erlässt die nach den Steuergesetzen für die Entgegennahme der Daten zuständige Finanzbehörde (§ 93c Abs. 5 AO). In den Fällen der § 72a Abs. 1 und 2 AO erlässt den Haftungsbescheid die für die Besteuerung des Stpfl. zuständige Behörde. Im Übrigen gelten die Ausführungen zu den §§ 191, 219 AO.