Karl Blesinger, Dr. Andreas Viertelhausen
Tz. 1
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Vorschrift, die sich mit der Befangenheit von Amtsträgern befasst, sieht kein selbstständiges Recht der Verfahrensbeteiligten auf Ablehnung eines Amtsträgers wegen Befangenheit vor, das ggf. im Rechtsbehelfsverfahren durchgesetzt werden könnte. Zweifel hat der BFH allerdings hinsichtlich der Bestimmung eines Außenprüfers (BFH v. 29.04.2002, IV B 2/02, BStBl II 2002, 507). Auch dem Leiter der Finanzbehörde kann nicht durch einstweilige Anordnung aufgegeben werden, einen Amtsträger von der Mitwirkung in einem Steuerverfahren wegen Besorgnis der Befangenheit auszuschließen (BFH v. 07.05.1981, IV B 60/80, BStBl II 1981, 634).
Tz. 2
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Zum Begriff des Amtsträgers s. § 7 AO.
Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Als Gründe, die Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Amtsträgers rechtfertigen, kommen z. B. in Betracht: Freundschaft oder Feindschaft mit einem Beteiligten; unsachliche Bemerkungen eines Amtsträgers gegenüber einem Beteiligten oder Dritten in Bezug auf ein Verwaltungsverfahren; Annahme von Geschenken; die begründete Annahme, es könnten durch einen bestimmten Amtsträger Informationen an Strafverfolgungsbehörden weitergegeben werden, ohne dass eine Befugnis dazu besteht (BFH v. 29.04.2002, IV B 2/02, BStBl II 2002, 507; s. § 51 FGO Rz. 7).
Tz. 4
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Es gibt keinen Rechtssatz, der es verbietet, dass ein Amtsträger, der an einem Verwaltungsakt mitgewirkt hat, nicht auch an einem in derselben Sache später ergehenden weiteren Verwaltungsakt mitwirken dürfte (BFH v. 13.07.1967, VI R 15/67, BStBl III 1967, 590; s. § 51 Abs. 2 FGO). Insbes. darf der Amtsträger, der einen Verwaltungsakt erlassen hat, auch über den hiergegen eingelegten Einspruch entscheiden.
Tz. 5
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Liegt ein Befangenheitsgrund vor, der dem Amtsträger bekannt ist, oder behauptet ein Beteiligter das Vorliegen eines solchen Grundes, so muss der Amtsträger den Behördenleiter oder den von ihm Beauftragten hiervon unterrichten. Insoweit besteht kein Entscheidungsspielraum. Die Unterrichtung des Behördenleiters bzw. seines Beauftragten hat nach dem Gesetzesbefehl also auch dann zu erfolgen, wenn der Amtsträger die Behauptung des Beteiligten für unbegründet hält. Der Behördenleiter (bzw. sein Beauftragter) hat sodann nach pflichtgemäßem Ermessen (s. § 5 AO) unter Abwägung aller Umstände zu entscheiden, ob er den Amtsträger anweisen soll, sich i. S. von § 83 Absatz 1 Satz 1 AO der Mitwirkung im Verwaltungsverfahren zu enthalten.
Tz. 6
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Ein entsprechendes Verfahren gilt für den Fall, dass die Besorgnis der Befangenheit des Behördenleiters selbst infrage steht. Hier hat er die Entscheidung der Aufsichtsbehörde herbeizuführen, sofern er nicht selbst seine Unparteilichkeit für fragwürdig hält und die entsprechenden Folgerungen daraus zieht.
Tz. 7
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Im Unterschied zu den Ausschließungsgründen des § 82 AO, die kraft Gesetzes die Tätigkeit eines Amtsträgers im einschlägigen Verwaltungsverfahren verbieten, stellt § 83 AO die Ausschließung des Amtsträgers in das Ermessen des Behördenleiters bzw. der Aufsichtsbehörde. Dabei handelt es sich um eine behördeninterne Entscheidung, die selbstständignicht anfechtbar ist (BFH v. 29.05.2012, IV B 70/11, BFH/NV 2012, 1412). Glaubt ein Beteiligter, dass sich ein Amtsträger der Mitwirkung in einem Verwaltungsverfahren hätte enthalten müssen, muss er den Verwaltungsakt anfechten, an dem der Amtsträger mitgewirkt hat. Ob dieser Rechtsbehelf Erfolg hat, hängt – sofern in der Sache selbst kein materieller Fehler vorliegt – zunächst davon ab, ob die Ermessensentscheidung über die weitere Mitwirkung frei von Ermessensfehlern ist und sodann, ob in dem angefochtenen Verwaltungsakt auch eine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können (s. § 127 AO). Selbst wenn dies der Fall ist, kann die Behörde im Einspruchsverfahren den Verfahrensfehler beseitigen und den Verwaltungsakt bestätigen. Unabhängig hiervon kann die Behörde den Verwaltungsakt nach Maßgabe der einschlägigen Korrekturnormen aufheben oder ändern.
Tz. 8
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Bezieht sich das Misstrauen gegen die Unparteilichkeit auf ein Mitglied eines Ausschusses, so ist gem. Absatz 2 entsprechend § 82 Abs. 3 AO zu verfahren. S. hierzu im Übrigen § 82 AO Rz. 16.