Gesetzliche Ausschlussgründe und Fallgruppen der Befangenheit


Gesetzliche Ablehnungsgründe und Fallgruppen der Befangenheit

Unterschieden wird zwischen gesetzlichen Ablehnungsgründen, die das Gericht von Amts wegen zu berücksichtigen hat und der sogenannten Besorgnis der Befangenheit, die durch Antrag und entsprechenden Tatsachenvortrag von der betroffenen Partei bzw. dessen Anwalt glaubhaft gemacht werden muss. 

Gesetzliche Ablehnungsgründe im Zivilprozess

Gemäß § 41 ZPO darf ein Richter einen Zivilprozess erst gar nicht führen und ist von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen

  • in Sachen, in denen er selbst Partei ist oder bei denen er zu einer Partei in dem Verhältnis eines Mitberechtigten, Mitverpflichteten oder Regresspflichtigen steht, 
  • in Sachen seines Ehegatten oder Lebenspartners, auch wenn die Ehe oder Beziehung nicht mehr besteht.      
  • Auch in Sachen einer Person, mit der er in gerader Linie verwandt oder verschwägert oder in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist oder war, besteht ein gesetzlicher Ausschlussgrund.
  • Gleiches gilt in Sachen, in denen er als Prozessbevollmächtigter oder Beistand einer Partei bestellt oder als gesetzlicher Vertreter einer Partei aufzutreten berechtigt ist oder gewesen ist.
  • Auch in Sachen, in denen er als Zeuge oder Sachverständiger vernommen wurde, gilt der Richter als befangen.
  • Ebenso in Sachen, in denen er in einem früheren Rechtszug oder im schiedsrichterlichen Verfahren bei dem Erlass der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, sofern es sich nicht um die Tätigkeit eines beauftragten oder ersuchten Richters handelt.

Befangen kann ein Richter zudem in Sachen wegen überlanger Gerichtsverfahren sein, wenn er in dem beanstandeten Verfahren in einem Rechtszug mitgewirkt hat, auf dessen Dauer der Entschädigungsanspruch gestützt wird. Und schließlich liegt eine gesetzliche Befangenheit in Sachen vor, in denen er an einem Mediationsverfahren oder einem anderen Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung mitgewirkt hat.

Gesetzliche Ablehnungsgründe in anderen Verfahrensordnungen

Die zivilprozessualen Ausschlussgründe gelten in anderen Verfahrensordnungen entsprechend, § 54 VwGO, § 60 SGG, § 51 FGO. Ein Ausschlussgrund besteht in diesen Verfahren auch dann, wenn der Richter in einem vorausgegangenen behördlichen Verfahren mitgewirkt hat.

Im Strafprozess ist der Richter gemäß § 22 StPO von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen, wenn

  • er selbst durch die Straftat verletzt ist,
  • wenn er Ehegatte, Lebenspartner, Vormund oder Betreuer des Beschuldigten oder des Verletzten ist oder gewesen ist,
  • wenn er mit dem Beschuldigten oder mit dem Verletzten in gerader Linie verwandt oder verschwägert, in der Seitenlinie bis zum 3. Grad verwandt oder bis zum 3. Grad verschwägert ist oder war,
  • wenn er in der Sache als Beamter der Staatsanwaltschaft, als Polizeibeamter als Anwalt des Verletzten oder als Verteidiger tätig war,
  • wenn er in der Sache als Zeuge oder Sachverständiger vernommen worden ist,
  • wenn er an einer durch ein Rechtsmittel angefochtenen Entscheidung oder bei einer durch einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat.

Besorgnis der Befangenheit: Fallgruppen

Nach dem Gesetz ist ein Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen, §§ 24 Abs. 2 StPO, 41 ff ZPO. Ein solcher Grund liegt vor, wenn ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln (BVerfG, Urteil v. 16.2.1995, 2 BvR 1852/94). Maßgeblich ist dabei die Sicht eines vernünftigen Dritten. Ob sich der Richter selbst für befangen hält oder fühlt, ist irrelevant.

In der Praxis haben sich verschiedene Fallgruppen mit einer ausufernden Kasuistik entwickelt:

  1. Verfahrensfehler und skeptische Äußerungen über das Prozessverhalten von Verfahrensbeteiligten, insbesondere Äußerungen über das Verfahren oder die Parteien betreffende weltanschauliche Einstellungen oder persönliche oder berufliche Interessen am Prozessausgang,
  2. ein besonderes Näheverhältnis des Richters zu Verfahrensbeteiligten,
  3. Die Mitwirkung des Richters an Vorentscheidungen oder sonstige Vorbefassungen mit der zu entscheidenden Sache.
Schlagworte zum Thema:  Befangenheit, Richter, Recht