Tz. 1
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 10 Abs. 1 und Abs. 2 FGO legt fest, dass der BFH ebenso wie die FG ein in Senate gegliedertes Kollegialgericht ist. Die Bildung der Senate – zurzeit sind es elf – erfolgt durch die Justizverwaltung (BMJV; so auch Brandis in Tipke/Kruse, § 10 FGO Rz. 2; Sunder-Plassmann in HHSp, § 10 FGO Rz. 27). Dies ist kein Akt der Geschäftsverteilung, der nach § 21e Abs. 1 GVG, der dem Präsidium obläge (s. § 4 FGO Rz. 3 ff.). Zur Bildung von besonderen Senaten für Zoll-, Verbrauchsteuer- und Finanzmonopolsachen gem. § 10 Abs. 2 Satz 2 FGO i. V. m. § 5 Abs. 2 Satz 2 FGO s. § 5 FGO Rz. 2.
Tz. 2
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Senate des BFH entscheiden grds. in der Besetzung mit fünf Richtern, soweit es sich nicht um Beschlüsse außerhalb der mündlichen Verhandlung handelt; diese werden in der Besetzung von drei Richtern gefasst (§ 10 Abs. 3 FGO; vgl. BFH v. 13.04.2016, III B 16/15, BFH/NV 2016, 1302). Als solche kommen insbes. Verbindungs- und Trennungsbeschlüsse (§ 73 FGO), Aussetzungsbeschlüsse (§§ 69 Abs. 3, 74 FGO) und Verwerfungsbeschlüsse (§ 126 Abs. 1 FGO) in Betracht, ferner Entscheidungen in Beschwerdesachen (§§ 115 Abs. 5, 128 ff. FGO), ebenso über Erinnerungen gegen den Kostenansatz nach § 66 Abs. 1 GKG (dazu s. Vor § 135 FGO Rz. 34; BFH v. 28.06.2005, X E 1/05, BStBl II 2005, 646; BFH v. 12.12.2008, IV E 1/08, juris) und Wertfestsetzungen gem. § 33 RVG (BFH v. 11.12.2012, X S 25/12, BFH/NV 2013, 741), Anhörungsrügen nach § 133a FGO (BFH v. 22.04.2009, VI S 4/09, juris) sowie Beschlüsse, mit denen über den Fortgang eines Entschädigungsklageverfahrens (§ 155 Satz 2 FGO i. V. m. §§ 198ff. GVG ohne vorherige Zahlung der Kosten entschieden wird (BFH v. 12.06.2013, X K 2/13, BFH/NV 2013, 1442); nicht jedoch Gerichtsbescheide (§§ 90a, 121 FGO), die der Urteilsfindung dienen und urteilsgleiche Wirkung erlangen können. Beiladungsbeschlüsse ergehen in der Vollbesetzung mit fünf Richtern, wenn die Beiladung auf der Grundlage der Revisionsverhandlung in der Sitzung erfolgt (BFH v. 22.11.2006, IX R 53/04, BFH/NV 2007, 1845). Beschlüsse über die Anrufung des Großen Senats (§ 11 Abs. 2 und Abs. 4 FGO) sind ebenfalls in der vollen Besetzung (fünf Richter) zu fassen (BFH v. 10.03.1969, GrS 4/68, BStBl II 1969, 435). Dies gilt auch bei Anrufung des Großen Senats in einer Beschlusssache (BFH v. 26.11.1979, GrS 2/79, BStBl II 1980, 156). Hat der Große Senat entschieden, ist über die Beschwerdesache selbst wieder grundsätzlich (Ausnahme: mündliche Verhandlung) in der Besetzung mit drei Richtern zu befinden (BFH v. 29.08.1969, III B 39/67, BStBl II 1969, 710). Stellt sich die Unzulässigkeit einer Revision während der Beratung über die zu fällende Entscheidung heraus, so können Beschlüsse, mit denen Revisionen gem. § 126 Abs. 1 FGO als unzulässig verworfen werden, in der Besetzung von fünf Richtern gefällt werden (BFH v. 24.01.1978, VII R 118/74, BStBl II 1978, 228; BFH v. 14.02.1978, VII R 91/77, BStBl II 1978, 312). Zwar entspricht das nicht dem Gesetzeswortlaut, doch würde es dem Vereinfachungszweck des § 10 Abs. 3 FGO widersprechen, müsste zum Zwecke der Verwerfung der Revision als unzulässig (§ 126 Abs. 1 FGO) mündliche Verhandlung erfolgen. In einheitlicher Besetzung muss auch über eine teils unzulässige teils unbegründete oder begründete Revision entschieden werden (z. B. Anfechtung eines finanzgerichtlichen Urteils, mit dem über mehrere Anfechtungsgegenstände entschieden wurde, Revisionen mehrerer Beteiligter). Stets in der Besetzung von fünf Richtern zu fällen ist auch die Entscheidung nach Art. 100 Abs. 1 GG über die Anrufung des BVerfG im Normenkontrollverfahren (auch s. § 5 FGO Rz. 5) und über ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH (s. Vor FGO Rz. 62 ff.).