Katharina Wagner, Dr. Klaus J. Wagner
Schrifttum
Brunk, Beschwerde gegen den Einstellungsbeschluss des Finanzgerichts, FR 1972, 390;
Gräber, Beschwerdeverfahren und Wiederaufnahmeverfahren nach der FGO (§§ 128–134 FGO), DStR 1972, 202;
Mittelbach, Einwendungen gegen Beschlüsse bei Klagerücknahme und Hauptsacheerledigung, INF 1980, 289;
Rüsken, Rechtsbehelfe gegen willkürliche Gerichtsentscheidungen – Mindeststandards der Überprüfbarkeit gerichtlicher Entscheidungen, DStZ 2000, 815;
Vollkommer, Das Ablehnungsverfahren der FGO nach dem Zweiten FGO-Änderungsgesetz – ein Modell für die anderen Verfahrensordnungen?, NJW 2001, 1827;
Lange, Der leise Wegfall der außerordentlichen Beschwerde zum BFH, DB 2002, 2396;
Seibel, Gegenvorstellung nunmehr kodifiziert – "Aus" für die außerordentliche Beschwerde, AO-StB 2003, 58;
Heuermann, Zurückverweisung im Revisionsverfahren über AdV – Aufgabenverteilung zwischen den Instanzen, StBp. 2009, 28;
Specker, AdV-Antrag bei ernsthaften Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit des Steuergesetzes, DStZ 2010, 800.
A. Allgemeines
Tz. 1
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Beschwerde ist ein Rechtsmittel, die – nach vorheriger Prüfung durch das FG, ob eine Abhilfe erfolgt (§ 130 FGO) – den Devolutiveffekt auslöst. Sie verfügt jedoch nur über einen eingeschränkten Suspensiveffekt, der sich auf die in § 131 FGO genannten Fälle beschränkt (s. § 131 FGO Rz. 1). Die in § 128 FGO geregelte Beschwerde ist abzugrenzen von der NZB, die sich gegen die Nichtzulassung der Revision richtet und in § 116 FGO gesondert geregelt ist; diese Regelungen gehen den allgemeinen Bestimmungen vor, die allenfalls ergänzend Anwendung finden. Keine Beschwerde i. S. des § 128 FGO ist die sog. Dienstaufsichtsbeschwerde, die nur ein formloser Rechtsbehelf gegen das Verhalten eines Bediensteten oder die Maßnahme einer Behörde ist. Eine außerordentliche Beschwerde gegen unanfechtbare Entscheidungen ist grundsätzlich nicht mehr statthaft (s. § 133a FGO Rz. 3). Einwendungen gegen Entscheidungen, gegen die kein Rechtsbehelf gegeben ist, können im Wege der sog. Anhörungsrüge nach § 133a FGO erhoben werden (s. Vor §§ 115 bis 134 FGO Rz. 11). Im Gegensatz zur Beschwerde ist die Anrufung des Gerichts gegen Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters (§ 133 FGO) und die Erinnerung gegen eine Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle kein Rechtsmittel. Zulässig ist – obwohl im Gesetz nicht geregelt – die sog. Anschlussbeschwerde an eine zuvor eingelegte Beschwerde in der selben Rechtssache (allg. Ansicht s. Seer in Tipke/Kruse, § 128 FGO Rz. 15 m. w. N.). Sie ist unbefristet möglich, aber vom Bestand der Hauptbeschwerde abhängig. Ist der weitere Beteiligte selbst beschwert, kann er auch eine eigene Beschwerde einlegen, die nicht akzessorisch ist.
B. Tatbestandliche Voraussetzungen
I. Statthaftigkeit der Beschwerde
Tz. 2
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Beschwerde an den BFH ist das gegen Entscheidungen der FG, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide (§ 90a FGO) sind, gegebene Rechtsmittel, über das durch Beschluss im schriftlichen Verfahren entschieden wird. Jedoch ist es dem BFH unverwehrt, seine Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung zu erlassen (§ 90 Abs. 1 Satz 2 FGO). Gegenstand der Beschwerde können auch Entscheidungen des Vorsitzenden, des Einzelrichters nach § 6 FGO, des konsentierten Einzelrichters (§ 79a Abs. 3, 4 FGO) oder des Berichterstatters (§ 65 Abs. 2 Satz 1 FGO), nicht aber Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten sein (s. BFH v. 16.07.1974, VII B 31/74, BStBl II 1974, 716); hierzu enthalten § 133 FGO und § 149 FGO Sonderreglungen (auch s. Rz. 1). Die Beschwerde ist nur statthaft gegen eine "Entscheidung" des Gerichts. Eine Untätigkeitsbeschwerde gegen das FG ist nicht vorgesehen (BFH v. 17.09.2007, I B 93/07, BFH/NV 2008, 387; BFH v. 28.07.2009, I B 64–66/09 u. a., BFH/NV 2010, 46), sodass das FG nicht über den BFH zu einer Entscheidung veranlasst werden kann. Gegen sog. Schein- oder Nichtbeschlüsse, also Schriftstücke, die nicht als Beschluss zu qualifizieren sind, ist eine Beschwerde mit dem Ziel zulässig, den Rechtsschein des "Beschlusses" zu beseitigen (BFH v. 11.11.2010, III B 191/09, BFH/NV 2011, 440). Unzulässig ist aber eine "Fortsetzungsfeststellungsbeschwerde" nach Erledigung des angefochtenen VA (BFH v. 17.07.2013, III B 30/13, BFH/NV 2013, 1625).
Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Unter welchen Voraussetzungen eine beschwerdefähige Entscheidung vorliegt, ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Allerdings enthält § 128 Abs. 2 FGO eine Aufzählung von Entscheidungen, gegen die eine Beschwerde nicht gegeben ist. Nicht selbstständig beschwerdefähig sind danach prozessleitende Verfügungen, die der Vorbereitung der mündlichen Verhandlung und ihrer Durchführung dienen (BFH v. 17.09.2007, I B 93/07, BFH/NV 2008, 387; BFH v. 28.07.2009, I B 64–66/09 u. a., BFH/NV 2010, 46). Es muss sich um Entscheidungen handeln, die einen gesetzmäßigen und zweckfördernden Verlauf des Verfahrens, eine erschöpfende und doch schleunige Verhandlung und eine Beendigung des Rechtsstreits auf kürz...