Schrifttum
Albers, Die Abberufung des ehrenamtlichen Verwaltungsrichters, MDR 1984, 888;
App, Abberufung ehrenamtlicher Finanzrichter wegen Eröffnung eines Konkursverfahrens über ihr Vermögen, DStZ 1987, 464.
Tz. 1
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
In § 21 FGO ist geregelt unter welchen Voraussetzungen berufene ehrenamtliche Richter von ihrem Amt entbunden werden können, während die §§ 17 bis 19 FGO bereits die Berufung betreffen. Die Entbindungsgründe des § 21 Abs. 1 Nr. 1 und 2 FGO ermöglichen die Korrektur von Berufungen, die entgegen den §§ 17 bis 19 FGO bzw. ohne Berücksichtigung eines Ablehnungsgrundes i. S. des § 20 Abs. 1 FGO erfolgt waren. § 21 Abs. 1 Nr. 3 FGO greift in den Fällen gröblicher Pflichtverletzung, die z. B. dann anzunehmen ist, wenn der ehrenamtliche Richter sich schroff und beharrlich weigert, sein Richteramt auszuüben (OVG Berlin v. 31.08.1978, II L 13.78, NJW 1979, 1175; OVG Berlin v. 14.11.1978, IV E 11.78, DRiZ 1979, 190). Da auch ehrenamtliche Richter – ebenso wie Beamte und Berufsrichter – zur Verfassungstreue verpflichtet sind, verletzen diese ihre Amtspflichten gröblich i. S. von § 21 Abs. 1 Nr. 3 FGO, wenn sie sich nicht eindeutig von Gruppen und Bestrebungen distanzieren, welche diesen Staat, seine verfassungsmäßigen Organe und die geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen oder diffamieren (BVerfG v. 06.05.2008, 2 BvR 337/08, BVerfGK 13, 531). Daher ist ein ehrenamtlicher Richter von seinem Amt zu entbinden, wenn er z. B. in seiner Freizeit in einer rechtsextremen Rockband mitspielt (vgl. BVerfG v. 06.05.2008, 2 BvR 337/08, BVerfGK 13, 531). Dies gilt auch für ehrenamtliche Richter, die als sog. "Reichsbürger" u. Ä. die Existenz der Bundesrepublik Deutschland als Staat, die Geltung des GG und des einfachen Rechts sowie die Legitimität der handelnden Gerichte und Behörden bestreiten (OLG Dresden v. 08.12.2014, 2 (S) AR 37/14, NStZ-RR 2015, 121; OLG Hamm v. 14.06.2017, 1 Ws 258/17, NStZ-RR 2017, 354). § 21 Abs. 1 Nr. 4 FGO dürfte entsprechend anwendbar sein, wenn sich erweist, dass der Berufene die zur Ausübung des Amtes als ehrenamtlicher Richter erforderlichen geistigen oder körperlichen Fähigkeiten von Anfang an nicht besessen hat. § 21 Abs. 1 Nr. 5 FGO ermöglicht die Amtsentbindung auf Antrag des ehrenamtlichen Richters, wenn die räumliche Nähe zum Gerichtsbezirk (§ 17 Satz 2 FGO) von Anfang an nicht bestand oder nachträglich entfällt (Brandis in Tipke/Kruse, § 21 FGO Rz. 2; a. A. Müller-Horn in Gosch, § 21 FGO Rz. 9; Schmid in HHSp, § 21 FGO Rz. 11). § 21 Abs. 2 FGO ermöglicht die Berücksichtigung besonderer Härtefälle i. S. des § 20 Abs. 2 FGO (s. § 20 FGO Rz. 3), wobei es nicht darauf ankommt, ob die maßgeblichen Verhältnisse schon im Zeitpunkt der Berufung vorgelegen haben oder erst nachträglich eingetreten sind.
Tz. 1a
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Nach § 21 Abs. 2 FGO kann ein ehrenamtlicher Richter in besonderen Härtefällen auf Antrag von der weiteren Ausübung des Amtes entbunden werden. Ein solcher Härtefall kann darin liegen, dass ein ehrenamtlicher Richter nach seiner Wahl in Vermögensverfall gerät (BFH v. 09.03.2015, II B 98/14, BFH/NV 2015, 998). Für diesen Fall trifft die FGO keine Regelung. Denn in § 18 Abs. 2 FGO ist lediglich bestimmt, dass Personen, die in Vermögensverfall geraten sind, nicht zu ehrenamtlichen Richtern berufen werden sollen (s. § 18 FGO Rz. 3a). Beantragt ein ehrenamtlicher Richter aufgrund eines nach seiner Wahl eingetretenen Vermögensverfalls seine Entbindung vom Amt, kann diesem Antrag unter Berücksichtigung des sich aus § 18 Abs. 2 FGO ergebenden Rechtsgedankens nach § 21 Abs. 2 FGO wegen Vorliegen eines besonderen Härtefalls stattzugeben sein (Schmid in HHSp, § 18 FGO Rz. 21). Bei der Ausübung der nach § 21 Abs. 2 FGO zu treffenden Ermessensentscheidung ist der Regelungsgehalt des als Sollvorschrift ausgestalteten § 18 Abs. 2 FGO zu beachten (BFH v. 09.03.2015, II B 98/14, BFH/NV 2015, 998). Im Regelfall dürfte nur eine dem Antrag stattgebende Entscheidung ermessensgerecht sein (Schmid in HHSp, § 21 FGO Rz. 13).
Tz. 2
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Über die vorzeitige Amtsenthebung entscheidet nach Maßgabe von § 21 Abs. 3 und Abs. 4 FGO der für die einschlägigen Fälle vom Präsidium im Voraus bestimmte Senat durch Beschluss (ohne mündliche Verhandlung und unter Mitwirkung nur der Berufsrichter, § 5 Abs. 3 Satz 2 FGO). Beantragt der ehrenamtliche Richter selbst seine Entbindung vom Amt, so wird dem Gebot, ihn anzuhören (§ 21 Abs. 3 Satz 2 FGO), dadurch genüge getan, dass der zuständige Senat die im Antragsschreiben vorgetragenen Gründe zur Kenntnis nimmt (BFH v. 17.01.1989, VII B 152/88, BFH/NV 1989, 529). Gegen den Beschluss findet Beschwerde statt (§ 128 FGO). Beschwerdebefugt ist im Ablehnungsfall der Antragsteller, also entweder der Präsident des FG oder der ehrenamtliche Richter. Ist dem Antrag des Präsidenten des FG stattgegeben worden, ist der "entbundene" ehrenamtliche Richter beschwerdebefugt.
Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: ...