Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung
Leitsatz (redaktionell)
Der haftende GmbH-Geschäftsführer ist auch bei Unanfechtbarkeit der einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichstehenden Lohnsteueranmeldung nicht gehindert, Einwendungen gegen die Richtigkeit der Anmeldung geltend zu machen, wenn er den Antrag auf Änderung der Festsetzung gemäß § 164 Abs. 2 AO wegen Konkurseröffnung nicht mehr stellen konnte und das Konkursverfahren über den Ablauf der Festsetzungsfrist hinaus andauert.
Tenor
Unter Änderung des Haftungsbescheids vom 07.07.1989 in der Fassung des Haftungsbescheids vom 18.10.1989 und des hierzu ergangenen Einspruchsbescheids vom 28.04.1993 wird die Haftung für Lohnsteuer Oktober 1988 (9.103 DM) aufgehoben und die Haftung für Säumniszuschläge auf 58 v.H. der im Haftungsbescheid aufgeführten Beträge herabgesetzt.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Ausrechnung der in der Haftung verbleibenden Säumniszuschläge wird dem Finanzamt übertragen.
Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger für Lohnsteuern und Säumniszuschläge, die die Firma … GmbH dem Finanzamt (FA) schuldet, haftet.
Der Kläger war seit Errichtung der zunächst als … Bauunternehmen GmbH firmierenden Gesellschaft ihr alleiniger Geschäftsführer. Am 08.02.1989 beantragte er, den Konkurs über das Vermögen der GmbH zu eröffnen. Das Konkursgericht bestellte mit Beschluß vom 09.02.1989 einen Sequester und verbot der GmbH, über Gegenstände ihres Vermögens zu verfügen (Bl. 8 Lohnsteuerakte – LStA). Das Konkursverfahren wurde am 28.07.1989 eröffnet und nach Durchführung eines Schlußtermins am 25.01.1993 aufgehoben.
Der Beklagte nahm den Kläger mit Bescheid vom 07.07.1989 für die Steuerrückstände der GmbH in Haftung. Mit dem streitbefangenen Bescheid vom 18.10.1989 (Bl. 7 Gerichtsakte – GA) beschränkte der Beklagte die Haftung auf die Lohnsteuer Juni bis Oktober 1988 nebst Säumniszuschlägen, die bis zum 09.02.1989 berechnet sind. Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Vorverfahren (Einspruchsbescheid vom 28.04.1993 – Bl. 12 GA) die Klage.
Der Kläger meint, er hafte nur für die Lohnsteuer, die als Lohnsteuer auf die ausbezahlten Nettolöhne abzuführen gewesen wäre. Die Haftungssumme verringere sich so um ca. 30.600 DM (Einzelheiten siehe Aufstellung Bl. 23–25 GA). Für Säumniszuschläge hafte er überhaupt nicht. Durch Pfändungen des FA und der AOK seien dem Kläger keine Mittel verblieben, um die Lohnsteuern abzuführen. Die GmbH habe ihre Kreditrahmen bei den Banken ausgeschöpft. Erstmalig im Klageverfahren trägt der Kläger ferner vor, die Löhne des Haftungszeitraums seien teilweise verspätet gezahlt worden, u.a. die für Oktober 1988 in drei Abschlägen im Januar 1989. Für den Fall, daß es darauf überhaupt ankomme, sei von einer Tilgungsquote von 58 v.H. auszugehen (Schriftsatz vom 16.01.1998 nebst Anlage – Bl. 76 GA).
Der Kläger beantragt,
unter Änderung des Haftungsbescheids vom 07.07.1989 in der Fassung des Bescheids vom 18.10.1989 sowie des dazu ergangenen Einspruchsbescheides vom 28.04.1993 die Lohnsteuerhaftungsschuld auf den Betrag herabzusetzen, der sich ergibt, wenn statt der angesetzten Bruttolohnsteuer nur die Nettolohnsteuer zugrundegelegt wird (unter Bezugnahme auf die Anlage Seite 3 zu dem Schriftsatz vom 31.08.1993), sowie auf die Nachforderung der Säumniszuschläge ganz zu verzichten.
Der Beklagte beantragt
Klagabweisung mit der Maßgabe, daß Einwendungen gegen eine Reduzierung der berechneten Säumniszuschläge entsprechend einer Tilgungsquote von 58 v.H. nicht erhoben werden.
Der Beklagte meint, im Rahmen eines längeren Haftungszeitraums komme allenfalls für die letzten Lohnsteuer-Anmeldungszeiträume eine Beschränkung der Haftungssumme auf die sich für die ausgezahlten Nettolöhne ergebende Lohnsteuer in Betracht (BFH-Urteil vom 26.07.1988 VII R 83/87, Bundessteuerblatt II 1988, 859). Die angemeldeten Lohn- und Lohn-Kirchensteuern für November und Dezember 1988 seien noch gezahlt worden. Ferner habe der Kläger mit dem FA im Dezember noch eine Ratenvereinbarung für die GmbH getroffen. Falls zu dem Zeitpunkt keine Mittel mehr vorhanden gewesen wären, hätte schon zu diesem Zeitpunkt ein Konkursantrag wegen Zahlungsunfähigkeit gestellt werden müssen. Falls die Haftung für Lohnsteuer durch das Gericht herabgesetzt werde, müsse berücksichtigt werden, daß im Rahmen der abgegebenen Voranmeldungen die Lohnsteuer für den Arbeitnehmer … nicht angemeldet worden sei, obwohl die GmbH für diesen jedoch einbehaltene Lohnsteuer in Höhe von 1.675,10 DM bescheinigt habe. Bezüglich der Säumniszuschläge sei allerdings zu berücksichtigen, daß ein Schaden nur insoweit entstanden sei, als das FA gegenüber anderen Gläubigern benachteiligt worden sei. Der von dem Kläger ermittelten Quote, mit der die GmbH im Haftungs-Zeitraum ihre Verbindlichkeiten getilgt habe, könne gefolgt werden. Die Säumniszuschläge seien daher auf 58 v.H. herabzusetzen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlich...