Entscheidungsstichwort (Thema)
Auskunftsersuchen der Steuerfahndung an Bauunternehmen im Hinblick auf mögliche Schwarzarbeit durch Subunternehmer
Leitsatz (redaktionell)
Ein den gesamten Geschäfts- und Zahlungsverkehr mit vier namentlich benannten, an einer bestimmten Baustelle tätigen Subunternehmern betreffendes, auf § 208 Abs. 1 S.1 Nr. 3 AO gestütztes Auskunftsersuchen der Steuerfahndung an einen Bauunternehmer ist rechtswidrig, wenn es ohne konkrete Anhaltspunkte nur auf die allgemeine Erfahrung gestützt ist, dass es in der Baubranche im Bereich des Einsatzes von Subunternehmern häufig zu steuerlichen Unregelmäßigkeiten komme.
Normenkette
AO § 93 Abs. 1 S. 3, § 208 Abs. 1 Sätze 3, 1 Nr. 3, § 385 Abs. 1
Tenor
I. Der Bescheid vom 2. September 2003 in Form der Einspruchsentscheidung vom 13. September 2004 wird aufgehoben.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss erstattungsfähigen Kosten abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage der Rechtmäßigkeit eines Auskunftersuchens.
Die Klägerin ist ein überregional tätiges Bauunternehmen, das sich im Rahmen der Erbringung seiner Bauaufträge auch dem Einsatz von Nachunternehmern bedient.
Die Steuerfahndungsstelle des Beklagten (des Finanzamts – FA –) wandte sich mit Schreiben vom 2. September 2003 an den Beklagten. Dieses Schreiben lautete auszugsweise:
„Bauvorhaben: Sanierung Kaufhaus T.
hier: Maßnahmen zur Überwachung des Bauablaufes zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung durch die Steuerfahndungsstelle (…)
Auskunftersuchen der Steuerfahndungsstelle (…) nach § 93 Abs. 1, 2; 208 Abs. 1 Nr. 3 AO
(…)
wie Ihnen sicher aus allgemein zugänglichen Quellen bekannt ist, leidet gerade die Baubranche stark unter den Folgen der illegalen Beschäftigung. Vor diesem Hintergrund und der Tatsache, dass das Ende dieser Entwicklung keineswegs absehbar ist, kommt der präventiven Überwachung von Bauprojekten durch die Finanzverwaltung besondere Bedeutung zu.
Die örtlich zuständige Steuerfahndungsstelle (…) beabsichtigt daher im Zusammenhang mit der Sanierung des Kaufhauses T. sog. Vorfeldermittlungen nach § 208 Abs. 1 Nr. 3 AO durchzuführen.
Die Auskünfte sind nicht für die Besteuerung der BAG, sondern ggf. ausschließlich für die Besteuerung anderer Personen erforderlich (§ 93 Abs. 2 S. 1 AO).
(…)
Ich darf Sie bitten, bzgl. folgender Subunternehmen die Ihnen vorliegenden Verträge, Meldungen über eingesetzte Subunternehmen und sämtliche dazu gehörenden Unterlagen (Gewerbeanmeldungen, Bescheinigungen Krankenkassen, Meldung von Arbeitnehmern usw.) sowie gelegte Rechnungen in Kopie zuzusenden. Weiterhin bitte ich um Mitteilung der von der B AG im Rahmen des Bauvorhabens an die jeweiligen Unternehmen gezahlten Beträge.
–
–
–
–
(…)”.
In dem hiergegen am 30. September 2003 eingelegten Einspruch fragte die Klägerin an, aus welchen Gründen die Sachverhaltsaufklärung bei den eigentlich Steuerpflichtigen nicht zum Ziel führe oder keinen Erfolg verspreche. Mit Einspruchsentscheidung vom 13. September 2004 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen; auf die Begründung der Einspruchsentscheidung wird Bezug genommen. Hiergegen hat die Klägerin Klage zum Sächsischen Finanzgericht erhoben.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass die angefochtene Auskunftsanordnung rechtswidrig ist. Es fehle hierfür schon an einer Rechtsgrundlage, da die Vorschrift des § 208 Abs. 1 Nr. 3 in Verbindung mit § 93 der Abgabenordnung (AO) nach der Auslegung der Steuergerichte sogenannte Vorfeldermittlungen nicht erlaube. Im Streitfall gäbe es keine Anhaltspunkte, dass gerade die benannten Subunternehmer ihren steuerlichen Pflichten nicht nachkämen. Die von dem FA ebenfalls herangezogene Begründung einer präventiven Überwachung von Bauprojekten könne auf die genannten Vorschriften nicht gestützt werden. Die Finanzbehörde müsse klar zwischen einem Tätigwerden als Fiskalbehörde und als Strafverfolgungsbehörde unterscheiden. Steuerstrafrechtliche Vorermittlungen eröffneten nicht die Voraussetzungen für ein Auskunftersuchen nach § 208 Abs. 1 Nr. 3 AO. Die Maßnahmen des FA kämen im übrigen einer unzulässigen Rasterfahndung nahe. Wegen der zeitlichen Verzögerung des Auskunftersuchens sei der genannte Zweck der Prävention hinsichtlich der Subunternehmer ohnehin nicht mehr gewährleistet. Zum Zeitpunkt des Auskunftersuchens sei das Bauvorhaben bereits abgeschlossen gewesen.
Das Auskunftersuchen sei weiterhin wegen Ermessensfehlern aufzuheben. So sei die Auskunft bereits nicht erforderlich, da nicht erkennbar sei, wie das FA das Vorliegen eines Subunternehmens definiere und – anders als bei Fällen der Sammelauskunftersuchen – die entsprechenden Unternehmen nicht namhaft gemacht werden müssten, sondern dem FA schon von An...