Dr. Christoph Regierer, René Udwari
Rz. 7
Die Stiftung i. S. d. § 80 BGB entsteht durch Rechtsgeschäft (Stiftungsgeschäft) und staatliche Anerkennung. Das Gesetz erfordert als konstituierende Merkmale der rechtsfähigen Stiftung und damit des Stiftungsgeschäfts lediglich Stiftungszweck, Stiftungsvermögen und Stiftungsorganisation (§ 80 Abs. 2 Satz 1 BGB). Ausreichendes Vermögen und einen gemeinwohlkonformen Zweck vorausgesetzt, ist eine Stiftung durch die Behörde gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 BGB als rechtsfähig anzuerkennen. Eine Legaldefinition, was eine Stiftung sei, enthält das BGB zwar nicht. Jedoch lässt sich aus den vorstehend geschilderten gesetzlichen Grundlagen und aus der rechtshistorischen Perspektive heraus ein allgemein gültiger Stiftungsbegriff ableiten (vgl. BVerwG NJW 1998, 2545 (2546); BayObLG NJW 1973, 249; BeckOGK/Jakob/Uhl, Rn. 3; BeckOK BGB/Backert, Rn. 3; v. Campenhausen/Stumpf in v. Campenhausen/Richter, § 1 Rn. 6; Staudinger/Hüttemann/Rawert, BGB, 2017, Vor §§ 80ff. Rn. 1): Danach ist eine Stiftung eine durch einen Stifter oder mehrere Stifter errichtete Organisation, die das ihr gewidmete Vermögen zur dauerhaften Erfüllung des durch den Stifter festgelegten Zwecks verwenden soll. Die Stiftung in diesem Sinne hat keine Mitglieder oder Gesellschafter und niemanden sonst, der unmittelbar ein eigenes Recht an ihrem Vermögensstamm geltend machen kann. Sie ist damit also weder Verband noch Körperschaft im zivilrechtlichen Sinne und insofern von den Gesellschaften und vom Verein abzugrenzen. Die Rechtsordnung verleiht ihr jedoch die Rechtsfähigkeit, sodass die Stiftung als selbstständiger Rechtsträger andererseits wiederum von unselbstständigen Sondervermögen (wie z. B. auch der Treuhandstiftung, s. Rn. 97) abzugrenzen ist.
2.1.1 Parameter der Stiftung: Zweck, Vermögen, Organisation
Rz. 8
Die §§ 80 Abs. 2 Satz 1 ("wenn das Stiftungsgeschäft den Anforderungen des § 81 Abs. 1 genügt") und 81 Abs. 1 BGB bestimmen, dass für das Stiftungsgeschäft Angaben zum Namen, zum Sitz, zum Zweck, zum Vermögen und zum Vorstand der Stiftung zwingend sind. Entscheidende Parameter, die das Wesen und die Ausrichtung der Stiftung bestimmen, sind jedoch lediglich die drei Kernelemente Zweck, Vermögen und Organisation – d. h. Bestellung und Verfahren des Vertretungs- und Leitungsorgans der Stiftung (vgl. Staudinger/Hüttemann/Rawert, BGB, Vor § 80 Rn. 4; Beck OGK/Jakob/Uhl, Rn. 105 ff.).
2.1.1.1 Stiftungszweck
Rz. 9
Der Stiftungszweck wird gem. § 81 Abs. 2 BGB durch den Stifter vorgegeben. Der Zweck muss dem Stiftungsorgan (Vorstand) eindeutige Vorgaben zur Verwendung der Stiftungserträge machen, deren Einhaltung für die Aufsichtsbehörde nachprüfbar sein muss. Weder dem Vorstand noch der Aufsichtsbehörde soll eine eigene Willensentscheidung über den Zweck der Stiftung möglich sein. Ohne eine in diesem Sinne eindeutige Vorgabe des Stiftungszwecks sind Stiftungsgeschäft und Satzung unwirksam (Schlüter/Stolte, Kap. 2 Rn. 47). Der Stiftungszweck ist grundsätzlich auf Dauer angelegt, d. h., er muss beständig und unveränderbar sein (BVerfG vom 11.10.1977, BVerfGE 46, 73, 85). Bei der Wahl des Stiftungszwecks ist folglich besondere Sorgfalt geboten und auch die Überlegung einzubeziehen, dass sich die tatsächlichen Umstände im Laufe der Zeit ändern können. Daher sieht der Gesetzgeber trotz des Bestimmtheitsgebots andererseits die Notwendigkeit, den Stiftungszweck nicht allzu eng zu formulieren, damit das Stiftungsorgan auch langfristig zweckgemäße Entscheidungen treffen kann (vgl. RegE BT-Drs. 14/8765, 10). Keinen Bedenken vor dem Hintergrund der Bestimmtheit des Stiftungszwecks unterliegt die Verfolgung mehrerer Stiftungszwecke durch eine Stiftung. Deren Rangverhältnis muss aber klar bestimmt sein (vgl. Burgard, ZSt 2003, 129, 131). "Vorratszwecke" (zu unterscheiden von der Vorratsstiftung, s. Rn. 94) sollen unzulässig sein (Staudinger/Hüttemann/Rawert, § 81 BGB, Rn. 48, einschränkend: beck-online.GROSSKOMMENTAR/K. W. Lange, 01.03.2022, BGB § 81 Rn. 105). Allerdings ist es dem Stifter möglich, in der Satzung eine spätere Änderung des Stiftungszwecks vorzusehen (RegE, BT-Drs. 14/8765, 10).
Rz. 10
Grundsätzlich sind sämtliche Stiftungszwecke in den Grenzen des § 80 Abs. 2 BGB zulässig (Prinzip der gemeinwohlkonformen Allzweckstiftung). Der Stifter hat bei der Festlegung des Stiftungszwecks eine weitreichende Gestaltungsfreiheit. Er kann z. B. Stiftungszwecke bestimmen, die in der Förderung bestimmter Einrichtungen, Projekte oder Personen bestehen. Dabei darf er auch hinsichtlich der Förderung bestimmter Personen oder Personengruppen nach Alter, Geschlecht, Herkunft, politischer Anschauung sowie Religion differenzieren. Die Stiftung kann seine Familie begünstigen (s. Rn 152 f.), entweder durch die Auskehr von Erträgen des Stiftungsvermögens oder durch Gewährung tatsächlicher Vorteile. Sie kann zudem wie eine KapG erwerbswirtschaftlich tätig sein und Gewinne erwirtschaften (zur Unternehmensstiftung s. Rn. 85).
Zulässig ist deshalb auch die unternehmensverbundene Stiftung, die als Unternehmensträgerstiftung selbst wirtschaftlich tätig ist oder als Hold...