Dr. Christoph Regierer, René Udwari
Rz. 52
Das Gesetz setzt ein "Stiftungsgeschäft" als Bestandteil der Stiftungserrichtung voraus. Das Stiftungsgeschäft kann der Stifter lebzeitig vornehmen (§ 81 BGB) oder v.T.w. (§ 83 BGB). In beiden Fällen sind die unter Tz. 2.1.1. genannten Regelungsbereiche sowie Name und Sitz der Stiftung zwingend durch den Stifter zu regeln (§§ 81 Abs. 1 Satz 3, 83 Satz 2 BGB).
2.2.1 Stiftungsfähigkeit
Rz. 53
Vorab ist zu überlegen, welche Personen überhaupt als Stifter in Betracht kommen. Stifter können sowohl natürliche als auch juristische Personen sein. Stiftungen können damit von KapG, Vereinen und anderen rechtsfähigen Stiftungen gegründet werden (Schlüter/Stolte, Kap. 2 Rn. 34). Stifterfähigkeit muss man deshalb auch der rechtsfähigen Personengesellschaft (§ 14 Abs. 2 BGB) zugestehen (vgl. Lange in Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, beck-online.GROSSKOMMENTAR, BGB, Stand: 01.03.22, § 81 Rn. 16). Das Erbrecht des BGB kann auf juristische Personen und Personenvereinigungen mangels Sterblichkeit (§ 1922 Abs. 1 BGB) keine Anwendung finden. Juristische Personen und Personenvereinigungen können daher nur lebzeitige Stiftungsgeschäfte vornehmen.
Rz. 54
Bei einer natürlichen Person ist die unbeschränkte Geschäftsfähigkeit Voraussetzung für die lebzeitige Errichtung einer Stiftung. Die Literatur nimmt an, dass ein Betreuter, der testierfähig ist, das Stiftungsgeschäft jedoch i. R. seiner letztwilligen Verfügung vornehmen kann.
Mehrere Personen können eine einzige Stiftung errichten (BGH vom 09.02.1978 – III ZR 59/76, NJW 1978, 943). Deshalb sind auch "Ehegatten-Stiftungen" möglich, und zwar auch solche, die bei Ableben des Erstversterbenden errichtet werden sollen. In dem letztgenannten Fall nimmt der erstversterbende Ehegatte ein Stiftungsgeschäft v.T.w., der Längerlebende hingegen ein lebzeitiges Stiftungsgeschäft vor (BGH a. a. O.)
2.2.2 Stiftungsgeschäft unter Lebenden
Rz. 55
Der Gesetzgeber versteht das (lebzeitige) Stiftungsgeschäft als verbindliche Erklärung des Stifters (§ 80 Abs. 1 Satz 2 BGB), ein Vermögen zur Erfüllung eines von ihm nach Maßgabe des § 80 Abs. 2 BGB benannten Zweckes hinzugeben (s. BT-Drs. 14/8765, 9).
Der notwendige Inhalt des Stiftungsgeschäfts besteht gem. § 81 Abs. 1 Satz 2 BGB aus der Erklärung des Stifters, ein Vermögen zu der Erfüllung eines von ihm vorgegebenen Zwecks zu widmen (vermögensrechtlicher Teil), sowie aus dem Erlass einer Satzung für die Stiftung (organisationsrechtlicher Teil). Die Literatur gliedert das Stiftungsgeschäft feiner in einen konstitutionellen Teil, der die Errichtung der juristischen Person betrifft, und einen vermögensrechtlichen Teil, der die Vermögenswidmung an diese juristische Person, beinhaltet (vgl. (MüKoBGB/Weitemeyer, § 81 Rn. 3; Staudinger/Hüttemann/Rawert, BGB, § 81 Rn. 18).
Rz. 56
Das Stiftungsgeschäft ist eine einseitige, nicht empfangsbedürftige Willenserklärung (Meyn/Richter/Koss/Gollan, Die Stiftung, 3. Aufl. 2013, Rn. 134). Es ist nicht bedingungsfeindlich (BGH vom 09.02.1978 – III ZR 59/76, NJW 1978, 943). Für die Auslegung und die Rechtsfolgen von Willensmängeln gelten die allgemeinen Regelungen des BGB. Nach § 81 Abs. 2 BGB ist das Stiftungsgeschäft jedoch bis zur Anerkennung frei widerruflich, sodass eine Anfechtung des Stiftungsgeschäfts erst danach zu überlegen ist. Stellvertretung ist beim lebzeitigen Stiftungsgeschäft nach den allgemeinen Regeln (§§ 164 ff. BGB) zulässig (BayObLG v. 27.11.1990 – BReg. 1 a Z 4/89, NJW-RR 1991, 523).
Auch unter Beteiligung mehrerer Stifter bleibt das Stiftungsgeschäft einseitige Willenserklärung jedes einzelnen Stifters und die Beteiligung mehrerer führt nach wohl h. M. nicht zu einem Vertrag (vgl. m. w. N. Staudinger/Hüttemann/Rawert, BGB, § 81, 2017, Rn. 5; MüKoBGB/Weitemeyer, § 81, Rn. 7)., auch wenn dem ältere Rechtsprechung (RG vom 03.10.1938, RGZ 158, 185) entgegensteht, ohne dass sich der BGH hierzu geäußert hätte. Möglich soll jedoch die vertragliche Verpflichtung einer oder mehrerer Personen zur Errichtung einer Stiftung sein (vgl. m. w. N. Backert in Hau/Poseck, BeckOK BGB, 61. Edition, Stand: 01.11.2021, § 81 Rn. 4). Diese Möglichkeit ist allerdings in der Literatur nicht unumstritten (vgl. Staudinger/Hüttemann/Rawert, BGB, § 81 Rn. 3) und höchstrichterlich bislang nicht geklärt.
Rz. 57
§ 81 Abs. 1 Satz 3 BGB legt lediglich die Mindestangaben für die Satzung fest: Name, Sitz, Zweck, Vermögen und Berufung des Vorstands. Der Stifter ist frei, über die gesetzlichen Satzungsanforderungen hinaus umfassendere Regelungen in der Satzung zu treffen.
Besondere Bedeutung kommt der Formulierung der Satzung dann zu, wenn die Stiftung als gemeinnützig anerkannt werden soll. In diesem Fall sind die Regelungen der gesetzlichen Mustersatzungen (Anlage 1 zu § 60 AO) zu beachten. Der Satzungsentwurf wird der FinVerw vor der Anerkennung zugeleitet. Diese beurteilt die Gemeinnützigkeit anhand der nach der Satzung verfolgten Zwecke. Zum Teil bestehen erhebliche Unterschiede in der Prüfungspraxis der jeweils zuständigen FÄ.
Rz. 58
§ 81 Abs. 1 Satz 1 BGB sieht für das Stiftungsgeschäft unter Leben...