Dr. Christoph Regierer, René Udwari
Rz. 55
Der Gesetzgeber versteht das (lebzeitige) Stiftungsgeschäft als verbindliche Erklärung des Stifters (§ 80 Abs. 1 Satz 2 BGB), ein Vermögen zur Erfüllung eines von ihm nach Maßgabe des § 80 Abs. 2 BGB benannten Zweckes hinzugeben (s. BT-Drs. 14/8765, 9).
Der notwendige Inhalt des Stiftungsgeschäfts besteht gem. § 81 Abs. 1 Satz 2 BGB aus der Erklärung des Stifters, ein Vermögen zu der Erfüllung eines von ihm vorgegebenen Zwecks zu widmen (vermögensrechtlicher Teil), sowie aus dem Erlass einer Satzung für die Stiftung (organisationsrechtlicher Teil). Die Literatur gliedert das Stiftungsgeschäft feiner in einen konstitutionellen Teil, der die Errichtung der juristischen Person betrifft, und einen vermögensrechtlichen Teil, der die Vermögenswidmung an diese juristische Person, beinhaltet (vgl. (MüKoBGB/Weitemeyer, § 81 Rn. 3; Staudinger/Hüttemann/Rawert, BGB, § 81 Rn. 18).
Rz. 56
Das Stiftungsgeschäft ist eine einseitige, nicht empfangsbedürftige Willenserklärung (Meyn/Richter/Koss/Gollan, Die Stiftung, 3. Aufl. 2013, Rn. 134). Es ist nicht bedingungsfeindlich (BGH vom 09.02.1978 – III ZR 59/76, NJW 1978, 943). Für die Auslegung und die Rechtsfolgen von Willensmängeln gelten die allgemeinen Regelungen des BGB. Nach § 81 Abs. 2 BGB ist das Stiftungsgeschäft jedoch bis zur Anerkennung frei widerruflich, sodass eine Anfechtung des Stiftungsgeschäfts erst danach zu überlegen ist. Stellvertretung ist beim lebzeitigen Stiftungsgeschäft nach den allgemeinen Regeln (§§ 164 ff. BGB) zulässig (BayObLG v. 27.11.1990 – BReg. 1 a Z 4/89, NJW-RR 1991, 523).
Auch unter Beteiligung mehrerer Stifter bleibt das Stiftungsgeschäft einseitige Willenserklärung jedes einzelnen Stifters und die Beteiligung mehrerer führt nach wohl h. M. nicht zu einem Vertrag (vgl. m. w. N. Staudinger/Hüttemann/Rawert, BGB, § 81, 2017, Rn. 5; MüKoBGB/Weitemeyer, § 81, Rn. 7)., auch wenn dem ältere Rechtsprechung (RG vom 03.10.1938, RGZ 158, 185) entgegensteht, ohne dass sich der BGH hierzu geäußert hätte. Möglich soll jedoch die vertragliche Verpflichtung einer oder mehrerer Personen zur Errichtung einer Stiftung sein (vgl. m. w. N. Backert in Hau/Poseck, BeckOK BGB, 61. Edition, Stand: 01.11.2021, § 81 Rn. 4). Diese Möglichkeit ist allerdings in der Literatur nicht unumstritten (vgl. Staudinger/Hüttemann/Rawert, BGB, § 81 Rn. 3) und höchstrichterlich bislang nicht geklärt.
Rz. 57
§ 81 Abs. 1 Satz 3 BGB legt lediglich die Mindestangaben für die Satzung fest: Name, Sitz, Zweck, Vermögen und Berufung des Vorstands. Der Stifter ist frei, über die gesetzlichen Satzungsanforderungen hinaus umfassendere Regelungen in der Satzung zu treffen.
Besondere Bedeutung kommt der Formulierung der Satzung dann zu, wenn die Stiftung als gemeinnützig anerkannt werden soll. In diesem Fall sind die Regelungen der gesetzlichen Mustersatzungen (Anlage 1 zu § 60 AO) zu beachten. Der Satzungsentwurf wird der FinVerw vor der Anerkennung zugeleitet. Diese beurteilt die Gemeinnützigkeit anhand der nach der Satzung verfolgten Zwecke. Zum Teil bestehen erhebliche Unterschiede in der Prüfungspraxis der jeweils zuständigen FÄ.
Rz. 58
§ 81 Abs. 1 Satz 1 BGB sieht für das Stiftungsgeschäft unter Lebenden die Schriftform des § 126 BGB vor. Unter den Voraussetzungen des § 126a BGB kann die Schriftform durch die elektronische Form ersetzt werden. Umstritten ist, ob höhere Anforderungen (notarielle Beurkundung) bestehen, wenn der Stiftung Grundstücke oder Geschäftsanteile an einer GmbH übertragen werden sollen. Überwiegend wird dies zu Recht verneint (vgl. OLG Schleswig vom 01.08.1995 – 9 W 50/95, DNotZ 1996, 770; FG Schleswig-Holstein vom 08.03.2012, DStRE 2012, 945; Hübner, MittBayNot 2015, 173 (174 ff.); Weitemeyer in MüKoBGB, § 81 Rn. 8; NZG 2020, 569 (574); Richter/Stumpf, StiftR, 2019, § 4 Rn. 14; Staudinger/Hüttemann/Rawert, BGB, § 81 Rn. 16 f. m. w. N.; Lange in BeckOGK BGB, Stand: 01.03.2022, § 81 Rn. 10). Die Frage muss aber dennoch als offen betrachtet und durch den Berater mit besonderer Sorgfalt abgewogen werden. Denn im Jahr 2019 hat sich ein Oberlandesgericht für eine analoge Anwendung des § 311b Abs. 1 BGB und damit für eine Beurkundungspflicht in solchen Fällen ausgesprochen (OLG Köln vom 05.08.2019 – 2 Wx 220/19, 2 Wx 227-229/19, ZEV 2019, 729). Eine höchstrichterliche Entscheidung ist noch nicht erfolgt. Allerdings könnte ggf. der Gesetzgeber Klarheit schaffen, denn die amtliche Begründung des RegE zur Reform des Stiftungszivilrechts (S. 46, zu § 81 Abs. 3) vertritt die Ansicht, dass dank des behördlichen Anerkennungsverfahrens des Stiftungsgeschäfts eine Beurkundung trotz § 311b Abs. 1 und 3 BGB nicht erforderlich ist.