Dr. Christoph Regierer, René Udwari
Rz. 126
Von besonderer Bedeutung und auch von einiger Schwierigkeit sind für die vorausschauende Steuerplanung im Zusammenhang mit Stiftungsmodellen die Steuerfolgen bei den Begünstigten der Stiftung. Soweit das Stiftungsvermögen, wie es definitiv bei der rechtsfähigen Stiftung i. S. d. BGB der Fall ist, auf die Stiftung übergeht, berührt die Stiftungserrichtung oder die spätere Existenz der Stiftung für sich genommen nicht die Vermögens- oder Einkommenssituation möglicher Begünstigter der Stiftung. Steuerfolgen treffen die Destinatäre im Regelfall im Zusammenhang mit Leistungen der Stiftung, die ihnen zufließen.
6.2.1 Abgrenzung von Einkommensteuer und Schenkungsteuer
Rz. 127
Für ihre Zuwendungen an die Destinatäre erhält die Stiftung von diesen keine Gegenleistung. Zuwendungen an Destinatäre können daher auch schenkungssteuerbar sein. Für die Abgrenzung zur Ertragssteuerpflicht ist entscheidend, ob die Stiftung die Zuwendung als freiwillige Zuwendung i. S. v. § 7 ErbStG leistet. Leistungen an Destinatäre erfolgen nicht freiwillig, soweit diese Leistungen in Erfüllung des Stiftungszwecks erfolgen (sozusagen "societatis causa"). Nicht freiwillig ist die Zuwendung der Stiftung auch dann, wenn sich die Verpflichtung zur Leistung nicht aus der Satzung, sondern aus einem Rechtsakt des Vorstands in Erfüllung des Stiftungszwecks ergibt (BFH vom 03.07.2019 – II R 6/16, BStBl II 2020, 61 Rn. 20, 22; LfSt Bayern Vfg. vom 05.03.2020, DStR 2020, 599). In diesen Fällen ist die Einkommensteuerbarkeit vorranging und sperrt eine Doppelbesteuerung mit Schenkungsteuer (BFH vom 21.07.2014 – II B 40/14 BFH/NV 2014, 1554). Dagegen ist die Zuwendung freigiebig, wenn die Leistungspflicht eindeutig nicht durch die Satzung gedeckt ist. In diesen Fällen ist streitig, ob eine Doppelbesteuerung mit Schenkung- und Einkommensteuer stattfinden kann (vgl. Fischer, FR 2017, 897).
6.2.2 Einkommensteuerarten
Rz. 128
Soweit einkommensteuerpflichtig, können Zuwendungen der Stiftung an die Destinatäre entweder Einkünfte aus Kapitalvermögen gem. § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG oder sonstige Einkünfte gem. § 22 Nr. 1 Satz 2 HS 2 Buchst. a EStG darstellen. Eine Abgrenzung ist wegen unterschiedlicher Steuerfolgen zwingend erforderlich. Kapitaleinkünfte unterliegen der Abgeltungsteuer (§§ 32d Abs. 1, 43a EStG), wobei der Gläubiger der Kapitalerträge (die Stiftung) zum Einbehalt von Einkommensteuer und Solidaritätszuschlag verpflichtet ist (§ 44 Abs. 1 EStG). Sonstige Einkünfte gem. § 22 Nr. 1 Satz 2 EStG (Auffangtatbestand) sind i. R.d. Teileinkünfteverfahrens nur zu 60 % steuerpflichtig (§ 3 Satz 1 Nr. 40 Buchst. i EStG), eine Besteuerung an der Quelle findet nicht statt. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG auf Zuwendungen der Stiftung an ihre Destinatäre grundsätzlich Anwendungen findet und die Stiftungszuwendungen tatbestandlich Gewinnausschüttungen einer Körperschaft an ihre Mitglieder "wirtschaftlich vergleichbar" sein können (vgl. BT Drs. 14/2683, 114). Mit dieser grundsätzlichen Entscheidung ist aber noch nicht für den Einzelfall zu bestimmen, welche Arten von Zuwendungen unter welchen Voraussetzungen mit Gewinnausschüttungen "wirtschaftlich vergleichbar" sind. Sicher ist eine wirtschaftliche Vergleichbarkeit und damit die Besteuerung als Kapitaleinkünfte, wenn die Destinatäre wie Anteilseigner einer Körperschaft "unmittelbar oder mittelbar Einfluss auf das Ausschüttungsverhalten der Stiftung nehmen können". Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn die Destinatäre, wenn auch nur teilweise, im Vorstand oder in dem über die Ausschüttung beschließenden Gremium vertreten sind und wenn sie einen Rechtsanspruch auf Stiftungsleistungen haben (BFH vom 03.11.2010 – I R 98/09, BStBl II 2011, 417, 418). Die wirtschaftliche Vergleichbarkeit mit Gewinnausschüttungen dürfte auch vorliegen, wenn nur eines der vorstehend genannten Merkmale festzustellen ist. Erfasst sind von § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG allerdings nur Zuwendungen aus den laufenden Erträgen (BFH vom 28.02.2018 – VIII 30/15, BFHE 261, 47 Rn. 12 in Ablehnung der gegenteiligen Ansicht der FinVerw.).
Rz. 129
Ebenfalls nicht erfasst sind nach dem Wortlaut des § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG Zuwendungen einer steuerbefreiten Stiftung. Zu beachten ist jedoch, dass auch eine gemeinnützige Stiftung mit ihrem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb steuerpflichtig ist. Teilweise wird in der Literatur daher erwogen, Stiftungsleistungen, die aus Erträgen des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs herrühren, nach § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG zu besteuern. Das ist aber zutreffend unter Verweis auf die Gesetzessystematik (§ 22 Nr. 1 Satz 2 HS 2 Buchst. a EStG) zu verneinen (vgl. Roth in Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, beck-online-GROSSKOMMENTAR, BGB, § 80 Rn. 331).
Rz. 130
Kapitaleinkünfte sind vorrangig zu prüfen, denn sonstige Einkünfte i. S. v. § 22 Nr. 1 Satz 2 EStG sind allen anderen Einkunftsarten gegenüber nachrangig. § 22 Nr. 1 Satz 2 EStG kann daher nur einschlägig sein, wenn die Destinatäre in keiner Weise einen feststellbaren Einfluss auf das Zuwendungsverhalten der Stiftung haben.
6.2.3 Steuerliches Einlagekonto
Rz. 131
Die Literatur...